Nach gut 20 Minuten rechnet der Zuschauer mit Claudia Roth. Wenn sie noch ans Mikrofon treten, singen und tanzen würde, dann wäre der grüne Parteitag komplett. Doch es ist eine Ausgabe von „Maischberger“. Wenn auch eine schwer erträgliche, so einseitig wie sie verläuft. Das beginnt schon mit der Besetzung des Journalisten-Panels. Der Gag „Drei Stühle eine Meinung“ mag alt und abgestanden sein – aber noch immer erfrischender und erhellender als diese Runde.
Sabine Adler vom Deutschlandfunk liegt voll auf dieser Rolle. Sie ist am Tisch die blasseste. Auch im Gesicht. Ihrer Aufgabe, Habeck zu loben, kommt sie bestens nach: Durchs Energiesparen würden die Menschen doch so viel sparen, da habe Habeck recht, da „sind 50 Euro zu viel“ als zusätzlicher Anreiz. Man könnte sich jetzt über so viel Arroganz aufregen. Man kann aber auch Sinnstiftung in einem solchen Auftritt suchen: Etwa wie gut solch abgehobene Aussagen das schwindende Zuschauerinteresse an Talkshows erklären. Am Dienstag wollten jeweils weniger als 1,3 Millionen Menschen Lanz und Maischberger sehen.
In dem Ausschnitt, den Maischberger einspielt, ist ein Patient zu sehen, der sich dabei filmen lässt, wie er Herzrasen hat. Herzrasen gehöre zu den Symptomen von Long Covid, berichtet Hirschausen. Im Film ist nicht zu sehen, dass dem Patienten jemandem bei seinem Herzrasen hilft. Außerhalb seiner Dreharbeiten sei das auch so, sagt Hirschhausen. „Long Covid“-Patienten hätten keine „Anlaufstelle“. Wäre spannend zu wissen, ob sie mit einer Erkrankung nicht zum Hausarzt gehen können. Doch die Nachfrage erspart Maischberger ihrem ARD-Kollegen und Stargast. Auf Impfschäden spricht sie ihn an. Die gebe es, räumt Hirschhausen ein, aber er wisse nicht, wie viele Fälle es gebe. Wichtig hingegen ist ihm, dass staatliches Geld in die Behandlung von Long Covid fließe. Das fordert auch die Bill and Melissa Gates Foundation, von der Hirschhausen über seine Stiftung Geld erhält. Gates wiederum ist unter anderem Aktionär von Pfizer.
Maischberger beginnt den Dialog mit der Frage, ob die Gäste damit rechnen, dass die deutschen Atomkraftwerke am Neujahrstag noch laufen: Lang rechnet nicht damit. Frei auch nicht. Damit hat er die Debatte schon verloren, bevor sie angefangen hat. Wie ein Streber, der die Abschlussprüfung verschlafen hat, versucht er noch seine Argumente nachzureichen: Juristisch sei es möglich, die Kraftwerke weiter zu betreiben. Technisch auch. Und es sei schwer, sich vorzustellen, wie die Atomkraftwerke auf der Höhe der Energiekrise abgestellt würden. Doch mit seiner ersten Antwort hat er die fehlende Kampflust der CDU so stark dokumentiert, dass es schwer ist, ihn weiter ernst zu nehmen.
Nun ist es – zugegeben – keine dankbare Aufgabe, in der Vier-gegen-einen-Konstellation die nicht ganz so grüne Position zu vertreten. Bei Lang hakt Maischberger nicht nach. Bei Lang unterbricht Maischberger nicht. Und so darf die dampfplaudern und ihr Programm runterrasseln. Vom Tisch aus applaudiert ihr Hirschhausen. Vom Stuhl aus freut sich Maischberger, dass Hirschhausen Lang vom Tisch aus applaudiert. Und wer will in so einer trauten Runde den Störenfried spielen? Frei ganz sicher nicht.
Wegen der Anwesenheit von Lang debattieren die Nutzer auf Twitter, ob man Politiker aufgrund von Äußerlichkeiten bewerten darf. Man darf, man soll sogar. Zumindest wenn die Körpersprache so verräterisch ist, wie die Freis. Der sitzt mit leicht gebeugtem Kreuz da, faltet die Hände und spricht Lang an in der Hoffnung, ein wenig Zustimmung zu erheischen. Doch die schenkt beim Heimspiel nichts her und wehrt alles ab. Daraufhin bettelt Frei: „Das ist doch keine harte Kritik“, und will Verständnis für seine Rolle, die nicht ganz so grün ist wie der Rest des Maischberger-Casts. Und es stellt sich die Frage, ob man noch weiter zu den 1,2 Millionen Zuschauern gehören will.