Tichys Einblick
Keine Kürzungen im Sozialetat

Bei Maischberger: SPD-Chef Klingbeil möchte wegen der Ukraine neue Schulden

Lars Klingbeil will die Schuldenbremse aussetzen, vorgeblich um die Ukrainehilfen zu finanzieren. 22 Monate nach Beginn des Krieges erkennt er, der sich sonst gegen Waffenlieferungen einsetzt, eine „Notlage“. Doch eigentlich geht es ihm darum, noch mehr Steuergeld in den Konsum zu stecken. Von Fabian Kramer

Screenprint ARD

Es ist in diesen Krisenzeiten nicht leicht, SPD-Vorsitzender zu sein. Lars Klingbeil hat mit Kanzler Olaf Scholz nicht gerade das Hauptlos gezogen. Denn für einen Kanzler in die Bresche zu springen, der sich tagelang nicht rührt, geht mutmaßlich an die Substanz. Umso wohltuender ist es, dass Klingbeil wenigstens eingesteht, dass die Ampel Mist gebaut hat. Allerdings dürften die Lösungsansätze der SPD die Krise in Deutschland weiter verschlimmern. Es soll ein neuer Haushaltstrick zur Aufführung kommen: neue Schulden wegen der „Notlage“ in der Ukraine.

Ampel-Haushaltstrick war ein Fehler

Für die Koalitionäre könnte das Endstadium ihrer Koalition angebrochen sein. Das vernichtende Urteil, welches ihnen die Richter aus Karlsruhe vor den Latz geknallt haben, könnte das Aus der sogenannten „Fortschrittskoalition“ besiegeln. Die Koalition sitzt finanziell auf dem Trockenen. SPD-Chef Lars Klingbeil sieht die von der Ampel herbeigeführten Kreditermächtigungen im Nachhinein als falsch an. „Es war ein Fehler, es so zu machen“, gibt Klingbeil zu. Eine späte, vom Bundesverfassungsgericht erzwungene Einsicht.

Dieser Fehler hat die ohnehin schon völlig zerstrittene Koalition in eine schwere Krise geführt. „Es ist gerade die innenpolitisch größte Krise der Ampel“, äußert Klingbeil das Offensichtliche. Das will bei dieser Koalition etwas heißen. Schließlich zofft sich die Ampel seit Beginn der Regierungszeit und Krisen gibt es eigentlich immer. Migration, Ukraine und Inflation sind drängende Probleme. Probleme, für die man sehr viel finanziellen Spielraum braucht. Dieser Spielraum ist nun erheblich verkleinert worden.

Trotz der misslichen Lage ist Klingbeil zuversichtlich, dass die Ampel zügig einen Haushalt auf die Beine stellt. Er rechne damit, dass vor Jahresfrist ein neuer Entwurf für den Bundeshaushalt steht, sagt Klingbeil. Im Moment sei man allerdings noch auseinander, muss er einräumen. Dies leuchtet ein. Die FDP dürfte durch das Urteil aus Karlsruhe geschockt sein und Finanzminister Lindner seine Felle davonschwimmen sehen. Eine Mitgliederbefragung innerhalb der FDP ist im Gange und die Basis könnte den Daumen senken, was die Fortführung der Chaos-Koalition anbelangt. Deshalb werden die Freidemokraten in der Koalition den Rotstift im ausufernden Sozialetat ansetzen wollen, um sich wieder neu zu profilieren. „Wir hatten ein Jahr von Streit geprägt“, meint Klingbeil. Die nahe Zukunft dürfte von weiterem Streit geprägt sein.

Neue Schulden wegen der Ukraine

Die SPD und Lars Klingbeil scheinen aus dem Karlsruher Urteil gelernt zu haben, dass Verschuldung in Ordnung geht, solange sie gut begründet ist. Deshalb möchte der SPD-Chef für das kommende Jahr eine Notlage wegen des Krieges in der Ukraine beschließen, um fleißig weiter an der Schuldenuhr drehen zu können. „Ich möchte, dass die Unterstützung für die Ukraine weitergeht“, sagt Klingbeil pathetisch. Er lässt allerdings einen weiten Interpretationsspielraum offen. Sind damit nur die direkten Hilfen für die Ukraine gemeint? Oder meint er damit, dass sämtliche Sonderausgaben der Regierung, die zu neuen Schulden führen, mit Verweis auf die Ukraine begründet werden sollen?

