Sandra Maischberger spielt ihr Lieblingsspiel: eine Runde mit schnellen Antworten. Eigentlich ein Genre, an das sich Politprofis längst gewöhnt haben und in dem sie nicht mehr viel von sich verraten. Friedrich Merz offenbart sich bei Maischberger aber als der politische Pudding, auf dem momentan die CDU aufbaut:
Soll Deutschland ins Fracking einsteigen? Also das eigene Gas aus der Erde holen. Das „ist eine Option“. Friedrich Merz sagt nicht nein, aber halt auch nicht ja. Soll Deutschland seine Atomkraftwerke länger laufen lassen? Das sehe er so wie Greta Thunberg. Also ja. Der CDU-Vorsitzende rechtfertigt seine politische Positionierung mit der Äußerung einer hauptberuflichen Klima-Aktivistin aus Schweden und ist dann noch stolz darauf, dass er sich für eine kürzere Laufzeitverlängerung als sie ausspricht. Soll es weiter eine Maskenpflicht in Bahn und Bussen geben? Er hoffe, dass das bald nicht mehr nötig sei. So sind Probleme Friedrich Merz am liebsten – wenn sie sich erledigen, ohne dass er sich festlegen muss.
Maischberger konfrontiert Merz mit Umfragen: 62 Prozent Anerkennung für Merkel vor der Landtagswahl in Niedersachsen. Nur 28 Prozent für Merz jetzt. Das sei unfair, Äpfel mit Birnen verglichen, klagt Merz. Merkel habe von ihrem Amt profitiert, das könne er als Oppositionsführer nicht. An der Stelle merkt er es. Trotzdem hat sich Merz von Merkel den Führungsstil abgeschaut.
Dabei ist Merz ein Schönredner: „Das Jahr 2022 geht nicht so schlecht für uns zu Ende.“ Seine Partei sei in den Umfragen stabil vor SPD und Grünen. Eine Einschätzung, zwei Tage nach einer Wahl, bei der die CDU massiv Stimmenanteile verloren hat – bei rückläufiger Wahlbeteiligung. Er habe gesagt, die Zweitstimme in Niedersachsen sei eine Stimme für die Union in Deutschland, erinnert ihn Maischberger. Das habe er so nicht gesagt? Doch. Ja schon, aber, und Ministerpräsident Stephan Weil habe ja und nein. Um es abzukürzen: Friedrich Merz windet sich wie ein Pudding an der Gabel. Bei der Bundestagswahl sei das Landesergebnis der CDU in Niedersachsen noch schlechter gewesen als jetzt bei der Landtagswahl. Merz scheint mit wenig zufrieden.
Was Merz am dringlichsten fehlt, ist ein klarer Kompass. Deswegen reagiert er auf die Themen gerade so, wie sie kommen. Das macht ihn angreifbar. Maischberger konfrontiert ihn mit einer Grafik, nach der die CDU in Niedersachsen 40.000 Wähler an die AfD verloren hat. Daraus entwickelt die Moderatorin eine Debatte dazu, dass Merz mit seinen Aussagen zum Asylthema „der AfD den Weg geebnet“ habe.
45.000 Wähler hat die CDU nach der gleichen Grafik an die Grünen verloren. 55.000 an die Nichtwähler. Hat die CDU zu viele Bürger enttäuscht, sodass die gar nicht mehr zur Wahl gegangen sind? Und warum? Hat sich die CDU den Grünen zu nahe genähert, sodass sich 45.000 gleich für das Original entschieden haben? Von einer ARD-Moderatorin sind solche Fragen nicht zu erwarten, die eine zu grüne Politik der CDU in Frage stellen. In der ARD wird die CDU nie grün genug sein, nie links genug. Maischberger rückt daher wie schon zuvor Anne Will den AfD-Effekt in den Vordergrund, obwohl er kleiner war als bei den Grünen und den Nichtwählern.
Inhaltlich gelingt es Merz in der Show sogar darzustellen, dass es ihm darum geht, dass andere Asylbewerber – nicht aus der Ukraine – den Staat überlasten könnten. Doch vom Eindruck her bleibt ein Mann, der sich von der Moderatorin in die Ecke hat drängen lassen. Merz mag manchmal den harten Mann spielen. Ab und an vielleicht sogar glaubwürdig. Aber eigentlich ist er politisch ein Pudding.