Wer fehlte mit seinen beliebten wie bekannten Analysen? Auf jeden Fall Norbert Röttgen, Wolfgang Ischinger und Markus Feldenkirchen. Dafür war als würdiger Ersatz SPD-Staatsmann Sigmar Gabriel, früher deutscher Außenminister für europäische Interessen, Menschenrechte und Weltfrieden, jetzt Sprecher der Anti-Trump-Fraktion hüben wie drüben, der Atlantikbrücke. Dann der Donald-Trump-Beobachter des ZDF, Elmar Theveßen. Das Wort für die deutschen Kurden und Jesiden führte Düzen Tekkal und mit Ulrike Becker wie Daniel Gerlach saßen zwei Experten gemeinnütziger Organisationen am Tisch, die man auf die Schnelle leider nicht ausreichend analysieren kann.
Für Gabriel war klar, Trump hat mit dem Tötungsbefehl für Suleimani nur auf TV-Bilder der Angriffe auf die US-Botschaft im Irak reagiert. Quasi wie ein Pawlowscher Hund. Dabei wusste Trump wohl nicht mal, dass Suleimani heimlicher Verbündeter der USA gegen den IS war, wie Gabriel dem staunenden Publikum erklärte. Und ZDF-Mann Theveßen wiederholte, „Trump hat nicht nachgedacht“.
Da analysierten Gabriel und Theveßen lieber, wie es weitergeht. Ob der Rachedurst des Iran nun gestillt sei nach den paar Raketen, die nichts Wichtiges trafen. Moment mal. Und der Abschuss der ukrainischen Boeing mit über 100 Toten? Der sei wohl möglicherweise „aus hoher Nervosität heraus“ passiert. Uns Laien erinnerte das an den Abschuss einer niederländischen Maschine in der Ukraine, der sofort und ohne Beweise zu Sanktionen gegen Russland führte, aber in diese Richtung mochten sich Gabriel und Theveßen nicht äußern, haben sie ja noch viel vor mit dem Iran.
Denn nun könnte „die Stunde Europas“ schlagen, träumte der Amtsvorläufer von unserem Heikos Maa. „Wir müssten jetzt…“, sagte er, weil wohl die Amis auf jeden Fall aus dem Wespennest aussteigen wollen, und meinte mit „wir“ Deutschland, Frankreich und Großbritannien, die doch schon den großartigen Atomdeal ausgehandelt hätten – der auch die Unterschrift Frank-Walter Steinmeiers trägt –, der sich im Verlauf der Debatte aber als großer Schmu herausstellte. Denn der Deal sei mitnichten ein Schutz für Israel vor der iranischen A-Bombe. Schließlich seien keine militärischen Inspektionen erlaubt, schimpfte Frau Becker, „wir wissen doch gar nicht, was da ist.“
Moment, sagte Gabriel, die Internationale Atombehörde habe festgestellt, alles sei in bester Ordnung, aber das glaubte nicht mal sein Freund Theveßen, der stattdessen zum Besten gab, der Iran habe getrickst und getäuscht.
Natürlich musste die moralische Frage geklärt werden, ob Trump mit der Liquidierung des Terroristen Völkerrecht verletzt habe. Sicher, sagte Sigmar Gabriel. Das habe Obama auch, kam von Elmar Theveßen, der habe völkerrechtswidrig Cyberangriffe gegen den Iran unternommen und Atom-Wissenschaftler in die Luft gesprengt. Außerdem habe Suleimani auf der Terrorliste auch der EU gestanden (was aber nichts Vergleichbares heißt), genau wie IS-Chef Baghdadi oder Bin Laden. Die Damen waren sich einig, dass der Schlag der USA eine Abschreckung erreicht habe wie lange nicht mehr. Es ist ein neuer Sheriff in der Stadt.
Jedenfalls bleibt die Lage explosiv, solange sich Sunniten und Schiiten in der Region hasserfüllt gegenüberstehen, da können Gabriel, Merkel und Maas sich auf den Kopf stellen. Die Kurden nutzen vielleicht die vermeintliche Gunst der Stunde und erklären ihren Teil des Irak für unabhängig, sobald sich der Türke in Libyen eine blutige Nase geholt hat, wenn ihn da nicht der Franzose vor bewahrt.
Gabriel von der Atlantikbrücke musste dann noch auf Wladimir Putin hinweisen. „Der wird kommen“, sei schon auf dem Vormarsch, verkaufe allen Flugabwehrraketen, werde immer wichtiger, wenn die Amerikaner die Region verlassen. „Wie lange wollen Sie an der Seite des Iran-Regimes bleiben, das gerade bei Protesten 1.500 Demonstranten umgebracht (Suleimani soll daran beteiligt gewesen sein!) und 7.000 in Folter-Gefängnisse geworfen hat?“ fuhr ihm Frau Becker in die Atlantikbrückenparade. Da blieb Gabriel eine Antwort schuldig. Außerdem hatte sein Bundespräsident gerade erst den Mullahs zum Machtjubiläum gratuliert.
Nein, Gabriel setzt seine ganze Hoffnung auf den November, dass die Amerikaner dann wieder eine vernünftige Außenpolitik bekommen. Darauf hoffen, wie beim letzten Mal, auch das ZDF, die ARD und alle, die guten Willens sind. Amen.
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