Seit der letzten Woche ist schon wieder viel passiert. Aus der Impfpflicht für Pfleger wurde eine angedachte allgemeine, 2G wurde beschlossen, nebenbei hat das Bundesverfassungsgericht unsere Grundrechte zum Abschuss frei gegeben – und es sind bestimmt noch mehr Sachen passiert, an die man sich jetzt schon gar nicht mehr erinnern kann. Jedenfalls kann Illner ja in diesem Höhepunkt des Corona-Politikwahnsinns nicht aufhören, den in ihrer Talkshow zu thematisieren. Jetzt hat sie schon fleißig die Impfpflicht mit ihren Gästen herbeigeredet, dann muss es jetzt weitergehen. Deshalb hat sie in ihrer Sendung auch Gäste dazu geholt, die ihrem Wunsch nach noch mehr gerne gerecht werden.
Illner wollte es gestern wohl wieder voll drauf anlegen, jedenfalls stellt sie Karl Lauterbach unter anderem als „Gesundheitsminister der Herzen“ vor. Gut, ich kann verstehen, warum sie es beschreien will. Denn wenn Karl L. wirklich Gesundheitsminister werden sollte, dann, weil Illner ihn dazu macht – in Co-Produktion mit Markus Lanz. Eigentlich sollte Karl Lauterbach ja der Typ von Mensch sein, den man als letzten ins Fernsehen setzen würde. Er hat eine unklare Sprechart und krächzende Stimme, und Sympathieträger ist er auch nicht. Und vor Kurzem war er auch noch ein Niemand, völlig am Ende mit seiner Karriere. Doch ZDF und Co. haben ihn zu einem Star gemacht. Denn sie haben gemerkt: Wenn sie ihn in die Sendung setzen, läuft die von alleine. Die einen lieben, die anderen hassen ihn – beide Gruppen schalten ein.
So etwas will Lauterbach natürlich nicht stehen lassen: „Aber verstehen die Bürger denn nicht, dass sich die Lage geändert hat?“ Die Journalistin antwortet, die Mehrheit ja, aber eine starke Minderheit wird wohl nachtragend bleiben. Lauterbachs Antwort: „Aber die haben wir doch eh verloren.“ Das ist Ihr wahrscheinlich künftiger Gesundheitsminister – vor der Wahl kann es große Versprechen geben, und die sollen auch alle glauben, aber wenn die danach gebrochen werden und die Leute das nicht so prickelnd finden, dann ist das egal, denn die haben wir doch eh schon verloren. Wir können also erwarten, dass Lauterbach die Demokratie auch in Zukunft so auslegen wird, dass es nur eine Mehrheit und eine nicht zu beachtende andere Meinung gibt. „Die haben wir doch eh schon verloren“, kann man schließlich auf alles anwenden.
„Meinungsfreiheit und Medienregulierung“
Während Lauterbach das Konzept Demokratie neu erfindet, macht Kretschmer aus Sachsen sich an die Auslegung von Gesetzen. So wie ich das verstehe, gibt es für ihn einen Unterschied zwischen Impfpflicht und Impfzwang – aber nicht so, wie wir ihn kennen. Er hat sich da etwas Neues ausgedacht. Demnach bezeichnet er eine Impfpflicht – bei der man beim Verstoß dagegen horrende Strafen zahlen muss und/oder nicht mehr arbeiten darf – nicht als Impfzwang.
Denn man kann seiner Vorstellung nach, ja „immer noch entscheiden“, ob man sich dann tatsächlich impfen lassen will oder nicht. „Bei Impfpflicht kann man ja immer noch sagen, ich will es nicht.“ Man muss eben nur die Konsequenz tragen. Impfzwang ist für ihn dann das, wo die Polizei mit der Spritze bei Ihnen vor der Tür steht. Weil das nicht passiert, will er den Impfzwang in Form der Kretschmerschen Impfpflicht als quasi liberal auslegen. Denn wie er festgestellt hat, kann der Staat uns ja nix verbieten – man kann auch den Ehemann umbringen, man muss nur die Konsequenz tragen.
Buschmann widerspricht gar nicht – nur andere Dinge hätten jetzt vielleicht erstmal Vorrang. Die Gedankenspiele von Impfzwang und Impfpflicht hält er genauso für richtig. Bei einer Bundestagsabstimmung wolle er sich erstmal die verschiedenen Impfpflicht-Konzepte ansehen und dann entscheiden. Ein echter Freiheitsheld eben!
Währenddessen ist Illners einzige Sorge – neben dem zukünftigen Gesundheitsminister: „Ich kenne auch genug Menschen, die fragen, warum nicht gleich?“ Damit meint sie – so klärt sie uns auf –, dass einige ihrer Bekannten lieber gleich die Impfpflicht gehabt hätten, statt mit Döner und Bratwurst gelockt zu werden. Was für nette Menschen sie da um sich herum hat – klingt für mich nach alten Freunden aus DDR-Zeiten. Und das bestärkt mich darin, dass ich ihren neuen Lieblingsspruch „Bleiben Sie gesund und achten Sie auf Ihren Nachbarn“, den sie auch gestern wieder gebracht hat, schon beim ersten Mal richtig ausgelegt habe.