Boris Pistorius (SPD) steht vor einem Bild des Eiffelturms. Symbolträchtiger hätte die Redaktion von Anne Will den neuen Verteidigungsminister nicht positionieren können. Pistorius ist in Paris, um das Jubiläum der Deutsch-Französischen-Freundschaft zu feiern. Und auf die ist der Verteidigungsminister angewiesen, wie lange kein Minister mehr in einem deutschen Kabinett.
Noch liefert Frankreich den Leclerc nicht. Doch mit seinen Sprachregelungen wackelt Pistorius schon jetzt mehr als der wackeligste Pudding: Deutschland müsse zuerst prüfen, wie viele Panzer überhaupt zur Verfügung stehen, hieß es am Freitag. Das war eine solch peinliche Schutzbehauptung, dass sie keine zwei Tage zu halten war. Zumal das Archiv einen Prüfantrag ausspuckte, in dem die Bundesregierung schon im Mai dem Bundestag erklärte, über wie viele Panzer das Land verfügt. Also behauptet Pistorius bei Will: Es sei ein „wesentlich weitergehender Auftrag“. Er müsse ja nun auch prüfen, welche der Panzer einsatzfähig seien – und das abgestimmt mit den Partnern.
Dass eine Regierung ihrer Bevölkerung mit Schutzbehauptungen kommt, ist nichts Neues. Aber mit diesem Konstrukt glaubt die Regierung Scholz ernsthaft, die Staats- und Regierungschefs in Washington, London, Paris, Warschau und Riga täuschen und hinhalten zu können. Doch es scheitert. Schon nach wenigen Tagen. Ob es nicht offenkundige Ausreden seien, will Will wissen. Und Pistorius sagt Sätze wie: „Das kann man so sehen.“ „Das kann man so oder so beurteilen.“ Oder: „Die Faktenbasis ist ja keine, die statisch ist.“
Gerne würde Pistorius den starken Mann geben. Deshalb versucht er es mit dem Satz: „Deutschland steht an der Spitze derjenigen Länder in der Welt, das die Ukraine unterstützt.“ Dann macht er eine Atempause. Oder vielleicht doch eine Denkpause? Und schiebt nach: Nur die USA und Großbritannien machten mehr. Pistorius hat schon nach einer halben Woche den Lauterbach-Effekt erreicht: Während er einen Satz sagt, weiß er nicht nur, dass der Quatsch ist. Sondern, dass der Satz ein solcher Quatsch ist, dass er wirklich niemandem zu verkaufen ist.
Scholz habe den „Anspruch, nicht Kriegspartei werden zu wollen“, sagt Pistorius. Keine zehn Minuten später behauptet SPD-Chef Lars Klingbeil: „Es gibt keine roten Linien“ in der Unterstützung der Ukraine. Weniger als 600 Sekunden. So lange dauert es, bis sich zwei Sozialdemokraten in der gleichen Sendung widersprechen. Der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter kommentiert noch zurückhaltend: „Der Einblick des Zauderns ist entstanden.“