Tichys Einblick
Der richtige Kampf

CDU-Chef Friedrich Merz legt sich mit ARD und ZDF an

Friedrich Merz hat ARD und ZDF den Kampf angesagt. Es ist der richtige Kampf. Den muss der CDU-Boss gewinnen, wenn eine bürgerlich-liberale Politik wieder eine Chance haben soll. Die Frage lautet nur: Steht Merz?

IMAGO / Political-Moments

Das wird kein einfacher Parteitag, den Friedrich Merz da vor sich hat. Der woke Merkel-Flügel in der CDU hasst ihn immer noch, obwohl er mit ihnen liebäugelt und mit einer Frauenquote als Versprechen winkt. Die Konservativen, die ihn tragen, verlieren die Geduld mit ihm – auch wegen dieser Frauenquote. Da haut Merz in seiner Eröffnungsrede einen raus: Besondere Grüße gingen an die 58 Redakteure der öffentlich-rechtlichen Medien im Saal. Mit ihnen werde sich der Parteitag besonders „liebevoll“ beschäftigen. Rumms. Die Konservativen hat Merz wieder und die woken Merkelianer tragen die Frauenquote trotz ihres Vorsitzenden – nicht wegen ihm.

Die Kampfansage ist neben der Quote das, was vom Parteitag in Hannover in Erinnerung bleiben wird. Das geht schon los nach Merz‘ kleiner Stichelei. Das woke Geschwader legt auf Twitter los: rot-grüne Journalisten, rot-grüne Politiker und rot-grüne Journalisten, die später mal für rot-grüne Politiker arbeiten wollen. Ihre Beiträge sind von einer Dichte und Bösartigkeit, das sie als „Hass und Hetze“ gelten würden, wenn sie gegen Rot-Grün gerichtet wären. Doch da es von Rot-Grün kommt, ist „Hass und Hetze“ hier ein Bollwerk, dessen Soldaten behaupten, die Demokratie zu verteidigen – aber damit ihre eigenen Pfründe meinen.

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Merz hat zwei Linien. Eine ist angreifbar. Er möchte den öffentlich-rechtlichen Sendern das Gendern verbieten. Wer von Gebühren finanziert würde, der müsse auch so kommunizieren, wie es den Regeln der Sprache entspricht und wie es die Gebührenzahler verstünden. Inhaltlich stimmt ihm da eine große Mehrheit zu. Aber Merz ist ein Politiker, der Medien scheinbar etwas verbieten will. Und damit widerspricht er seiner zweiten, eigenen Linie: ARD und ZDF sollen neutraler werden und nicht ständig den Menschen ihre eigenen, grün-roten Meinungen aufzwingen wollen.

Das Wesen dieser Debatte zeigt sich, als Merz bei Lanz zu Gast ist. Der Moderator will seinen Gast in die Ecke treiben: Merz werfe den Journalisten von ARD und ZDF fehlende Unabhängigkeit vor, argumentiert Lanz, wolle ihnen aber als Politiker das richtige Sprechen vorschreiben. Merz wechselt auf das Feld, auf dem er Heimrecht hat: Markus Lanz wisse genau, was er meine. Es geht um die fehlende Neutraliät der Öffentlich-Rechtlichen und darum, dass deren Mitarbeiter sich als Aktivisten in grün-roter Sache sehen. Er, Lanz, müsse doch selber zugeben, wie politisch einseitig ARD und ZDF sind. Der Moderator setzt an, will kontern und sieht dabei aus wie ein Fisch, der an Land nach Luft schnappt. Dann wechselt wiederum Lanz die Spielwiese.

Widersprechen hätte Lanz nicht können. Beispiele für die fehlende Neutralität von ARD und ZDF finden sich jeden Tag mehrfach. Widerreden zum Vorwurf der Parteilichkeit gibt es nur selten, wie die von Monitor-Chef Georg Restle auf Twitter. Über acht Beiträge lobt Restle den Wert der Öffentlich-Rechtlichen. Dann schließt er damit, dass dem Gegenbeispiele aus der Wirklichkeit nicht widersprechen würden. Es ist die grün-rote Logik, die in so vielen Bereichen wirkt: Unsere Ideen sind super, wenn die Realität das nicht zeigt. Und wer an die erinnert, betreibt „Hass und Hetze“.
Doch dass es soweit kommen konnte, ist auch die Schuld von CDU und CSU. Sie haben unter Angela Merkel jegliche Medienpolitik eingestellt. Die Kanzlerin wurde spätestens seit ihrer Flüchtlingspolitik von den Öffentlich-Rechtlichen geliebt. Alles andere außer ihrem eigenen Bild war der Kanzlerin egal. Und so ließen die Christdemokraten zu, dass ARD und ZDF sich immer mehr von ihrer Unparteilichkeit verabschiedeten. Dass sie sich unter den Stichwörtern „Haltungsjournalismus“ und Kampf gegen „False Balance“ offensiv für Parteinahme aussprachen.

