Tichys Einblick
Nix-Bock-Kanzler

Bei Illner: Olaf Scholz wird mit Bürgerfragen und Inflationssorgen belästigt

Bei Illner werden normale Bürger eingeladen - allerdings sind es teils Undercover-Klimaaktivisten. Dennoch kommt an den Bundeskanzler die ein oder andere kritische Frage. Der hat aber gar keinen Bock auf die Plebs.

Screenshot ZDF: Maybrit Illner

Für ihren krönenden Abschluss vor der Sommerpause haben Illner und ihr Team sich einen großen Knaller zurechtgelegt: Olaf Scholz ist zu Gast – aber nicht im Anne-Will-Style im Vier-Augen-Jubel-Gespräch. Nein, Olaf Scholz wird in dieser Talkshow mit dem einfachen Volk konfrontiert. Okay, jetzt mal halblang, nicht dass sie jetzt noch in Begeisterung ausbrechen: Das einfache Volk durfte natürlich nicht einfach so vorbei kommen, das wäre ja noch schöner. Dann müsste man danach alles putzen und wenn sich so viele Leute im Studio tummeln, weckt das den Karl Lauterbach im ZDF-Abstellraum auf, der hat nämlich einen leichten Schlaf. Nein – die Vertreter der Bürgerschaft wurden natürlich penibel vorausgewählt. 

Da ist Ralf Berning, der gleich zwei verstoßene Berufsgruppen repräsentiert: Einerseits ist er Intensivpfleger, andererseits Zeitsoldat. Außerdem Social-Media-Persönlichkeit und bekennender Sozialdemokrat, aber das wird bei Illner nicht erwähnt. Jackpot für die Illner-Redaktion, so kann man einen weniger einladen von diesen Normalos und Sendezeit sparen. Und super für Scholz ist es auch – zwei komplexe und schwer umstrittene Themengebiete in einem Abwasch abgehakt. Im Gespräch kommt dann raus: Familienvater wird er auch noch (herzlichen Glückwunsch an den werdenden Papa). Familienministerium, Gesundheitsministerium und Verteidigungsministerium – die drei wackeligsten Posten in der Scholz-Regierung, alle zuständig für Millionen von Menschen. Doch in dieser Sendung sitzt Berning nur Scholz gegenüber und der ist der Aufgabe, muss man leider sagen, nicht gewachsen. Seine Frage an den Bundeskanzler: „Auf was muss ich mich vorbereiten, was kommt auf mich zu? Und lohnt es sich für mich in der Zukunft überhaupt noch, voll arbeiten zu gehen?“ 

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Man muss schon sagen – Olaf Scholz sollte vieles können, was er eigentlich nicht kann. Aber Orakel spielen braucht er nun auch wieder nicht. Die Frage eröffnet Olaf eine leichte Vorlage, für eine schnelle Antwort: „Die letzte Frage will ich direkt beantworten: Unbedingt, sonst würde auch alles zusammenbrechen, nicht nur die Pflege, sondern auch unser Land.“ Na super. Auf die Frage, ob sich Arbeit noch lohnt, bekommt man die Verantwortung für ein ganzes Land als Antwort. Nun, das wäre definitiv die Aufgabe eines Bundeskanzlers, dafür wählen wir den doch. „Wir haben uns vorgenommen, dass wir helfen, soweit wir das können mit unseren Möglichkeiten, und haben deshalb erstmal ganz schnell zwei Sofortpakete auf den Weg gebracht, alles zusammen 30 Milliarden Euro, die helfen sollen, dass man erstmal in diesem Jahr über die Zeit kommt“, fügt Olaf Scholz lustlos noch hinzu. Sonnige Aussichten in Berlin. 

Dazu gesellen sich Cornelia und Steffen Stiebling, die zusammen eine Familienbäckerei in Thüringen leiten. Aus irgendeinem Grund sind in solchen „volksnahen“ Folgen von Talkshows immer, wirklich immer, Vertreter aus handwerklichen Betrieben entweder aus Sachsen oder aus Thüringen dabei. Nicht dass ich etwas gegen diese Personengruppe hätte, ganz im Gegenteil. Ich frage mich nur, wie dieses Muster entsteht. Werden die gecastet? Ist das ein Specialeffekt für die Zuschauer aus der Großstadt? „Oh wie süß, ich hab‘ noch nie so normale Menschen gesehen, die gehen ja noch richtig arbeiten und so. Schatz guck mal, so wohnen die Menschen auf dem Land. Glaubst du, die haben fließendes Wasser, da wo die herkommen?“

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Trotzdem muss man sagen, dass die beiden das mit der Frage schon besser drauf haben als ihr Vorgänger: „Herr Scholz was gedenken Sie zu tun um die kleine und mittlere heimische Wirtschaft überhaupt am Leben zu erhalten? Da werden kurzfristige Hilfen nicht helfen, da muss was Grundsätzliches passieren.“ Uff. Da werden ja tatsächliche Lösungsvorschläge gefragt – und die, die er sich schon ausgedacht hat, werden auch noch direkt ausgeschlossen! Scholz ist sichtlich überfordert, ringt nach Worten, so ganz wollen die ihm aber nicht einfallen. Dann lenkt er erstmal stockend ab: „Ja … ich … Erstmal muss ich sagen, das ist ja wirklich eine große Herausforderung, vor dem dieses Unternehmen und … stehen … und die Bäckerei … und vor diesen Herausforderungen stehen ganz viele Unternehmen in Deutschland. Das ist auch etwas, was eine Realität ausmacht. Wir versuchen langfristig, uns aus diesen Abhängigkeiten zu befreien, aber das wird uns nicht morgen und nicht im nächsten Jahr helfen.“ Scholz wirkt genervt – immer dieses Bürgerfragengedöns auch.

