Die Bundespressekonferenz e.V. ist der Zusammenschluss der früher Bonner und heute Berliner Korrespondenten, deren Arbeitsfelder Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat waren beziehungsweise sind. Der Verein ist einzigartig in der westlichen Welt. Denn in der Bundesrepublik werden die Regierungspressekonferenzen nicht von der Regierung selbst veranstaltet, sondern die Journalisten laden die Regierungssprecher dreimal in der Woche in ihren Sitzungssaal. Außerdem finden Pressekonferenzen zu besonderen Themen statt. Sogar wenn die Kanzlerin sich dorthin verirrt, leitet nicht der Regierungssprecher, sondern ein Journalist die Pressekonferenz.
Entstanden ist dieses Konstrukt aus den Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus. Nie wieder sollte ein Presseamt entscheiden, wann Fragen beantwortet werden oder ein Pressegespräch abbrechen können, wenn es unangenehm wird. Das hatte alles bis in die Endphase der Bonner Republik noch Bestand.
Diese dauerbesorgten Journalisten brauchen keine Bundespressekonferenz mehr, wo sie Fragen stellen könnten. Für das Stellen angeblich kritischer Fragen werden Journalisten heute schon von anderen Journalisten in einem Ausmaß belobigt, das Kritiker an „nationale Besoffenheit“ erinnert. Journalisten funktionieren heute zumeist bestens per Twitter-Weisung von Pressestellen und Politikern und brauchen keine Pressekonferenzen mehr.
Ein Auszug aus dem Protokoll einer dieser Bundespressekonferenzen macht das mehr als deutlich:
DR. SCHÄFER (Martin Schäfer, Auswärtiges Amt): Herr Vorsitzender, wenn Sie erlauben, würde ich zunächst erst einmal gern sagen, dass es jedenfalls mich persönlich – ich spreche nur für mich – ganz schön traurig macht, vor welch leerer Kulisse wir hier sitzen. Wenn ich es richtig sehe, ist hier noch nicht einmal mehr eine Nachrichtenagentur vertreten.
ZURUF: Falsch.
DR. SCHÄFER: Umso besser! Dann ist eine da. Dann nehme ich das zurück. Jedenfalls sind nicht alle da. Wir geben uns hier größte Mühe, uns auf diese dreimal in der Woche stattfindende Veranstaltung vorzubereiten. Ich sage das einmal nur für das Auswärtige Amt. Hinter mir gibt es eine Menge Leute, die sich allergrößte Mühe geben, Ihnen hier Rede und Antwort zu stehen. Wenn das auf kein Interesse mehr stößt – die geringen Zahlen von Anwesenden sind jedenfalls ein Indiz dafür -, dann müssen wir uns, Herr Vorsitzender, irgendwann einmal überlegen, ob das hier noch die richtige Form ist, in der wir uns miteinander austauschen. Denn irgendwie müssen Aufwand und Ertrag in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Das wollte ich einmal vorweg sagen, wenn Sie mir das erlauben.
VORS. SZENT-IVÁNYI (Tim Szent-Ivanyi, DuMont-Hauptstadtredaktion): Das sei Ihnen erlaubt. Ich kann das von dieser Seite auch nur unterstützen. In der Tat ist es nicht schön, wie sich die Anwesenheit entwickelt hat. Wir sind dabei, auch das zu diskutieren. Wir sind dazu in einem Prozess und werden wahrscheinlich in Kürze zu Ergebnissen kommen und sie mit der Regierung beraten. Das hier nur so weit dazu. Aber ansonsten ist es unbefriedigend.
Dieser kleine Dialog zeigt, dass der Verein in Wirklichkeit am Ende ist. Berliner Journalisten fühlen sich heute als Sturmtruppe der Zivilgesellschaft, aber nicht mehr als Berichterstatter.
Insofern wird der Versuch des Bundespressekonferenz-Vorstands, ein Konzept für die „BPK 2030“ entwerfen, fehlschlagen. Natürlich wird die BPK weiter existieren, aber als Podium für Regierungsverlautbarungen und zur Vortäuschung vermeintlich unabhängiger journalistischer Strukturen in Deutschland.
Dieser Beitrag ist zuerst hier erschienen.