Tichys Einblick
Abgehobene Elite

Bei Illner: Wenn das Volk den Aufstand probt

Joe Biden greist durchs Weiße Haus. Emmanuel Macron verzockt seine Macht. Die politische Klasse versteht nicht, warum die Wähler sie nicht wollen. Kommen die AfD oder das BSW in Zukunft an die Macht? Von Fabian Kramer

Screenshot ZDF

Falsche Selbstwahrnehmung und ein schlechtes Umfeld können einen Politiker zu Größenwahn verleiten. Emmanuel Macron und Joe Biden scheinen in die Falle des politischen Narzissmus und der Selbstüberschätzung getappt zu sein. Beide halten sich für unverzichtbar in ihrer Stellung und glauben, dass nur sie für das Volk sprechen können. Was bei dem einen der Altersstarrsinn ist, ist bei dem anderen die totale Selbstüberschätzung.

Die Bevölkerung in Frankreich und den USA hat inzwischen genug von Macron und Biden. Der Wähler schüttelt mit dem Kopf und macht sein Kreuz bei der Konkurrenz. Die Illner-Sendung geht der Frage nach, welche Ursachen das Erstarken von Trump und Le Pen haben. Trump und Le Pen werden dabei als Nationalisten verschrien und es wird vor dem Ende der Demokratie gewarnt. Leider sitzt in der Runde jene gesellschaftliche und politische Kaste, die es eben genau nicht versteht, wieso der Wähler aufbegehrt. Es sind die etablierten Politiker der etablierten Parteien und die etablierten politischen Beobachter der etablierten Institutionen.

Natürlich wird Biden für sein Alter kritisiert und Macron für seine Arroganz, aber es fehlt jegliches Bewusstsein für die politischen Fehlentwicklungen der letzten Jahre in der westlichen Welt. Die Talkrunde verkommt deshalb zu einer Selbsthilfegruppe, die sich widerwillig müht, sich dem veränderten Wählerwillen zu nähern.

Wie ein TV-Duell die US-Wahl entscheiden könnte

Joe Bidens Alter ist fast schon biblisch und so präsentierte er sich auch bei seinem ersten TV-Duell mit Kontrahent Trump. Er wirkte wie ein gebrechlicher alter Mann, der nicht mehr Herr über seine Sinne ist. Nach dem Desaster für Biden herrscht Panik bei der deutschen Politik. Trump könnte wieder Präsident werden. „Kurz vor einer Wahl die Pferde umzusatteln, ist schwierig“, meint der SPD-Politiker Michael Roth zur Lage der US-Demokraten. Ein anderer demokratischer Bewerber, der wie Kai aus der Kiste kommt, wird gewünscht. Denn ein Präsident Trump wäre ziemlich anstrengend für die deutsche Politik. Der Republikaner hat klare Vorstellungen von bilateralen Beziehungen und diese beinhalten Forderungen an die europäischen Partner. Eine davon ist, dass sich Europa um seine Sicherheit selbst kümmert.

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Da Sicherheit einen hohen Preis hat und die Bundesregierung derzeit nicht im Geld badet, drohen finanzielle Verwerfungen. Deshalb wird gehofft, dass Biden nicht der Gegner von Trump wird. „Wenn sie nicht wechseln, wird Trump gewinnen“, mutmaßt CDU-Politiker Norbert Röttgen. Er sieht für einen neuen Kandidaten gute Chancen. „Die Mehrheit will beide nicht“, glaubt Röttgen. Aber wer könnte statt Biden überhaupt in Frage kommen? In den USA hängt vieles vom Geld ab. Die Großspender der Parteien entscheiden maßgeblich über das Wohl und Wehe eines Kandidaten. „Wenn die Geldgeber abspringen, könnte es zu einem schnellen Wechsel kommen“, schätzt der CNN-Journalist Frederik Pleitgen die Lage ein.

Der Wechsel müsste tatsächlich sehr schnell vollzogen werden. Mitte August findet der demokratische Nominierungsparteitag statt. Bis dahin braucht es die Einsicht von Joe Biden, dass er zu alt für eine zweite Amtszeit ist. Denn nur Joe Biden kann sich aus dem Rennen nehmen. Er ist der Sieger der Vorwahl und muss seinen Verzicht auf die Delegiertenstimmen erklären.

