Tichys Einblick
Klima, Pendler, Arbeitsplätze

Bei Illner: Kretschmer mit Tiger im Tank

Illners Autogipfelchen: Michael Kretschmer gibt mächtig Gas, Anton Hofreiter würgt vor Schreck den Motor ab, und Aktivistin Tina Velo füllt Zucker in jeden Tank.

Screenprint: ZDF/maybrit illner

Nun denn also den Vorhang auf zu diesem kleinen kafkaesken Theaterstück unter der Leitung von Maybrit Illner. Wieder saßen fünf Darsteller des Absurden im Scheinwerferlicht, und warteten darauf, mal alles zu sagen, was ihnen so einfällt zum „Kulturkampf ums Auto“.

Der Yogalehrerin Janna Aljets hat dieser „Kulturkampf“ viel Glück gebracht im Leben, denn heute ist sie als Tina Velo eine medial gehätschelte Klimaaktivistin, die dann auch, besser als es ein Drehbuch vorschreiben könnte, der Runde sofort total glaubhaft vorwirft „Ähm, mir fehlt es hier, ähm, total an Kreativität gerade. Ähm, und dann bin ich hier auch noch, ähm, die einzige Frau in der Runde.“ Das ist natürlich, ähm, falsch, weil die Hauptdarstellerin Maybrit ebenfalls als solche durchgehen muss, und zweitens waren wir von der Kreativität etwa vom sächsischen Ministerpräsident Michael Kretschmer doch überrascht. Denn obwohl der Mann, anstelle einer bürgerlichen Koalition eine solche mit SPD und Grünen in Sachsen plant, bei der der Wahnsinn zwangsläufig Methode haben muss, watschte er den Unfug, den Janna/Tina, vor allem aber der als Talkshowgast wiederauferstandene grüne Anton Hofreiter so von sich gaben.

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Den Diesel nannte Kretschmer forsch „diese kluge deutsche Technologie“, den vom ZDF ausgerufenen „Kulturkampf ums Auto“ ein „abseitiges Thema“, und am Ende rief er aus: „die Leute sollen fahren, was sie wollen“. Die Sendung sei eine „typische Berlin-Mitte-Diskussion“, schimpfte Kretschmer und gipfelte in der Erkenntnis: Den normalen Menschen ist das Wurscht!“ Uns und den normalen Menschen sprach er damit aus tiefster Seele, wie der begeisterte Beifall von den Zuschauerrängen eindrucksvoll belegte. Hier verdient Kretschmer übrigens einen Extra-Punkt in Kreativität, denn der pfiffsche Sachse hatte offensichtlich für eine Patt-Situation im Publikum gesorgt. Die andere Hälfte der Zuschauer bestand aus Berliner Klima-Kindern, die länger aufbleiben durften, weil am nächsten Tag ist ja schulfrei (wg. Fridays for Future!).

Natürlich hat Kretschmer Oberwasser, seit er überall lesen kann, er persönlich habe die Wahl gewonnen und nicht Annegret Kramp-Karrenbauers Partei. Aber wie will er denn, wenn er wirklich so denkt, wie er redete, dann mit den Narren koalieren? Das fragte sich sogar die Illner.

VW-Chef Herbert Diess gab wieder mal den Typ sympathischer Autoverkäufer – Emissionsfrei? Machen wir, Und dazu die Turbo-Sportausstattung? Kein Problem! Geduldig nickend hört er Klimakindern zu, trifft sich mit Aktivisten, gesteht Fehler ein, schließlich gehört der Konzern zum großen Teil dem Staat (Land Niedersachsen), und Diess weiß, wer da das Sagen hat, und was er den Herren schuldig ist.

Ferdinand Dudenhöffer strahlt diese spezielle Zuversicht aus, wie der typische deutsche Inschenjör (dem ist nichts zu schwör), dabei ist er Ökonom, aber offensichtlich mit Benzin im Blut, beziehungsweise von ihm aus auch Strom. Ferdi gilt als der deutsche Automobilexperte. Die Zahlen sind sein Zuhause. 47 Millionen Autos zählt er auf, bei 83 Millionen Einwohnern, und 80.000 E-Autos (geplant). Man solle halt die Autos emissionsfrei machen, fertig. Wer dann was fährt, ist egal.

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Zum tausendsten Male sei wiederholt: Irgendwann drang von Polit-Aktivisten kalifornischer Unis das Klima-Geschrei nach Europa, unsinnige Forderungen und Normen wurden über die EU implementiert, und seit auch die hiesigen Medienaktivisten vom drohenden Weltuntergang felsenfest überzeugt sind – Wissenschaft hin oder her – beherrscht der Aktionismus auch die deutsche Politik. Nun soll alles teurer werden, das Heizen, der Sprit, bis sie endlich stillstehen, die Räder, außer den Fahrrädern.

