Tichys Einblick
„Der verwirrte Wähler - Welche Partei steht noch wofür?“

Die FAZ bespricht Maischberger

Heute ist es fast interessanter eine Besprechung zu besprechen als die Sendung. Dabei ist zu lernen, welchen politischen Richtungswechsel die FAZ vollzogen hat. Offensichtlich will sie beweisen, mainstreamiger zu sein als die FR.

Screenprint: ARD/maischberger

Der FAZ letzter Rezensionssatz: «Dem Verständnis von Demokratie hat diese Runde keinen Gefallen erwiesen.» Ein vernichtendes Urteil, aber für wen? Für alle bei dieser Maischberger-Ausgabe?

Erstens gibt es die Note 6 minus für Jan Fleischhauer:

«Jan Fleischhauer gibt den Cato des Abends und wiederholt seine These von der Sozialdemokratisierung der vier im Parlament vertretenen Parteien … Wie geht Fleischhauer damit um, dass seine These das halbgare Gerede der AfD vom politischen Kartell der sogenannten Altparteien nährt? … Fleischhauer zieht eine Parallele zwischen den Anfängen der Grünen und der AfD: Beide verdankten ihre ersten Erfolge einem politisch gewendeten Angstgefühl. Der Reaktionär gibt sich zu erkennen. Seine Gleichsetzung übersieht etwas Entscheidendes. Die Angst vor dem Atomtod, wie er es nennt, war universalistisch in der Tradition der Französischen Revolution. Die Angst, die die AfD nährt, ist partikularistisch und wendet sich als Hass gegen andere Menschen. Solche Unterschiede einzuebnen bekommt auch einem Kolumnisten nicht gut.»

Rezensent Hans Hütt erklärt Fleischhauer zum Reaktionär. Und übersieht: Der Anspruch des Islam ist universalistisch, die Angst vor dieser so ganz anderen Kultur ist ebenfalls universalistisch von Indien bis Amerika. Die Angst vor dem Atomtod ist aus partikularistisch-eurozentristischer Sicht universalistisch, sonst nicht.

Zweitens für Sandra Maischberger die Note sechs. Der Rezensent urteilt:

«Schon die Ankündigung der Sendung führte in die Irre. Es geht um die Frage „Der verwirrte Wähler – Welche Partei steht noch wofür?“ Und Sandra Maischberger baut erst einmal Pappkameraden auf. Welche konservativen Inhalte hat Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgegeben?»

Selbst immer noch treue CDU-Anhänger führen im stillen Kämmerlein und unter Vertrauten genau diese Klage – von den aufgegebenen konservativen Positionen. Die FAZ nicht mehr, eine interessante Auskunft.

Rezensent Hütt:

«Maischbergers Redaktion scheint auch nicht auf der Höhe der Zeit zu sein, wie die politische Integralrechnung moderner Parteien heute aussieht. Sie haben Flügel, die ein breites Spektrum von Positionen vertreten und ihre Parteien damit wählbarer machen. Widersprüche sind Teil des politischen Spiels. Wahlprogramme werden von den wenigsten gelesen und gehören zu eher unerfreulichen Prosaformaten.

Was aber macht so viele Wählerinnen und Wähler in diesem Jahr so kurz vor der Wahl so unentschieden? Weil die Unterschiede zwischen den regierenden Parteien und der Opposition nicht deutlich genug sind? Davon kann seit dem Markteintritt der sogenannten Alternative für Deutschland und angesichts der in manchen Ländern starken, in anderen schwachen Grünen keine Rede sein. Die Linke sehnt sich nach einer Verlängerung in der Opposition.»

Was nun FAZ? Wenn Merkel keine konservativen Inhalte aufgegeben hat, warum dann der «Markteintritt» einer solchen neuen Partei (und anderer), die reklamieren, konservativ anstelle der CDU zu sein?

Dritter mit Note vier plus Ole von Beust:

«Schließlich sollen Ole von Beusts Koalitionen in Hamburg als Blaupause für zwei Szenarien dienen: Gibt es im Bund die Option für eine Koalition mit der AfD? Der Unterschied zwischen der AfD und der Hamburger Schill-Partei ist klar: Bei Schill habe es keine Nazis gegeben. Gäbe es in der AfD keine Nazis, so von Beusts Umkehrschluss, käme sie als Koalitionspartner in Betracht. Ob es für eine Koalition mit den Grünen reicht, steht auf einem anderen Blatt. Von Beust bevorzugt eine Koalition mit der FDP.»

Warum hier diese Milde? Fleischhauer ist ein Reaktionär, weil der die Anfänge von AfD und Grünen vergleicht? Und von Beust darf ungestraft eine Koalition mit der AfD, wenn auch eingeschränkt, als möglich in Betracht ziehen?

Vierter mit Note 3:

«Johannes B. Kerner geißelt das Kanzler-Duell, bei dem zu viel über Themen gesprochen worden sei, auf die die Wählerschaft keinen Einfluss hat. Seltsam berührt seine Idee, Wahlkampf als Wettbewerb um die beste Idee zu betrachten. Das klingt nach einer Show-Idee: Einer wird gewinnen.»

Der FAZ-Rezensent setzt den Wettbewerb um die beste politische Idee mit einem Show-Thema gleich? Dass Wahlkampf schon lange kein solcher Wettbewerb ist, stimmt, aber wäre es nicht toll, es gäbe solchen Wahlkampf?

Vor dem eingangs zitierten Schluss der FAZ-Rezension steht das:

«Die konfuse Diskussion endet mit dem Stoßseufzer Jan Fleischhauers, dass eine schwarz-grüne Koalition für ihn ein Gottesgeschenk, und mit dem Fluch Ralf Stegners, dass eine Große Koalition so beliebt wie Fußpilz sei. Im Kessel Buntes steckten noch die Begrenzung von Amtszeiten (Ole von Beust) und die Erinnerung an antike Losentscheide (Anja Reschke).»

Aber wo bleibt die Begründung dieser FAZ-Besprechung für den Schlusshammer?

«Dem Verständnis von Demokratie hat diese Runde keinen Gefallen erwiesen.»

Wertes FAZ-Feuilleton, das war wohl nix. Außer einer mainstreamigen Duftmarke.

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