Tichys Einblick
Bodo Ramelow bei Caren Miosga

Die Linke versagt in Thüringen und der Ministerpräsident fastet es sich schön

Caren Miosga redet mit dem Ministerpräsidenten von Thüringen über seine Fastenkur – statt ihn zu fragen, wie er das Versagen der Linken in seinem Bundesland lösen will. Aber einen konkreten Plan hat Bodo Ramelow offenbar auch gar nicht.

Screenprint: ARD/Caren Miosga

Bei Miosga geht es mal wieder um alles, außer um konkrete Pläne zur Lösung deutlicher Probleme – dieses Mal im Bundesland Thüringen. Der einzige klare Plan, der an diesem Abend erwähnt wird: Ministerpräsident Bodo Ramelow will bis September so viele Kilos abnehmen, wie seine Partei Die Linke Prozentpunkte braucht, um in Thüringen wieder an die Spitze zu kommen – also 20 Kilogramm, wie Miosga betont. Immerhin kommt die Linke in aktuellen Umfragen nur noch auf 17 Prozent der Stimmen, während die AfD mit 36 Prozent am meisten Zuspruch findet. Die CDU bekommt demnach 20 Prozent, die SPD 9 Prozent und die Grünen 5 Prozent. Aber die CDU wehrt sich bislang dagegen, mit der Linken oder der AfD zu koalieren. Die Frage der Sendung lautet daher: „Wird Thüringen unregierbar?“

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Laut Ramelow ist eine „Stapelkrise“ der Grund, weshalb die Linke in Thüringen so viele Wählerstimmen verloren hat: Diese habe mit der Ministerwahl Ende 2019 gestartet, bei der der FDP-Kandidat Thomas Kemmerich mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt wurde – und Ramelow somit abgelöst hat. Kemmerich stellte sich allerdings als „Kurzzeitminister“ heraus, denn nach einer Woche trat er zurück. So blieb Ramelow dann doch Ministerpräsident des ostdeutschen Bundeslandes. Eigentlich sollte es später Neuwahlen geben – aber die gab es nie. Stattdessen kam Corona. Die Pandemie habe die Gesellschaft in Thüringen gespalten, sagt Ramelow. Miosga versucht, das Thema Corona schnell vom Tisch zu wischen: „Corona ist vorbei.“ Aber Ramelow betont, dass diese Spaltung noch immer da sei, nur halt bei anderen Themen: beispielsweise bei den Waffenlieferungen an die Ukraine.

Bei dem Thema Waffenlieferung spaltet sich aber nicht nur das Land Thüringen, sondern auch die Linken-Partei: Ramelow möchte nach seiner Aussage eigentlich keine Waffen an die Ukraine liefern. Aber er habe kein Argument, einem „überfallenen Staat“ nicht zu helfen. Also ist er wohl doch pro Waffenlieferungen. Gewaltlosigkeit und Frieden waren mal Themen, für die sich die Linke stark gemacht hat, aber heutzutage gelten Bürger, die gegen deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine sind, als rechts. So meint die Soziologin Katharina Warda zum Beispiel, dass Michael Kretschmer (CDU) mit einem Appell, diese Lieferungen zu stoppen, „rechte Themen abgreift“, um Wähler der AfD für sich zu gewinnen. Waffenlieferungen sind ihrer Meinung nach ein „von rechts instrumentalisiertes Thema“. Thomas de Maizière (CDU) erklärt der Soziologin daraufhin, dass die Meinungen zu Waffenlieferungen nicht rechts oder links seien. Als Beispiel bringt der ehemalige Verteidigungsminister: „Sahra Wagenknecht ist doch keine Rechte.“

Sahra Wagenknecht mit ihrer neu gegründeten Partei BSW ist ein weiteres Beispiel für die Spaltung der Linken. Das sieht sogar Ramelow ein: Seiner Aussage nach „erodiert seine Partei“. Ihm fehle die „Pluralität einer starken Linken“ und er bedauert, dass die Linke einmal eine „große Hoffnung für die europäische Linke“ war und heute das Gegenteil davon sei. Im Kontrast zur erodierenden und gespaltenen Linken stellt sich das BSW als „Partei des Miteinanders“ vor. Das sei „bitter“ für Ramelow. Aber dass das BSW mit den Stimmen der AfD arbeite, kritisiert er: Er wolle „alles dafür tun, dass die Demokratie gewinnt“, sagt er.

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Was nun, Herr Maaßen?
Das greift Miosga auf: „Ramelow kann man doch nicht allen Ernstes neben Björn Höcke stellen oder?“, fragt sie den CDU-Mann de Maizière – auf ganz objektive Weise. Bislang hatte die CDU eine Brandmauer gegen sowohl die Linke als auch die AfD stehen. Aber „um Höcke zu verhindern, muss die CDU in Thüringen mit der Linken koalieren“, sagt Miosga. Und Warda stimmt ihr aufgeregt zu: Sie meint, dass sich die CDU nur nach links klar abgrenze. „Eine klare Abgrenzung nach rechts fehlt aber“, sagt Warda.

Weshalb die Linke an Stimmen verliert, findet nur wenig Beachtung in der Sendung: die „Umsetzungsprobleme“. Immerhin hat die Linke eigentlich soziale Ziele, wie eine höhere Mindestrente und weniger Armut. Aber unter der linken Regierung ist die Armutsquote in Thüringen nicht gesunken, sondern gestiegen. In einem kurzen Einspieler berichtet die Oberbürgermeisterin von Eisenach, Katja Wolf, welche Probleme Thüringen außerdem hat: Stadt und Land fallen auseinander, die Kommunen kommen wegen der vielen Migranten an ihre Grenzen und die Autoindustrie steht wegen der Transformation hin zu Elektroautos vor vielen Herausforderungen. Wolf meint, die Bürger sehnten sich nach „pragmatischer Politik“. Die Linke werde aber als Teil des Problems und nicht als Teil der Lösung wahrgenommen, sagt sie in dem Film. Sie verlässt daher die Linke und tritt dem BSW bei: Sie möchte den Menschen ein „neues demokratisches Angebot machen“.

De Maizière kritisiert den Einspieler als einen „tollen Werbeblock für Wolf“. Er glaube nicht an den Erfolg des BSW bei der Landtagswahl in Thüringen: „Bei der Landtagswahl sind komische Leute dabei.“ Fast wäre ihm „komische Vögel“ herausgerutscht und so bringt er ein Lachen in das sonst sehr trockene Gespräch. De Maizière denkt, dass das BSW bei der Europawahl erfolgreich sein werde und Ramelow nickt niedergeschlagen. Aber bis zur Wahl in Thüringen dauert es ja noch ein halbes Jahr, erinnert de Maizière. Ein halbes Jahr hat Ramelow also noch Zeit, um die 20 Kilogramm für die 20 fehlenden Prozentpunkte zu verlieren: Acht Kilo hat Ramelow schon abgenommen, erzählt er stolz. Mal sehen, ob er während des Wahlkampfs im Herbst immer noch auf die Thüringer Bratwurst verzichten wird.

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