Tichys Einblick
Beispiel SZ und Feuerzangenbowle

Das Geschäft der Guten mit dem Kampf gegen Rechts

Beiträge in Zeit, Spiegel oder Süddeutscher Zeitung, was in Deutschland alles rechts ist, sind öde und vorhersehbar. Sie treiben auch seltsame Blüten - etwa wenn die ARD plötzlich unter Gesinnungs-Verdacht steht ...

IMAGO - Screenprint: X.com/SZ - Collage: TE

Der großartige Blog Rio-Ramscht hat einst eine Liste darüber geführt, was und wer in Deutschland alles schon unter Nazi-Verdacht gestanden hat. Darunter fanden sich das Nato-Alphabet, die Kaufhausgruppe Hertie, Betreiber von Kinderkarussellen oder der Fußballer Kingsley Coman. Wenn die deutsche Linke der Mitte nachweisen will, dass die rechtsextrem sei, dann ist dem eigentlich nur noch mit Humor und Buchführung nachzukommen.

Die Süddeutsche Zeitung hat es nun wieder getan. Zum 80. Geburtstag des Filmes „Die Feuerzangenbowle“ hat das Münchner Kampfblatt vor dem Streifen mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle gewarnt. Es sei ein zweifelhaftes Vergnügen sich den Film über Schulen in der Kaiserzeit anzuschauen – „Nur zum Beispiel, weil sie der AfD in die Hände spielt“, wie die Süddeutsche ihre Beweisführung einleitet.

— Süddeutsche Zeitung (@SZ) January 26, 2024

Wer sich den Rest des Pamphlets durchlesen will, muss erst der Bezahlschranke der Süddeutschen seinen Wegzoll entrichten. Spoiler-Alarm: Das lohnt sich nicht. Für den Leser. Für die Zeitung offensichtlich schon. Sonst würde sie nicht Wochenend für Wochenend ihr geneigtes Publikum mit einer neuen Horrorgeschichte aus dem Reich der rechtsextremen Mitte erschrecken.

Das muss ein angenehmer Grusel sein: Ein Ausbruch aus der Wirklichkeit. Eben war man noch ein Bürowicht, der einen Flyer zum Thema schonender Umgang mit Papier auf einen drei Woche langen Freigabeweg geschickt hat. Gut bezahlt, aber traurig belanglos. Doch für ein paar Dutzend Cent entführt einen die Süddeutsche in eine Welt, in der man sich wie Indiana Jones mit Peitsche fühlen darf – umzingelt von Nazis, die praktischerweise als solche erkennbar sind.

Der Kampf gegen Rechts lohnt sich. Vor allem wegen der zig Dutzend Millionen Steuergeld, die Bund, Länder und Kommunen über den Kämpfern ausschütten. Aber auch im privaten Bereich bringt die richtige Gesinnung Gewinne. Im dritten Quartal versuchte zum Beispiel die Süddeutsche dem bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) nachzuweisen, dass der zu Schulzeiten ein Nazi-Agitator gewesen sei.

Journalistisch war die Kampagne für die Süddeutsche verheerend. Als die Geschichte in sich zusammenfiel, verteidigte sich die Redaktion. Die Geschichte habe auf Fakten beruht und auf plausiblen Annahmen, die sie nur leider nicht nachweisen konnte. Was nicht ganz verkehrt ist. So stimmte es zum Beispiel, dass Hubert Aiwanger tatsächlich zur Schule gegangen ist.

Doch wer als Medium gegen Rechts kämpft, für den kommt es auf journalistische Sauberkeit nicht an. Die linke Fahne wird gegrüßt, auch wenn sie über einem Haufen Mist weht. Wenn die Reihen fest geschlossen sind, goutiert das die Bruderschaft im Kampf gegen Rechts: Die verbreitete Auflage der Süddeutschen ist laut IVW vom dritten aufs vierte Quartal von 277.000 auf 286.000 Exemplare angewachsen. Die Zahl der verkauften E-Paper hat um 4500 Exemplare, die der Abos sogar um über 10.000 Exemplare zugenommen. Dafür hat die Süddeutsche weniger Zeitungen in den Einzelverkauf geschickt. Der ist für den Vorkämpfer des Klimaschutzes aber ohnehin heikel. Im Schnitt verschickt die Süddeutsche jeden Tag 41.000 gedruckte Zeitungen übers Land, die sie ungelesen wieder zurücknehmen muss.

An diesem Wochenende gruselte die Süddeutsche ihre linken Horrorfans mit der Geschichte über die böse Feuerzangenbowle. Was in erster Linie lustig ist. Denn damit stellt das Blatt die ARD unter Naziverdacht – sonst ein treuer Weggefährte im Kampf gegen Rechts. Denn für „das Erste“ ist die Feuerzangenbowle ein unverzichtbarer Bestand des Weihnachtsprogrammes geworden. Alle Jahre wieder spielt die ARD damit der AfD in die Hände – zumindest nach Lesart der Süddeutschen.

Nun gibt es über die Feuerzangenbowle tatsächlich Spektakuläres zu sagen: Der Erziehungsminister der Nazis, Bernhard Rust, hatte den Film verboten. Er beklagte die despektierliche Darstellung von Lehrern. Heinz Rühmann fuhr darauf höchstpersönlich in die „Wolfsschanze“. Dem Sitz des Stabs um Adolf Hitler. Anfang 1944. Ein halbes Jahr später der Ort des gescheiterten Attentats. „Reichsfeldmarschall“ Hermann Göring empfing den Schauspieler und trug danach Hitler dessen Anliegen vor. Der soll der Sage nach gefragt haben, ob der Film lustig sei. Als Göring meinte, er habe mehrfach lachen müssen, gab es die Freigabe vom „Führer“.

