Stunden vor dem Parteitag die Frage zu erörtern „Wer kommt nach Merkel“ ist in etwa so sinnvoll, wie am Freitag die Gewinnzahlen vom kommenden Samstagslotto zu diskutieren. Im ersten Fall lautet die Antwort: Jens Spahn, Annegret Kramp-Karrenbauer oder Friedrich Merz, im zweiten auf jeden Fall Zahlen zwischen 1 und 49.
Wahrscheinlich bekam die Illner-Redaktion deshalb auch nur politische C-Promis in ihre Runde, vom CDU-Rentner Franz-Josef Jung bis zu Thomas Oppermann, SPD, der wohl jedes Sitzungsgeld gern mitnimmt. Außerdem hat er eh nichts zu tun. Diana Kinnert ist gerade mal Ende Zwanzig, da muss man annehmen, wenn eine Einladung in eine bundesweit ausgestrahlte Sendung kommt. Außerdem steht sie für die neue, grüne CDU. Ihre Websites newsgreen und globalo news zeigen, hier ist eine junge Frau, die weiß, wo die Subventionstöpfe stehen (wenn nicht heute, dann morgen). CDU hat die junge Frau bei Pfarrer Peter Hintze und bei einer Reformkommission unter Peter Tauber (unter Kennern: Peter Tauber-Nuss) gelernt.
Aber reicht das, um eine Stunde quälend zu bestreiten? Natürlich nicht. Deshalb wurde Ursula von der Leyen zugeschaltet, das war allein schon für fünf Minuten aus der Plattitüden-Kanone gut. Sie schwärmte vom „Summen und Brummen in der Partei“ und war schon ganz aufgeregt, weil sie morgen mit Angela Merkel und den anderen Vize-Vorsitzenden in die Halle einzieht.
Wenn es eigentlich gar nichts zu sagen gibt, schlägt die Stunde von Professor Qua(r)k, oder, wie er sich unter Artikeln von taz bis Vorwärts nennt, Albrecht von Lucke. Wahrscheinlich könnte der auch eine solche Sendung allein mit Illner bestreiten, mit verteilten Rollen, solange es linke Sprechrollen sind, also mal als Gewerkschafter, Pfaffe, Grüner oder auch als Norbert Blüm.
Franz-Josef Jung stellte jedenfalls einleitend wie abschließend fest, „man kann heute noch nix sagen“, Oppermann konnte aber trotzdem was sagen, nämlich „Respekt, dass die Union sogar drei Kandidaten hat“. Vielleicht mit Blick auf die 100% für Martin Schulz empfahl er der Union, alle Parteimitglieder, nicht nur 1001, abstimmen zu lassen.
Diana, die Frau mit schwarzem Hut, verkaufte die neue CDU wie ein alter Hase. Merz stehe für moderne Standortpolitik, Spahn sei ein digitaler Kopf, und AKK stehe auch für irgendwas, das hat sie aber leider vernuschelt.
Von Lucke schwadronierte dann rund um die AfD, von Rechtsruck der Union, und dass ein Merz im Kampf gegen die AfD nichts nütze, da lägen nämlich bereits neue Verschwörungstheorien im Giftschrank, von Merz, dem Agenten des internationalen Kapitals. Dann schimpfte er, dass man Angela Merkel so wenig dankbar sei. (Warum nach neuester Umfrage Wähler von Grünen und Linken im Saldo bei der Union landen würden, erklärte er nicht.) Gemach!, beruhigte ihn Franz-Josef aus Hessen, morgen würde zuerst einmal ein Dankgottesdienst für die Kanzlerin abgehalten, bevor es ans Wählen ginge.
Dianas Merkelbeschreibung „Protestantin, ohne Symbolik, kommunikationsarm“ fanden wir hingegen sehr gelungen, wenngleich, das müssen wir zugeben, sie das nicht böse gemeint hatte. Eine andere entlarvende Formulierung lieferte Oppermann, der mal wieder von „in Europa umher irrenden Flüchtlingen“ sprach. Die irren nicht herum, Genosse Oppermann, die wissen genau, wo sie hinwollen. Aber das ist ein anderes Thema. Schalten Sie auch nächste Woche wieder ein, wenn es heißt „Wer kommt nach Merkel?“