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Sobald Merkel weg war, bedeutete diese Parteinahme auch einen offenen Kampf gegen die CDU. Der erste, der das zu spüren bekam, war Kanzlerkandidat Armin Laschet. Gegen ihn verhielten sich die Öffentlich-Rechtlichen im Wahlkampf offen unfair. Dabei war ihnen nichts peinlich: Kinder Fragen in den Mund legen oder grünnahe Umweltaktivisten als Bürger präsentieren. Bei Letzterem wurden die ARD im Vorfeld ertappt – und zog trotzdem durch. Eine bewusste Machtdemonstration. Eine Botschaft: Wir sind grün-rot und ihr könnt nichts dagegen machen. „Wollen ARD-Sender Laschet als Kanzler verhindern?“, titelt die Bild.

Die entscheidende Schlacht haben CDU und CSU in den Gremien der öffentlich-rechtlichen Medien verpasst. TV-Legende Peter Hahne hat in „Tichys Ausblick“ erklärt, wie das funktioniert: Die Rundfunkräte müssten Missstände anprangern und abstellen, die im RBB-Skandal und danach öffentlich wurden. Doch die übergroße Politik aus Grünen, SPD, Linken, FDP und Merkel-CDU hat sie machen lassen. Weil es ihnen dabei selber gut ging, wie Hahne in „Tichys Ausblick“ beschreibt. Das hat sich geändert: Friedrich Merz ist für die grün-roten Jünger in ARD und ZDF der Antichrist. Er bekommt jetzt ihre Wut ab.

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Das grün-woke Personal, das jetzt am Schalzhebel sitzt, hat die Union mit befördert. Etwa den künftigen ARD-Vorsitzenden Kai Gniffke. Er hat als Tagesschau-Chef den Haltungs-Journalismus etabliert und sich vom angelsächsischen Journalismus mit seiner Neutralität verabschiedet. Er hat Faktenfinder versprochen und ein grün-rotes Ministerium der Wahrheit geliefert. Und er wurde SWR-Intendant – durch die Lobbyarbeit der CDU.

Im ersten Wahlgang hatte die SWR-Landeschefin aus Baden-Württemberg Stefanie Schneider eine Mehrheit unter allen Stimmberechtigten sowie unter denen aus ihrem Heimatland. Aber der SWR-Intendant muss auch eine Mehrheit unter den Mitgliedern aus Rheinland-Pfalz finden. Die hatte aber Gniffke. In der Pause vor dem zweiten Wahlgang überredeten die rheinland-pfälzischen Christdemokraten ihre Parteifreunde aus Baden-Württemberg, für Gniffke zu stimmen. Sie erhofften sich dadurch mehr Pfründe für ihr Bundesland. Und dann hatte Gniffke im zweiten Wahlgang alle nötigen Mehrheiten. Ein grün-roter Intendant, den die CDU durchgesetzt hat – und über dessen Sender sich hochrangige CDU-Vertreter zwei Jahre im Wahlkampf wegen dessen rot-grüner Parteinahme offen beschwerten.

An dieser Stelle muss Merz ansetzen. Es sind die Gremien. Nach den Siegen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein ist die Union in diesen Räten auch stark vertreten. Nur: Dort sitzen eben die Merkelianer, die immer noch die Union und das Land in Richtung grün-rotes Wokistan entwickeln wollen. Teil der Berichterstattung über den NDR ist der Vorwurf, dass Führungskräfte Interviews verhindert haben sollen, in denen Konservative schlecht über ihren Duzfreund, den Ministerpräsidenten Daniel Günther geredet hätten.

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Merz muss also nicht nur den Druck der öffentlich-rechtlichen Meinungsmaschine aushalten. Was schwer genug ist. Schließlich ölen die Zwangsgebühren diese PR-Maschine mit 8,5 Milliarden Euro im Jahr. Der CDU-Vorsitzende muss auch den Druck in seinen eigenen Reihen aushalten und bräuchte seine innerparteilichen Gegner als die, die an den richtigen Hebeln sitzen, um Dinge zu verändern. Das scheint ein reichlich aussichtsloses Unterfangen.

In dieser aussichtslosen Lage hat Merz das gemacht, was Politiker machen, wenn sie nicht mehr weiter wissen: Er hat einen Arbeitskreis gegründet. Eine „Kommission“ soll nun Vorschläge erarbeiten: Wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk künftig finanziert werden soll und wie seine offene Parteinahme beendet werden könne. Im besten Fall entwickelt diese Kommission Zielvorgaben. Gut möglich, dass noch nicht mal die sonderlich mutig ausfallen.

Doch entscheidender ist ohnehin die Arbeit an der Front. Und die verläuft in den Aufsichtsgremien. Dort müssten die Union-Vertreter durch Graswurzel-Arbeit die Verantwortlichen von ARD und ZDF immer und immer wieder an ihren Informationsauftrag erinnern. Und an ihre Verpflichtung zu Unparteilichkeit. Merz muss zeigen, dass ihm das Thema wichtig ist. Dass er es auch dann vertritt, wenn es ihm viel Widerstand, aber wenig Applaus bringt. Und dass er seine Parteifreunde dabei entschlossen auf Kurs bringt und hält. Nach allen Erfahrungen mit Friedrich Merz ist das nicht wirklich eine Perspektive auf Veränderung bei ARD und ZDF.

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