Auch im Film selbst gibt es Motive, die der Ideologie der Nazis schmeicheln. So ist Rühmanns Ausflug in die Schulwelt auch eine Flucht vor seiner Verlobten Marion. Die raucht, zieht sich sexy an, ist selbstbewusst – kurzum sie spiegelt die westliche Dekadenz wider. Rühmanns Pfeiffer mit drei F nimmt statt ihr „Eva“ – kein Witz – zur Frau. Die ist treu, blond und gehorsam, also eine rechte Nazibraut. Dass sich hier ein erwachsener Mann ein halbes Kind zur Lebensgefährtin auswählt, weil es besser zu ihm passt, entlarvt die Ideologie von alleine. Schon alleine deswegen lohnt es sich, den Film immer noch anzuschauen. Zumindest für Zuschauer, die selbstständiges Denken dem Strammstehen unter der linken Fahne vorziehen.

Umstritten ist auch die Figur des Oberlehrers Dr. Brett. In einem Kollegium wilhelminischer Lehrer steht er für die „neue Zeit“, wie es im Film heißt. Den schusseligen Professor Bömmel – watt is’n datt, ne Dampfmaschin‘? – belehrt Brett über den Umgang mit Schülern: „Junge Bäume, die wachsen wollen, muss man anbinden, dass sie schön gerade wachsen – nicht nach allen Seiten ausschlagen. Und genau so ist das mit den jungen Menschen: Disziplin muss das Band sein, das sie bindet, zu schönem, geraden Wachstum.“ Das ist im Prinzip Hitlers Windhund-Rede – ausgedrückt in poetischeren Worten.

Sogar über Rühmann selbst ließe sich reden. Der war schon vor der „Machtübernahme“ ein Star – aber danach erst mal auf einer schwarzen Liste. Wegen seiner jüdischen Ehefrau. Joseph Goebbels schreibt in seinen Tagebüchern, dass sich Rühmann mit diesem „Problem“ an ihn gewandt habe. Es kam zur Scheidung. Die Ehe mit einem schwedischen Schauspieler rettete Rühmanns Exfrau das Leben. Rühmann durfte im Nazi-Reich wieder arbeiten und bedankte sich dafür mit einem Propaganda-Film für die Wochenschau, in dem Goebbels Kinder die Hauptrolle spielten.

Ob das alles widerlich ist? Aber hallo. Ja. Doch es widerlegt eben die Süddeutsche. Nicht der Rückzug in den Schutzraum ist der Weg, sich mit (echten) Nazis auseinander zu setzen. Sondern ihnen ins Auge zu sehen: Ja, Dr. Brett wirbt in dem Film für die Nazi-Ideologie. Aber wegen wem sind denn die Besucher in die Kinos gegangen? Wegen den Lehrern der wilhelminischen Zeit. Nach der haben sich die Zuschauer 1944 zurückgesehnt, als sie merkten, auf welchem Irrweg sie gefolgt sind. Dass die Nazis diesen Film ein Jahr vor ihrem Ende laufen ließen, um die „Volksgenossen“ von ihrem Untergang abzulenken, war bereits das Eingeständnis, dass sie verloren hatten.

Und dann Goebbels Kinder. Wie sind die nochmal gestorben? Ihre Mutter hat sie persönlich umgebracht, weil sie glaubte, eine Welt ohne Nationalsozialismus sei es nicht wert, darin zu leben. Das sind Nazis. Echte Nazis. Wer sich mit ihnen beschäftigt, ist vor ihrem kranken Gedankengut immun. Wer in der gesellschaftlichen Mitte nach Spuren sucht, die ihn an echte Nazis erinnern, dem fehlt es nur an Aufregung im eigenen Leben.

Seit Jahren propagieren Medien wie die Süddeutsche den Kampf gegen Rechts. Alles wird daran gemessen, ob es der AfD und den Rechten nicht in die Hände spielt. Vor allem die Berichterstattung: Die Herkunft des Täters? Die Zusammenhänge zwischen der Zahl von Straftaten und den Einwanderungswellen? Die Zahl von Ausländern unter den Empfängern von Bürgergeld? Alles weglassen, hilft nur den Rechten. Wenn wir die Augen schließen, sehen wir es nicht. Was wir nicht sehen, gibt es nicht. Der Kampf gegen Rechts gleicht einem Leben mit verschlossenen Augen.

Was hat’s gebracht? Die AfD ist in den vergangenen Jahren von unter fünf Prozent bei den Wahlen auf über 20 Prozent in den Umfragen gewachsen. Im Osten sogar auf über 30 Prozent. Dort gibt es bereits die ersten Bürgermeister und Landräte der AfD. Im Herbst könnte ein Ministerpräsident dazukommen. Der Kampf gegen Rechts füllt die Kassen der Linken, aber stärkt die Ergebnisse der Rechten.

Was gut ist, bleibt. Den Darsteller des Dr. Brett, Lutz Götz, haben heute fast alle vergessen. Der liebenswerte Professor Bömmel ist in Erinnerung geblieben. „Da stelle ma uns mal janz dumm.“ Sein Darsteller Paul Henckels drehte nach dem Krieg noch dutzende Filme. Neben der Feuerzangenbowle ist er im Gedächtnis geblieben als Tierarzt Doktor Pudlich in den Immenhof-Filmen. Ebenfalls gerne in der ARD gezeigt. Im ersten Teil der Reihe ist übrigens eine widerliche Parodie auf einen jüdischen Geldverleiher zu sehen. Aber das ist derzeit kein Thema für Kampf-gegen-Rechts-Medien – für Antisemitismus bleibt viel Platz unter der linken Fahne.

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