Der grüne Hofreiter saß schwer zwischen den Stühlen – die Kiddies applaudierten nur der Aktivistin Janna Aljets alias Tina Velo – und von Kretschmer stand er unter Dauerfeuer. Da half auch das bayerische Verbalkolorit und das Themenhopping wenig. „Olles onsprechen,“ will er, durch das Auto seien „die Lebensgrundlagen ruiniert“. „Im Bereich der Eisenbahn“ müsse viel mehr geschehen, „wenn wir endlich ein Verkehrsministerium hätten“, dann gingen bei uns die Züge wie in Japan und der Schweiz“. „Dös muss alles schneller gehen, sonst steigen uns die Leute aufs Dach. Aber schneller geht’s halt net.“

„Na, wegen Ihrer Partei und den Verbandsklagen gegen jede Bahntrasse“ ginge nichts voran, fauchte Kretschmer den grünen Hofreiter Anton an. 30 Jahre habe man für die Bahnstrecke München-Berlin gebraucht, 30 Jahre! „Und sehen Sie sich Stuttgart 21 an, das geht so nicht!“ Aber auf die Verbandsklagen mag der Hofreiter nicht verzichten, man hat schließlich so seine Seilschaften. Außerdem habe das von München nach Berlin so lange gedauert, weil kein Geld da war „für um die Tunnel zu bauen“.

Das ZDF brachte dann noch ein wenig Fake-News über die tödlichen SUV und zeigte als Untermalung Fotos von dem vieldiskutierten aber nicht aufgeklärten Vor-/Unfall in Berlin. Die Grünen-Wähler beruhigte der Hofreiter Anton, im Visier habe die Partei nur den BMW X6 und den Porsche Cayenne.

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Und rauf und runter, links und rechts drehten sich bei Illner die Gesprächsfetzen. SUVs seien nur etwas höher als andere Autos und notwendig wegen der Boots- und Pferdeanhänger (Diess). Wir sind das „Land der Innovationen“ (Kretschmer), „eines der reichsten Länder der Welt“ (Aljets), haben derzeit die Wahl zwischen Diesel oder Strom aus polnischer Kohle (Dudenhöfer). Wir müssen endlich die Steckdose in der Tiefgarage erlauben (Hofreiter) und „auch gewerkschaftlich organisierte Arbeitsplätze in der Autoindustrie ansprechen“ (aber nur die, oder Hofreiter?). E-Autos sind aber sowieso nicht die Lösung (Aljets).

Der freundliche Optiker Ibrahim Ghaddar, als Pendler geladen, holte die absurde Versammlung dann – kurz – wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Er fährt täglich von Castrop Rauxel nach Solingen, verbringt vier Stunden im Stau, weil er sich auf Bahn und Busse nicht verlassen kann. Außerdem gehe ihm sein „Leben vor, als irgendwo das Klima“. Und die Politiker mit ihren 600 €-Schuhen und ihren Maßanzügen wollen ihm nun, der 300 Euro im Monat für Sprit zahlt und drei Kinder zu versorgen hat, auch noch alles verteuern. Ibrahim Ghaddar, high Five! So gefällt uns die Integration.

Hier zeigte Diess, dass seine Verständnis-Attitüde nur gespielt ist, denn er empfahl der fünfköpfigen Familie Ghaddar den niegelnagelneuen VW E-Up zum Superleasingpreis. Googeln Sie mal den E-Up, da kriegen Sie nicht mal einen Bernhardiner rein!

Nein, die 600 € Schuhe und die Maßanzüge (die roten, die schwarzen und die grünen) haben sich längst geeinigt: denen, die hier gut und gerne leben, geht es viel zu gut, also müssen die Sprit-Preise rauf!

Und wenn‘s nach Janna Aljets alias Tina Velo geht, dann nimmt der Ibrahim Ghaddar in Zukunft das Rad. Deshalb „demonstrieren“ die Aktivistin und ihre Freunde am Sonntag in Frankfurt bei der IAA. „Friedlich?“, fragt Maybrit Illner kokett. „Ähm, ziviler Ungehorsam mit unseren Körpern“, lautet die offizielle Losung. Ja, die Aktivistin arbeitet eben nicht mehr als Trainerin bei Peace Yoga Berlin, sondern nun als kämpferische „Feministin“ bei der „Rosa Luxemburg Stiftung“ in Brüssel. (Sind das die mit der DDR-Knete? – ach, das wäre ein anderes Thema)

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