Die politische Landkarte der Bundesrepublik hat sich binnen weniger Monate drastisch gewandelt. In den Umfragen kommt die AfD schon beinahe in Schlagdistanz zur Union. Die amtierende Regierung hat so viel Vertrauen verspielt wie keine Regierung zuvor. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder von der CSU ist in dieser Gemengelage zu Gast bei Maischberger.
Hart kritisiert er den Heizungshammer der Chaos-Ampel. „Es ist ein absolutes Desaster“, kommentiert er das Gesetz. Damit trifft er den Nagel auf den Kopf. Millionen Bundesbürger bangen durch das öko-sozialistische Albtraum-Gesetz um den Wert ihres Eigenheims.
Das Gesetz des grünen Ministers Robert Habeck meißelt staatliche Bevormundung der häuslichen Energiequelle in verbindlichen Gesetzestext. Es soll ein ideologisch-verbrämtes „Lex Wärmepumpe“ entstehen, ohne die technologischen und gebäudetechnischen Voraussetzungen in Deutschland zu berücksichtigen. Dabei wissen die Grünen aus eigener Erfahrung, wie vertrackt ein Heizungsaustausch sein kann. „Die Grünen haben es drei Jahre nicht hinbekommen, wie sollen es die Bürger schaffen?“, spielt Söder auf diese Skurrilität an; denn die Grünen versuchen seit drei Jahren, eine Wärmepumpe in ihre Parteizentrale einzubauen.
Die geplante soziale Abfederung im Gesetz geht Söder nicht weitgehend genug. „Ein großer Teil der Normalverdiener wird nicht so viel profitieren“, meint Söder. Wohl wahr. Es ist äußerst fraglich, ob überhaupt jemand profitiert. Denn selbst bei großzügigster Förderung besteht das Problem, dass wir gar nicht genug vorgeblich günstigen, regenerativen Strom für die Wärmepumpen haben. Denn wenn der CO2-Preis mal scharf gestellt ist und die Wärmepumpe eben doch mit Kohlestrom laufen muss, weil der Wind und die Sonne versagen, dann wird es teuer. Zum Ende dieses Jahres steigt der CO2-Preis noch einmal deutlich, von 30 Euro auf 45 Euro pro Tonne. Brüsseler Bürokraten und grünen Klimaideologen sei Dank.
Söder bemängelt Niedergang Deutschlands
Deutschland und seiner Wirtschaft geht es schlecht. Die letzten drei Quartale in Folge ist die deutsche Wirtschaft geschrumpft. Wir befinden uns in einer Rezession. Seit 2019 ist die Wirtschaft nicht mehr gewachsen. Die unternehmerfeindliche Politik der deutschen Regierung gefährdet unseren Wohlstand und unsere Wettbewerbsfähigkeit. Immer höhere Steuern, die lähmende Bürokratie und die horrenden Energiekosten treiben die Unternehmen ins Ausland. Vom Exportweltmeister verkommt Deutschland wegen der Regierung zum nervigen „Moralweltmeister“.
Auch Söder geht der überbordende Moralismus der Regierung gegen den Strich. „Man will der Musterknabe der Welt sein“, bemängelt er. Für ihn ist klar, wer in der Regierung die Hauptverantwortung für die Hinrichtung zum naiven Gutmenschentum trägt. „Die Grünen sind der dominante Teil der Regierung“, konstatiert der Ministerpräsident. Die wirtschaftliche Lage im Lande beurteilt er skeptisch. „Wir werden schwächer“, sagt Söder. „Die Industrie wandert ab“, stellt er fest.
Alles schön und gut, allerdings sollte man ihn und die Union nicht aus der Verantwortung lassen. Der folgenschwere Atomausstieg, die fehlende Bereitschaft, Bürokratie und Abgabenlast zu senken, und die verschlafene Digitalisierung geschahen unter 16 Jahren Kanzlerschaft der Union. Gerade Söder hat bei vielen Fehlentscheidungen eifrig geholfen. Der Atomausstieg konnte dem damaligen Umweltminister Bayerns nicht zügig genug gehen.
Heute möchte er von diesem Fauxpas freilich nichts mehr wissen. Im Gegenteil, denn Söder vertritt jetzt die Pro-AKW-Seite. Die marode Infrastruktur, das zerstörte Bildungswesen: Alles, alles konnte nur durch die Jahre der Unions-Kanzlerin Merkel so weit kommen.
„Die AfD ist die fünfte Kolonne Moskaus“
In Zeiten von grottenschlechter Regierungsleistung profitiert zwangsläufig die Opposition. Wenn man den Blick auf die Umfragen richtet, ist der größte Profiteur die AfD. Die Partei schafft es augenscheinlich, die glaubhafte Opposition zur Ampel zu sein. Die Union hingegen stagniert. Markus Söder will an diesem Abend die AfD schwächen, indem er sie mit Dreck bewirft.
