Die außenpolitische Dauerbaustelle des russischen Krieges gegen die Ukraine wird auch im dritten Jahr des Konflikts nicht allzu schnell behoben werden können. Die einzige mögliche Chance auf Frieden könnten die Bemühungen von US-Präsident Donald Trump sein.
Immerhin hat sein diplomatischer Ansatz, in Gespräche mit dem Kreml einzusteigen, gezeigt, dass es potenziell möglich sein könnte, den Krieg am Verhandlungstisch zu beenden.
Trump hält Europa den Spiegel vor. Die europäische Verweigerung, mit Moskau direkte Gespräche über ein Ende des Krieges zu führen, hat der Ukraine bis jetzt wenig bis gar nichts gebracht. Es war im Nachhinein nicht besonders klug, sich immer nur nach den Worten und Erklärungen von Selenskyj zu richten. Die realistische Perspektive der Ukraine in diesem Krieg ist deprimierend. Vom Westen bekommt das Land so viele Waffen wie nötig, um nicht sofort von den Russen überrannt zu werden, aber zu wenig, um an der Front Erfolge zu erzielen. Die EU und Deutschland schauen derweil den US-Verhandlungen von der Seitenlinie zu. Während Trump mit Putin Tatsachen schafft, echauffieren sich die EU und Deutschland, dass sie bei den Gesprächen außen vor sind.
Der Talk an diesem Abend ist ein Spiegelbild dessen. Passiv-aggressiv klagt die deutsche Politik über Trump und seine Politik. Statt sich kritisch zu hinterfragen, wieso die Ukraine eine immer schlechter werdende Position hat, wird substanzlos lamentiert und wird Trump verteufelt. Es ist bezeichnend und spricht Bände, dass Europäer und Deutsche erst eine erneute Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten gebraucht haben, um im dritten Kriegsjahr mehr Geld für die Landesverteidigung locker zu machen. Die panische Angst vor dem Ende des amerikanischen Schutzes verleiht den Milliarden für die Aufrüstung Flügel.
Trump verhandelt und die EU schaut zu
Ob Trump sich am Ende nicht von dem mit allen diplomatischen Wassern gewaschenen Putin über den goldenen Verhandlungstisch ziehen lassen wird, wird sich zeigen. Die deutsche Politik hat wenig Zutrauen in Donald Trump. „Trump hat keine Vorstellungen von einer Waffenruhe“, meint der Vorsitzende der Atlantik-Brücke, Sigmar Gabriel. Auch der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen glaubt nicht an ein großes Verhandlungsgeschick Trumps. „An den Bombardierungen hat sich nichts geändert“, äußert sich Röttgen kritisch. „Putin nimmt Trumps Geschenke an“, spottet Röttgen.
Der US-Präsident spricht lieber allein mit Putin am Telefon ohne die Europäer. „Die USA wollen die Europäer loswerden“, meint Sigmar Gabriel dazu. Er ergänzt: „Wir stehen mit unseren Vorstellungen quer im Stall.“ Wahrscheinlich wäre es auch besser, ein paar unrealistische Vorstellungen zu begraben. Eine Vorstellung, die die Europäer schnellstmöglich aufgeben sollten, ist, dass die EU es ohne die amerikanische Unterstützung schafft. „Wenn die USA aus dem Krieg aussteigen, können wir die USA nicht ersetzen“, stellt Sigmar Gabriel realistisch fest. Die amerikanischen Waffen, Geheimdienstinformationen und Starlink von Elon Musk kann Europa nicht ersetzen. Gabriel fordert zurecht und als einer der wenigen deutschen Politiker, dass sich die deutsche Politik in die Verhandlungen von Trump und Putin einmischen sollte. Dies sollte man auch so schnell wie möglich tun, bevor Trump alle vor vollendete Tatsachen stellt.
Kommt der Nato-Austritt der USA?
Mit Donald Trump an der Spitze sind die USA unberechenbarer geworden. Es steht im Raum, dass die USA unter Trump die Nato verlassen könnten. Der ehemalige Sicherheitsberater von Donald Trump, John Bolton, sieht diese Gefahr für das Bündnis. „Es ist eine reelle Gefahr, dass Trump aus der Nato austritt“, mutmaßt Bolton. Für wahrscheinlicher hält er aber ein anderes Szenario. „Trump könnte die Institution von innen schädigen“, spekuliert der Republikaner. Damit es nicht zu einem Austritt der USA kommt, braucht es mehr Eigeninitiative der europäischen Staaten und mehr finanzielle Mittel für die Bündnisverteidigung.
Für deutsche Rüstungsunternehmen brechen in Zukunft goldene Zeiten an. Für Sigmar Gabriel steht in jedem Fall fest, dass die Vereinigten Staaten von Amerika auch in Zukunft der wichtigste Partner in puncto Sicherheit bleiben. „Friedrich Merz wird mit den Amerikanern im Gespräch bleiben“, sagt Gabriel. Er stellt klar: „Wir brauchen die Amerikaner in Zukunft noch.“
Alles in allem lässt sich festhalten, dass es Trump gebraucht hat, um die Politik in Handlungszwang zu bringen. So sehr die Politiker in der Runde Trump kritisieren, so sehr brauchen sie Trump. Ohne seine disruptive Art würde die deutsche Politik es bei den Sonntagsreden belassen. Die Fokussierung der Diskussion auf die Person Trump zeigt, dass die deutsche Politik ein äußeres Feindbild braucht, um innenpolitische Maßnahmen zu beschließen.
Fabian Kramer ist als Journalist für Tichys Einblick tätig.