Für die tagesschau steht nicht an erster Stelle, Fakten über Trump (oder andere Themen) zu berichten, sondern die Fakten so zurechtzubiegen, dass sie zum bereits festgelegten redaktionellen "Spin" des Themas passen.
Einer der Nachteile, sich ausschließlich in einer von Kritik und Reflexion befreiten Blase zu bewegen, ist der, dass man jeglichen Sinn für Selbstironie verliert. Die öffentlich-rechtlichen Nachrichtensender demonstrieren diesen Effekt seit der Verbreitung der sozialen Medien immer wieder äußerst gekonnt.
Die tagesschau stellte einen Ausschnitt aus Donald Trumps Fragestunde nach seiner Rede anlässlich des Weltwirtschaftsforums in Davos online, in der der amerikanische Präsident nicht zum ersten Mal die „hinterhältige, gemeine, bösartige und falsche Presse“ angreift. Gegen Ende des Clips ertönen als Reaktion vereinzelte Buh-Rufe im Saal.
Einigen Twitter-Nutzern fiel allerdings auf, dass der Ton in den Sekunden, in denen die Buh-Rufe zu hören sind, irgendwie merkwürdig anders ist. Kurz darauf schob die tagesschau nach: „Wir haben den Ton am Ende tatsächlich etwas lauter gemacht“ – und erkannte die entlarvende Komik dieser Situation anscheinend nicht: Während Trump sich über die „fake press“ beklagte, legte die Redaktion Hand an die Tonspur, um den Präsidenten in ein schlechtes Licht zu rücken.
Nur wer vollkommen von der Richtigkeit seines Tuns überzeugt ist, lässt sich zu so einer dümmlichen Manipulation hinreißen und gibt sie dann auch noch freimütig zu. Für die tagesschau steht nicht an erster Stelle, Fakten über Trump (oder andere Themen) zu berichten, sondern die Fakten so zurechtzubiegen, dass sie zum bereits festgelegten redaktionellen „Spin“ des Themas passen. Dieses Prinzip hat sich schon seit geraumer Zeit auf Großteile der öffentlich-rechtlichen Sender ausgebreitet und erst mit dem Internet ist es möglich geworden, den Vorhang vor dieser Maschinerie beseite zu ziehen und sie zu entblößen.
Die nächsthöhere Stufe der Selbstironie, die den Medien gänzlich zu entgehen scheint, ist die, dass sie bedingt durch ihren Macht- und Ansehensverlust nun immer häufiger zu schmutzigen Tricks greifen, um ihre neuen Widersacher anzugreifen – was die Kettenreaktion ihres eigenen Verfalls aber nur noch beschleunigt. Wenn sie mit einem US-Präsidenten konfrontiert werden, der sie oft und gerne als Lügner und Fälscher beschimpft, dann sind sie umso mehr davon überzeugt, alle Mittel anwenden zu dürfen, ja zu müssen, um das „Feuer“ zu erwidern. Die Medien merken dabei nicht, dass sie deshalb aus jedem neuen Gefecht mit Trump nochmals schlechter herausgehen, als sie hineingegangen sind, denn Exaktheit und Neutralität sind Markenzeichen, die Trump nie für sich beansprucht hat (und es als Politiker auch nicht muss), an denen sich die Medien jedoch selbst messen wollen und lassen müssen.
Dabei ist es immer wieder überraschend, wie tiefreichend diese selbst zugefügte Korruption der Medien ist. Im letzten Jahr reichte ich auf Grundlage dieses Beitrags eine Beschwerde beim Presserat ein, denn ein Spiegel-Artikel hatte meinem Verständnis nach auf Basis falscher Behauptungen dem Ansehen des US-amerikanischen YouTubers Dave Rubin geschadet, indem er ihm (und anderen) das negativ besetzte Etikett „Alt-Right“ aufgeklebt hatte. Der Presserat ist eine Organisation von vier deutschen Verleger- und Journalistenverbänden und hat u.a. den Pressekodex entworfen, der eine ethische Richtschnur für journalistisches Verhalten darstellen soll.
In dem Verfahren, das meine Beschwerde behandelte (und in einer Ablehnung derselben mündete), wurde als allererstes auf meine Autorentätigkeit beim Magazin „Tichys Einblick“ hingewiesen. Dies sei relevant, um die „Geisteshaltung“ der Beschwerde nachzuvollziehen. Wer vielleicht gedacht hat, es sei in erster Linie relevant, den Wahrheitsgehalt einer Beschwerde nachzuvollziehen, irrte also. Der „Kniff“ meiner Beschwerde bestünde darin, den nicht näher definierten Begriff der „Alt-Right“ so zu verengen, dass er auf den erwähnten Dave Rubin nicht mehr zutreffe. Anscheinend entsprach es also dagegen vollends den journalistischen Standards, mit einem nicht näher definierten Begriff um sich zu werfen, solange man damit eine diffamierende Wirkung erzielen kann. Ohne weiter in die Details zu gehen, zeigte sich hier dasselbe Schema, wie im Fall der tagesschau: Auf den Vorwurf, die Medien hätten unbegründet diffamiert, wird mit – unbegründeter Diffamierung reagiert.
Wenig überraschend wurden vom Presserat ebenso 21 Beschwerden gegen eine SPIEGEL-Titelseite mit Trump und dem abgetrennten Kopf der Freiheitsstatue abgelehnt. Begründung: „Die Redaktion setze sich in Form einer satirischen Karikatur in überspitzter Art und Weise mit dem US-Präsidenten und seinem Verständnis von Freiheit auseinander“. Mitglieder des Presserats scheinen über parapsychologische Kräfte zu verfügen, wenn sie aus mehreren tausend Kilometern Entfernung zu wissen behaupten, wie Trumps Verständnis von Freiheit laute.
Unbedenklich ist es dagegen anscheinend, wenn der Deutsche Journalistenverband (DJV), der einer der Verbände hinter dem Presserat ist und Funktionäre in diesen entsendet, ein neues Vorstandsmitglied wählt, das ganz nebenbei bereits Pressesprecherin der SPD-Landesgruppe Bayern ist. „Der Verband sieht auf MEEDIA-Nachfrage keinen Interessenskonflikt“. Nicht mehr lange und so ähnlich werden die Nachrufe auf die Medien ausfallen.