Seine Antwort: „Wir haben gerade heute viele Beschlüsse gefasst, dass wir Strom aus erneuerbaren Energien produzieren wollen, damit dauerhaft billiger sein wird“, direkt mit dem Anhang, dass das ja noch dauern werde, bis man das im Preis merkt.

Wenn Sie gestern Abend ein lautes Klatschen gehört haben, dann war das wahrscheinlich das Geräusch, das meine Hand gemacht hat, als ich sie mir gegen die Stirn geschlagen habe. Es ist zum wahnsinnig werden. Gerade gibt er noch zu, dass wir diese Probleme haben, weil wir uns von den Falschen abhängig gemacht haben. Und im nächsten Satz haut er dann raus, dass sein super toller Lösungsvorschlag eine unausgereifte Technologie ist, die ohne Subventionen auf dem Markt nicht überleben kann und überhaupt der Grund ist, weshalb wir uns von dem Falschen abhängig gemacht haben?

Undercover-Aktivistin als ganz normale Jugendliche

Dann ist da noch Rifka Lambrecht, ihres Zeichens Politik-Studentin. Also Achtung, Verwechslungsgefahr: Bei dieser Lambrecht handelt es sich nicht um eine gewisse, besonders inkompetente Ausgabe einer Verteidigungsministerin, auch nicht um einen Sprössling eben jener Helikoptermutter. Na, können Sie sich schon denken warum und wofür wohl eine Studentin in diese Sendung eingeladen wurde? Wenn Sie jetzt denken: „Die kommt mir jetzt aber nicht mit der Klimakrise“, muss ich Sie direkt enttäuschen – denn ja, sie kommt Ihnen mit der Klimakrise, und wie Sie Ihnen mit der Klimakrise kommt. „Es gibt Hilfen für Familien, es gibt Hilfen für große Unternehmen, es gibt Hilfen für den Transport und das Bewegen – tauchen in all den Dingen irgendwie auch Sie und Ihre Generation auf?“, fragt Illner Fräulein Lambrecht (wobei sie meiner Meinung nach den Spannungsbogen etwas überzieht.) Rifka antwortet: „Also außer dem 9€-Ticket ist bei mir persönlich nichts angekommen, aber das ist nicht meine größte Sorge…“ So hier muss ich sie mal direkt unterbrechen. Liebe Rifka, gerade weil es nicht deine größte Sorge ist, ist bei dir auch noch nix angekommen. Es ist schon so absurd, dass es fast wirkt, als hätte die gute Maybrit sie in die Falle tappen lassen. Die Bäckers Familie lässt Sätze fallen wie „Es ist ein Wunder, dass wir noch da sind“ oder „Wir wissen nicht, wie lange wir noch durchhalten“, und dann kommt die Rifka freudestrahlend um die Ecke, mit einer „Also bei mir läuft alles super, ich wollt nur mal fragen, warum Sie uns noch nicht alle Freiheiten geraubt haben, um die Erde in 100 Jahren ein bisschen kälter zu machen“-Einstellung.

Sendung 07. Juli 2022
Tichys Ausblick: „Heißer Sommer, eisiger Herbst: Wie treffen uns Rezession, Inflation, Energiemangel?“
Eine Sache möchte ich aber noch anmerken: Eine kleine Twitterrecherche von drei Sekunden hat mir doch etwas sehr Interessantes offenbart. Nämlich ist Rifka Lambrecht nicht einfach nur „Studentin aus Berlin“. Tatsächlich nennt sie sich selbst „Aktivistin für radikale Generationengerechtigkeit“. Sie sitzt im „Jugendrat“ der „Generationenstiftung“ und ist dort das Kampagnengesicht, jedenfalls steht sie auf jedem zweiten Bild prominent vorne und in der Mitte. Zusammen mit ihren Mitstreitern macht sie Plakataktionen nach dem Motto: „Die Top Ten der schlimmsten Lobbyisten“, stellt sich nackt und nur mit orangenem Tape mit der Aufschrift „Wir kündigen“ bedeckt ins Regierungsviertel und schlägt Hitzealarm. Die Bauchbinde „engagiert sich für den Klimaschutz“ soll das alles wohl zusammenfassen. Das ist zwar ein sehr dehnbarer Begriff und könnte genauso gut heißen, dass sie ihren Müll trennt und manchmal am Freitag die Schule schwänzt, aber egal. Dass sie sich selbst als radikal bezeichnet und sich schon ziemlich doll „für das Klima“ einsetzt, kommt da definitiv nicht wirklich rüber.

Zu guter Letzt war dann auch Kateryna Mishchenko im Studio, eine ukrainische Verlegerin und Autorin, die aus Kiew geflüchtet ist. Sie wird von Scholz abgekanzelt mit leeren Worten über Demokratie und Frieden.

Also da haben wir‘s: Unsere Gesellschaft wird im ZDF vertreten durch zwei Quoten-Thüringer, einem Herren, der drei Schwerpunkte in einem verkörpern sollte, aber wenn es hoch kommt, fünf Minuten Sendezeit hat, einer Ukrainerin und einer Undercover-Aktivistin. Und Scholz, dem damit alle Vorlagen auf dem Silbertablett serviert wurden, kommt selbst dann noch ins Stottern. Fördermöglichkeiten, Subventionen – der Krisenbewältigungswortschtz von Olaf Scholz läuft irgendwie immer auf sozialistische Maßnahmen hinaus, die massiv in den Markt eingreifen. Das Wort „Steuersenkung“ kommt jedenfalls nicht vor – aber wie soll es auch? Denn Steuersenkungen kann Deutschland sich nicht leisten, jetzt wo unsere Volksvertreter sich gerade die Diäten erhöht haben.

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