Das ZDF, genauer die Sparte ZDFinfo, gedachte am 27. April auf Facebook des muslimischen Spaniens: „Heute vor 1.310 Jahren landeten die Mauren in Gibraltar und errichteten ein Kalifat auf der iberischen Halbinsel. Der Kampf um Spanien zwischen Christen und Moslems dauerte über 700 Jahre.“ Da fällt zunächst das Verb „landen“ auf – vordergründig ein neutrales Wort, das aber Fragen aufwirft: Landeten die Mauren so wie Apollo 11 auf dem Mond 1969 in einem menschenleeren Land, das sie einfach für sich beanspruchen konnten? Oder landeten sie wie die Westalliierten im Juni 1944 in der Normandie, um Europa von einer menschenverachtenden Diktatur zu befreien? Weder das eine noch das andere trifft zu. Im Jahre 711 begann vielmehr die blutige Eroberung des Westgotenreiches.
Unter der Überschrift „Spanien war muslimisch“ (Portugal wird dabei einfach unterschlagen) prangt der Halbmond mit Stern – das Symbol des Islams schlechthin – auf einer rot-gelben Iberischen Halbinsel. Abgesehen davon, dass die Farben Rot und Gelb für die spanische Flagge erst 1785 ausgewählt wurden, wäre die Farbe der Wahl für ein „muslimisches Spanien“ eher grün – so ist heute die offizielle Fahne des Landes Andalusien grün-weiß.
„Da haben wir es wieder, das Klischee,
im muslimischen ‚Spanien‘ hätten die drei Religionen
wunderbar zusammengelebt“
Das sind aber Kinkerlitzchen verglichen mit dem Text unter der Landkarte: „Über 780 Jahre waren Städte wie Córdoba und Granada Zentren von Kunst, Wissenschaft und oftmals religiöser Toleranz. Nach Vollendung der christlichen Rückeroberung 1492 mussten Muslime und Juden konvertieren oder das Land verlassen.“
Da haben wir es wieder, das Klischee, im muslimischen „Spanien“ hätten die drei Religionen wunderbar zusammengelebt. Es stimmt, dass insbesondere zur Zeit des Kalifats von Córdoba (929-1031) Kunst und Wissenschaft gediehen. Es stimmt, dass wir Werke der griechischen Philosophie erst durch die Übersetzungen aus dem Arabischen ins Lateinische kennen. Was ein solcher Text aber verschweigt: Der Niedergang der muslimischen Blütezeit auf der Iberischen Halbinsel im Kalifat von Córdoba wurde durch interne Kämpfe zwischen Arabern und Berbern sowie durch die „Landung“ der Almoraviden und Almohaden aus Nordafrika besiegelt, die sogenannte Taifa-Reiche errichteten.
Das Kalifat war kein Hort der Toleranz
Die „oftmals religiöse Toleranz“, die hier der Ausweisung von Muslimen und Juden nach 1492 entgegengesetzt wird, erweist sich als ein weiteres Klischee. Denn das erste Pogrom auf europäischem Boden fand 1066 im muslimischen Granada statt, bei dem die jüdische Bevölkerung größtenteils ermordet wurde. Muslime waren tolerant gegenüber Andersgläubigen, nur solange sie zum Islam konvertierten oder die Kopfsteuer (Dschizya) bezahlten.
Die Verbannung von Andersgläubigen erfanden auch nicht erst Christen: Die Almohaden erwiesen sich als besonders intolerant. Ihr erster Kalif verfügte die Ausweisung derjenigen, die nicht zum Islam konvertierten. Selbst andalusische Juden, die den islamischen Glauben annahmen, mussten ein Erkennungszeichen tragen. Dass solche Fakten untern Tisch fallen gelassen werden, um das „intolerante“ Christentum gegen den „toleranten“ Islam auszuspielen, ist ein Dicker Hund.
Dieser Beitrag von José García erschien zuerst in Die Tagespost. Katholische Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur. Wir danken Autor und Verlag für die freundliche Genehmigung zur Übernahme.