Wahrscheinlich ist es das Zweite. Auch könnte man Milliarden im Sozialetat freimachen, indem man die Kosten für die eine Million ukrainischer Kriegsflüchtlinge mit Schulden finanziert. Dass einige dieser Flüchtlinge Arabisch sprechen, wird dann einfach hingenommen. Der Plan der SPD scheint es zu sein, alle Vorhaben, die nun im Feuer stehen, durch einen neuen Trick zu ermöglichen. Denn die SPD denkt gar nicht daran, sich an eine strenge Schuldenbremse zu halten. Oder einen soliden Haushalt vorzulegen.

Klingbeil will Aussetzung der Schuldenbremse

Die vermaledeite Schuldenbremse steht den Genossen um Obergenosse Klingbeil im Weg, um ihre Fantasien von Investitionen zu verwirklichen. Weil Klingbeil glaubt, zukünftig Arbeitsplätze zu verlieren, weil Deutschland nicht schnell genug die „klimaneutrale“ Transformation der Wirtschaft vollziehe, soll die Schuldenbremse weichen. „Wir brauchen Investitionen für die Transformation unseres Landes“, sagt er. Allerdings verwechselt der SPD-Politiker Investitionen mit Konsum. Der überwältigende Teil des Haushalts fließt nicht in Investitionen wie Infrastruktur, Bildung usw., sondern wird als Subvention oder Umverteilungsmaßnahme konsumiert.

Eine Investition bildet einen volkswirtschaftlichen Kapitalstock. Eine sogenannte Investition in Wärmepumpen und E-Mobilität schafft keinen volkswirtschaftlichen Mehrwert, sondern ist Finanzierung grüner Träume und von Konsum, weil funktionierende Heizungen und Autos zerstört und ersetzt werden. Deutschland kann sich in Zeiten knapper Kassen keine unnötigen Subventionen für die politischen Experimente Wohlmeinender leisten. Vielmehr sollte sich Klingbeil an seine eigenen Worte aus der Sendung halten: „Jede Million zählt.“   

Koalition am Ende?

Die politischen Beobachter bei Maischberger sind sich in der Einordnung der Krise der Ampel ziemlich einig. „Es sah schon mal besser aus“, findet ARD-Hauptstadtkorrespondentin Julie Kurz. Auch die Zukunft dürfte wenig Freundliches bereithalten. Zwar verhandelten alle drei Parteien nun, aber es gebe eben nichts zu gewinnen, sagt Kurz weiter. Weil es mit dieser Regierung nur noch holprig läuft, stellt sich zwangsläufig die Frage nach einer Alternative. Könnte es die Opposition besser? Komiker Oliver Kalkofe zweifelt daran: „Es ist keiner da, der es besser machen könnte“, meint er. Offenbar will er seinem Berufsstand zur Ehre gereichen, denn besser als aktuell könnte es so ziemlich jede Regierung. Ihm fehlt es an der nötigen politischen Fantasie.

In Ländern wie den Niederlanden haben die Wähler bei der letzten Wahl sehr fantasievoll gewählt und Geert Wilders einen triumphalen Erfolg beschert. Auch in Deutschland dürfte der eine oder andere Wähler bei der nächsten Wahl kreativer werden und sein Kreuz woanders setzen. „Die Grünen und die SPD wollen die Sozialausgaben erhöhen und die FDP will es verhindern“, erklärt FAZ-Journalistin Helene Bubrowski das Offensichtliche. Nun gut, die FDP, so könnte man einwenden, versucht es nicht wirklich erfolgreich. Ab nächstem Jahr steht eine fette Erhöhung des „Bürgergeldes“ von 12 Prozent ins Haus und die Freidemokraten haben dem zugestimmt.

Der Problemkanzler

Neben dem Krach in der Ampel gibt es noch die traurige Figur des Kanzlers. Oliver Kalkofe fasst Scholzens kommunikative Fähigkeiten so zusammen: „Nach 16 Jahren Merkel habe ich ehrlich gedacht, dass eine schlechtere Kommunikation nicht möglich wäre, aber Scholz unterbietet sie tatsächlich.“ Scholz hatte sich in der Tat nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in den Plenarsaal des Reichstages gestellt und kein einziges Wörtchen des Bedauerns verkündet. Für Julie Kurz ist es eine Sache mangelnden Respekts. „Der Kanzler stellt sich als unfehlbar dar“, meint sie über Scholz.

Hinzu kommt, dass die Idee für den Trick mit den widerrechtlichen Kreditermächtigungen auf Scholz’ Mist gewachsen ist. „Die Idee kommt aus seinem Ministerium“, erklärt Bubrowski. Denn Olaf Scholz war der Finanzminister, der in Corona-Zeiten die Schulden aufnahm. Jetzt steht er vor den Trümmern seiner Kanzlerschaft.

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