Tichys Einblick
Energie-Krise

Bei Maischberger: ARD-Star Hirschhausen fordert Nachbarschaftswache bei Stromverbrauch

Vier Grüne und ein Totalausfall. Die Debatten bei "Maischberger" sind so einseitig, dass sie den Zuschauern wenig bringen - außer ein drastisches Beispiel dafür, wie offensichtlich parteiisch die ARD mittlerweile ist.

Screenprint ARD / Maischberger

Nach gut 20 Minuten rechnet der Zuschauer mit Claudia Roth. Wenn sie noch ans Mikrofon treten, singen und tanzen würde, dann wäre der grüne Parteitag komplett. Doch es ist eine Ausgabe von „Maischberger“. Wenn auch eine schwer erträgliche, so einseitig wie sie verläuft. Das beginnt schon mit der Besetzung des Journalisten-Panels. Der Gag „Drei Stühle eine Meinung“ mag alt und abgestanden sein – aber noch immer erfrischender und erhellender als diese Runde.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Das Thema lautet Klimaschutz. Gebräunte und gut gekleidete Medienvertreter singen das Lied vom Verzicht. Die Anordnung an diesem Tisch ist immer gleich. Vom Zuschauer aus rechts steht der prominenteste, zugkräftigste Vertreter. Meistens ist es ein Mann. In dieser Sendung der Arzt und ARD-Showmaster Eckart von Hirschhausen. In der Mitte hockt ausnahmslos immer eine Journalistin. Die ist in der Regel recht unbekannt, hilft der Sendung dabei, ihr Quotenziel zu erreichen, ist aber vor allem in der Show, um Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zu loben.

Sabine Adler vom Deutschlandfunk liegt voll auf dieser Rolle. Sie ist am Tisch die blasseste. Auch im Gesicht. Ihrer Aufgabe, Habeck zu loben, kommt sie bestens nach: Durchs Energiesparen würden die Menschen doch so viel sparen, da habe Habeck recht, da „sind 50 Euro zu viel“ als zusätzlicher Anreiz. Man könnte sich jetzt über so viel Arroganz aufregen. Man kann aber auch Sinnstiftung in einem solchen Auftritt suchen: Etwa wie gut solch abgehobene Aussagen das schwindende Zuschauerinteresse an Talkshows erklären. Am Dienstag wollten jeweils weniger als 1,3 Millionen Menschen Lanz und Maischberger sehen.

Die Abwrackung der Mittelschicht
Gas bald für viele unbezahlbar: Die Ampel lässt die Bürger in den Ruin laufen
Wie das Verständnis für und von den Zuschauern an diesem Tisch ist, zeigt dann Hirschhausen. Der Arzt fordert soziale Kontrolle bei der Stromabrechnung. Die Kunden sollten erfahren, was der Nachbar an Strom verbrauche, um sie selbst zum Sparen zu motivieren. In der Sendung ist Hirschhausen, um seine jüngste Dokumentation zu bewerben. Sie handelt von Patienten mit „Long Covid“, also Langzeitschäden nach einer Corona-Infektion. Diese Menschen würden in der Öffentlichkeit nicht beachtet werden. Es ist bereits der zweite Film, den Hirschhausen über Long Covid gedreht hat.

In dem Ausschnitt, den Maischberger einspielt, ist ein Patient zu sehen, der sich dabei filmen lässt, wie er Herzrasen hat. Herzrasen gehöre zu den Symptomen von Long Covid, berichtet Hirschausen. Im Film ist nicht zu sehen, dass dem Patienten jemandem bei seinem Herzrasen hilft. Außerhalb seiner Dreharbeiten sei das auch so, sagt Hirschhausen. „Long Covid“-Patienten hätten keine „Anlaufstelle“. Wäre spannend zu wissen, ob sie mit einer Erkrankung nicht zum Hausarzt gehen können. Doch die Nachfrage erspart Maischberger ihrem ARD-Kollegen und Stargast. Auf Impfschäden spricht sie ihn an. Die gebe es, räumt Hirschhausen ein, aber er wisse nicht, wie viele Fälle es gebe. Wichtig hingegen ist ihm, dass staatliches Geld in die Behandlung von Long Covid fließe. Das fordert auch die Bill and Melissa Gates Foundation, von der Hirschhausen über seine Stiftung Geld erhält. Gates wiederum ist unter anderem Aktionär von Pfizer.

Keine Klimaschutz-, sondern Anti-Atompartei
Das ABC von Energiewende und Grünsprech 103 – Ersatzkraftwerkebereitstellungsgesetz
Die Corona-Debatte ist aber nur ein kurzer Abstecher. Geschuldet den Vermarktungsinteressen des Stargastes. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob die verbliebenen deutschen Atomkraftwerke länger laufen sollen. Dafür ist die Vorsitzende der Grünen Ricarda Lang eingeladen und der parlamentarische Geschäftsführer der Bundestags-CDU, Thorsten Frei. Doch der stört das grüne Gleichgewicht der Sendung nicht. Dafür ist er zu sehr CDU 2022. Zu sehr Leichtgewicht: Ein wenig motzen, weil es dazu gehört, aber sonst auch grüne Positionen vertreten.

Maischberger beginnt den Dialog mit der Frage, ob die Gäste damit rechnen, dass die deutschen Atomkraftwerke am Neujahrstag noch laufen: Lang rechnet nicht damit. Frei auch nicht. Damit hat er die Debatte schon verloren, bevor sie angefangen hat. Wie ein Streber, der die Abschlussprüfung verschlafen hat, versucht er noch seine Argumente nachzureichen: Juristisch sei es möglich, die Kraftwerke weiter zu betreiben. Technisch auch. Und es sei schwer, sich vorzustellen, wie die Atomkraftwerke auf der Höhe der Energiekrise abgestellt würden. Doch mit seiner ersten Antwort hat er die fehlende Kampflust der CDU so stark dokumentiert, dass es schwer ist, ihn weiter ernst zu nehmen.

Energie-Krise
Nun ist es – zugegeben – keine dankbare Aufgabe, in der Vier-gegen-einen-Konstellation die nicht ganz so grüne Position zu vertreten. Bei Lang hakt Maischberger nicht nach. Bei Lang unterbricht Maischberger nicht. Und so darf die dampfplaudern und ihr Programm runterrasseln. Vom Tisch aus applaudiert ihr Hirschhausen. Vom Stuhl aus freut sich Maischberger, dass Hirschhausen Lang vom Tisch aus applaudiert. Und wer will in so einer trauten Runde den Störenfried spielen? Frei ganz sicher nicht.

Wegen der Anwesenheit von Lang debattieren die Nutzer auf Twitter, ob man Politiker aufgrund von Äußerlichkeiten bewerten darf. Man darf, man soll sogar. Zumindest wenn die Körpersprache so verräterisch ist, wie die Freis. Der sitzt mit leicht gebeugtem Kreuz da, faltet die Hände und spricht Lang an in der Hoffnung, ein wenig Zustimmung zu erheischen. Doch die schenkt beim Heimspiel nichts her und wehrt alles ab. Daraufhin bettelt Frei: „Das ist doch keine harte Kritik“, und will Verständnis für seine Rolle, die nicht ganz so grün ist wie der Rest des Maischberger-Casts. Und es stellt sich die Frage, ob man noch weiter zu den 1,2 Millionen Zuschauern gehören will.

Anzeige
Die mobile Version verlassen