Macron erleidet Schiffbruch

Die Abkopplung von der Realität, wie sie der französische Präsident Emmanuel Macron betreibt, gleicht jenem der deutschen Ampel. Macron ist nach Umfragen auf Platz zwei der unbeliebtesten Staatsmänner in der westlichen Welt. Nur Olaf Scholz ist noch unbeliebter. Wie sein deutsches Pendant hält sich Macron für unfehlbar. Allerdings halten die Wähler ihn für eine Zumutung. Die Europawahl wurde zu einem Fiasko für Macron und zu einem Triumph für Le Pen.

Doch Macron hielt die Europawahl für einen Ausrutscher und setzte Neuwahlen für das Parlament an. Das Ergebnis ist für ihn noch katastrophaler. War er bei der Europawahl immerhin auf Platz zwei gelandet, kommt seine Partei jetzt nur noch auf den dritten Platz. Für Norbert Röttgen ist klar: „Der Präsident ist völlig isoliert.“ Frederik Pleitgen von CNN sieht Macrons falsche Selbstwahrnehmung als Grund für den gewagten Schritt. „Macron ist in Wahrheit wahnsinnig unbeliebt“, erklärt der Journalist das desaströse Ergebnis. Wie unbeliebt er ist, haben ihm die Wähler gezeigt.

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SPD-Mann Michael Roth sieht die Demokratie durch Le Pens Erfolg in Gefahr. „Die liberale Demokratie ist nicht in Stein gemeißelt“, sagt Roth. Neben Le Pen sieht Roth aber auch die französische Linke als eine Gefahr für die Demokratie an. „Da sind Antisemiten, Anti-Europäer und Deutschland-Hasser dabei“, kritisiert der Rheinländer. Mit diesen extrem linken Gruppierungen schließt sich Macron nun aber zusammen, um die Rechten an der Machtübernahme zu hindern.

Auch in Deutschland bildet sich dieser Block bei jeder Wahl, bei der die AfD eine Machtposition übernehmen könnte. Am Ende haben es jedoch die Wähler in der Hand. Diese haben zunehmend keine Lust mehr auf die Teilhabe von Linksextremen an der Macht. Auch die CDU in Deutschland sollte sich fragen, ob es sinnvoll ist, sich mit der Antifa zu verbrüdern.

AfD und BSW bald an der Macht?

Europakritische Parteien sind im Aufwind, nicht nur in Frankreich. Es stellt sich daher die Frage, ob nicht auch bald in Deutschland die AfD oder das BSW an die Macht kommen könnten? Mit Blick auf die Ost-Wahlen lässt sich sagen, dass es momentan danach aussieht, als ob ohne AfD und BSW nicht viel geht. CDU-Politiker Norbert Röttgen hält es für nicht ausgeschlossen, dass die CDU mit dem BSW kooperiert. „Es kann taktisch notwendig sein“, meint er. Das taktische Manöver ist natürlich auf die AfD bezogen. Bevor die CDU mit der AfD gemeinsame Sache macht, geht man doch lieber mit Wagenknecht ins Bett.

Wenn sich dieser Schritt nicht als Sackgasse herausstellen könnte. Denn beim BSW ist bislang wenig über die Programmatik bekannt. Es wird vor allem über Sahra Wagenknecht gesprochen. Michael Roth sieht darin die Stärke des BSW. „Wagenknecht ist eine charismatische Führung“, findet der SPD-Mann. Aus der Sicht von Roth ist das BSW auch nur ein geringeres Übel im Vergleich zur AfD. „Sie sind weniger rassistisch“, bekundet er. Leider versäumen es die Politiker in der Runde, über ihren Anteil an den Erfolgen von AfD und BSW zu sprechen. „Wenn man die AfD in der Debatte inhaltlich stellt, kriegt man sie klein“, erklärt Roth. Politik lebt aber nicht nur von Sonntagsreden, sondern von der Handlung.

Die Bürger sehen tagtäglich, dass die Republik in Grund und Boden regiert wird. Es gibt keinen Bürokratieabbau, Abschiebung von Kriminellen und besseres Internet, wie es von oben versprochen wurde. Bevor die AfD oder das BSW nicht selbst in der Regierung sitzen und dann möglicherweise an der Macht scheitern, wird man beide Parteien nicht klein bekommen. Denn in einer Demokratie ist es auf die Dauer ungesund, einen erheblichen Teil der Wähler von der Macht fernzuhalten.

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