Tichys Einblick
Syrien – auch mit deutschen Soldaten?

Bei Illner: Maas & Polenz. Offenbarung in rot-schwarz

Beruhigend, dass Heiko Maas, der Minister des Äußersten, die Zeit gefunden hat, sich sympathiewerbend in eine Talkshow zu setzen. So schlimm kann es um die Welt und Syrien also nicht bestellt sein.

Screenshot ZDF

Hören wir zunächst jenen zu, die offensichtlich Ahnung von der Lage haben. „Taten statt Worte in Syrien – auch mit deutschen Soldaten?“ lautete das Thema der Sendung, weil AKK (Name bekannt) einen Vorschlag gemacht hatte, über den unsere Journos seit Tagen aufgeregt diskutieren. „Dabei ist das Ding gelaufen“, fasst der deutsch-syrische Journalist Aktham Suliman bei Illner die Lage an der türkisch-syrischen Grenze zusammen. Die Russen hätten alles richtig gemacht, mit allen Beteiligten gesprochen, so dass sie jetzt die Richter sind. Die Europäer und die Deutschen hätten aufs falsche Pferd gesetzt.

Oberstleutnant André Wüstner (Bundesvorsitzender Deutscher Bundeswehrverband), bestätigt: „Putin ist der Gewinner. Nun müssen wir den um Erlaubnis fragen“, wenn wir irgendwo eine Schutzzone errichten wollen. Putin und Erdogan hätten sich wiederholt getroffen, traute sich der Bürger in Uniform dann frech anzumerken, Maas und Merkel hätten das nicht getan.

Souad Mekhennet, Tochter türkisch-marokkanischer Eltern, aufgewachsen im Frankfurter Stadtteil Nordend, arbeitete für ARD, „Stern“ und „Zeit“, derzeit als „Sicherheitskorrespondentin“ der „Washington Post“ – und war wohl gedacht dafür, über Donald Trump vom Leder zu ziehen. Tat sie aber nicht. Man hätte wissen müssen, so die Journalistin, dass Trump Truppen abzieht. Es sei interessant, dass man hier erst jetzt darüber nachdenkt, was zu tun ist.

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So geht also deutsche Politik. Jeden Konfliktherd mit Moralbotschaften bombardieren. Alles aufnehmen, was angeblich aus den Krisengebieten geflohen ist. Händeringend nach jemandem suchen, der einem sagt, was man nun zu tun hat. Seit das Verhältnis zu den USA aus eigener Dummheit gestört ist, schwankt man zwischen Erdogan und iranischen Mullahs, abgehalfterten US-Politikern und selbstfabrizierten Schnapsideen hin und her. Zuletzt einer solchen, die Annegret oder Angela ausbaldowert hat (so genau weiß die Journaille das nicht). Deutsche Truppen als Schutzmacht zwischen Syrien und der Türkei. Natürlich nicht alleine, sondern mit „unseren europäischen Partnern“ (Standardfloskel) und/oder der NATO. Die europäischen Partner husten Annegret/Angela was, und die Außenminister der NATO-Staaten ließen soeben aus Brüssel verlauten, dass sie nichts verlauten lassen.

Ruprecht Polenz, 73, durch Twitter als pöbelnder „Antifaschist“ am politischen Leben gehaltener alter Kämpfer einer moralisierenden CDU, der erste Unionist, der Facebook entdeckte, sogar reaktiviert als „offizieller Vertreter der Bundesregierung im Dialog um den Völkermord an den Herero und Nama“ soll hier nicht unterschlagen werden.

„Wir“ können „keinen großen Bogen“ machen um den Konflikt, „schon wegen der vielen Menschen, die zu uns geflohen sind.“ Soll das heißen, dass „wir“ Syrien befreien müssen? Ganz Syrien? Und wenn die „Syrer“ (deutsche Amtsauslegung recht breit gefächert) nicht zurück wollen? (Weil sie sonst in Assads Armee einrücken müssen, was immer verschwiegen wird.) Fragen, die nicht gestellt wurden. Jedenfalls müssen „wir“ der Türkei „mehr für die Flüchtlinge in der Türkei zahlen“. Extra-Applaus erhielt Ruprecht, als er, trotz der dezidierten Ausführungen der Dame von der WashPo, darauf bestand, dass Trump an allem Schuld sei. Außerdem wusste er, dass in der Region „viele Waffen und viele Gruppen“ unterwegs sind. Aber neu sei doch: Dass wir bei solch einem Einsatz zum ersten Mal „auf jeden Fall dabei“ sind.

Oberstleutnant Wüstner hätte kein Problem, nun „nicht nur von der Mitte aus zu führen, sondern von vorne“, er gibt aber zu bedenken, dass „die Bundeswehr jetzt schon überdehnt“ sei, „wo man da Truppen abziehen“ wolle für den neuen Einsatz. Und dann flehte er fast: Nicht mehr so strategielos da reinzugehen „wie in alle Einsätze bisher“. Wenn man eine militärische Außenpolitik wolle, bitte sehr. „Aber dann brauchen wir die richtige Ausrüstung. Das muss verstanden werden!“

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Ob Heiko das verstanden hat? Fraglich. Beim AKK-Vorschlag gefiel ihm nur nicht, dass der per SMS kam. Twitter wäre ihm wohl lieber. Dann fragte er rhetorisch: „Wer macht denn da mit?“ Sein russischer Amtskollege habe ihm schon gesagt, ein solcher Einsatz sei überhaupt „nicht notwendig“. Außerdem hätten wir „dafür keine Zeit“. Denn Heiko denkt in größeren Dimensionen. Jetzt erst mal überlegen. Waffenstillstand muss her, und Winterhilfe, weil der Winter kommt. Dann muss der politische Prozess mit freien Wahlen in Gang gesetzt werden. So. Deshalb klare Haltung, klare Standards setzen mit der Türkei. Das EU-Parlament habe beschlossen, keine Waffen zu liefern. (Das EU-Parlament beliefert ja auch nix, das machen die Mitgliedstaaten und die hören nicht aufs EU-Parlament.) Jedenfalls fliegt Heiko jetzt nach Ankara, damit der Waffenstillstand verlängert wird. Hoffentlich hat er dann einen Sack Gold dabei, sonst sagt der Erdolf zu Maas: Watt? Watt willst du denn, du Dilettant? Für ein Tagesschau-Bild wird’s reichen.

Die beiden Journalisten Mekhennet und Suliman bei Illner blieben angesichts von Maas und Polenz erstaunlich ruhig, wirkten, als wunderten sie sich, was bei uns so alles Politiker werden kann.
Mekhennet zu Maas: Holen Sie die deutschen IS-Kämpfer zurück?
Maas: Haben wir schon …
Mekhennet: … nur die Kinder…
Maas: Wir werden die IS-Kämpfer erst identifizieren und Beweise sichern, damit die hier vor Gericht gestellt werden. Sonst sind die mit einem guten Anwalt schnell wieder auf freiem Fuß.
Und dann, empathisch wie ein ausgebildeter Rechtspopulist: „Ich will nicht, dass die hier frei herumlaufen.“ Zur Strafe gab es keinen Beifall bei Illner.

Suliman fasste zusammen: Es gibt einen syrischen Staat und syrische Staatsbürger. Dann gibt es die Türken, die Amis an den syrischen Ölfeldern und die Russen. Alle Streitkräfte ohne Einladung des syrischen Staates müssen abziehen. Jetzt geht es um die Gestaltung der Nachkriegszeit, nicht um Sicherheitszonen. Da hat Ruprecht Polenz eine zündende Idee: „Wir zahlen für den Wiederaufbau.“

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