„Es ist die fünfte Kolonne Moskaus“, poltert er in Richtung AfD. Ziemlich harter Tobak und äußerst scheinheilig. Denn die Abhängigkeit vom Despoten Putin wurde gerade während der Merkel-Ära vertieft. Und allen voran Bayern bezog reichlich fossile Rohstoffe aus Putins Reich. Da sollte man mit solchen Anschuldigungen eher zurückhaltend umgehen.
Da die AfD für Söder außerhalb des demokratischen Spektrums steht, hat er noch diese Weisheit zu bieten: „Die beste Lösung gegen Antidemokraten ist gute Demokratie.“ Ein irritierender Satz, da wir eigentlich in einer lebendigen Demokratie leben (sollen) und andere Parteien, auch wenn lästig, in der Regel Demokraten sind. Doch Söder hält an seiner These fest: „Die AfD ist der Systemfeind.“
An diesem Abend wird das ganze Dilemma der Union deutlich. Zwar wird die Regierung kritisiert, doch gleichzeitig fehlt die Machtoption jenseits der öko-sozialistischen Parteien, weil die AfD als Partner nicht in Betracht kommt. Diese Partei und deren Wählerschaft wird ignoriert und die Union verunglimpft sie. Es scheint zweifelhaft, ob dieser inhaltliche Wischi-Waschi-Kurs beim Wähler auf Begeisterung stößt. Es schließt sich logisch fast schon aus, gegen die Grünen und die AfD zu sein.
Denn irgendwo muss eine Partei Schnittmengen mit anderen finden. Diese Schnittmengen wollen auch potenzielle Wähler. Die Union muss sich entscheiden. Entweder einen richtigen Konfrontationskurs zur grünen Ampel einschlagen und die sichtbare Opposition sein, oder seine Opposition durch Abgrenzung zur AfD unglaubwürdig machen. Söder kann zwar in Bayern durch seine Anti-Berlin-Rhetorik punkten und steht in den Umfragen um die 40 Prozent. Doch ein immer populärerer Aiwanger und die Freien Wähler graben ihm das Wasser ab. Und ein Wahlergebnis von 40 Prozent für die CSU ist in diesen Jahren vielleicht ein gutes Ergebnis für die CSU, doch es ist nicht lange her, da wäre ein Söder vom Hof gejagt worden, für ein Ergebnis, das von der absoluten Mehrheit so weit entfernt ist.
Nicht die AfD ist schuld an ihren starken Ergebnissen
Der öffentlich-mediale Komplex schwingt moralisch gerne die grobe Keule. Da sind Parteien, die in den Umfragen von jedem Fünften gewählt werden, schon mal außerhalb des demokratischen Spektrums. Der Schauspieler Walter Sittler hat nicht viel übrig für die AfD und sieht in ihr gar einen Feind der Demokratie. „Der Feind der Demokratie ist die Partei mit dem F in der Mitte“, meint er. Sittler hält es für gegeben, sich als Gesellschaft gegen eine starke AfD zu stellen. „Wir haben eine Aufgabe, die AfD zurückzudrängen“, fordert er.
Er unterschlägt allerdings den Grund für die starke AfD, nämlich die Ampel. Vielleicht wäre es ratsamer, den Blick auf die Regierung zu lenken. „Wenn Wähler merken, dass sie keinen grünen Punkt mehr finden, verlieren sie ihr Vertrauen“, meint die Deutschlandfunk-Journalistin Katharina Hamberger. „Es ist eine schwierige Konstellation“, analysiert die Welt-Journalistin Hannah Bethke.
Sollte sich die Union als bissige Opposition aufführen, um der Ampel die Stimmen zu klauen? Für Walter Sittler ein No-Go. „Sie betreiben Populismus“, findet er. Dieser sei schlichtweg böse. „Das Land können nur die Bürger retten“, meint er pathetisch. Damit liegt er richtig. Dies tun die Bürger auch, nur anders als es Sittler lieb ist. Sie entziehen der Ampel ihr Vertrauen.
Für Bethke grenzt sich die Merz-CDU genug vom Populismus ab. „Die CDU bedient nicht nur populistische Töne“, argumentiert sie. Die Erklärung von Merz, die Grünen zum Hauptgegner in der Bundesregierung zu machen, findet sie richtig. „Seine Kritik an den Grünen ist berechtigt“, beurteilt sie. Man mag den Einschub unterbringen, dass es dieser Kritik an Glaubwürdigkeit fehlt. In etlichen Bundesländern wird mit den Grünen koaliert und nach der nächsten Bundestagswahl sind die Grünen ein möglicher Partner.
Es bleibt festzuhalten, dass für viele „Medienschaffende“ die AfD eine Gefahr für die Demokratie ist. Das fatale Handeln der Regierung wird beschönigt. So fehlt der Blick für die Ursachen für das Erstarken von Rechtsaußen. Wer eine Politik gegen die Mehrheit macht, bekommt seine Quittung durch die Protestwahl. Die AfD fungiert als Auffangbecken für Gegner der Regierungspolitik. Sie wird weiter wachsen, wenn nicht die Union ihre Rolle als Gegenspieler der Ampel wahrnimmt.