Tichys Einblick
Wissing, Habeck, Röttgen

Bei Illner: Der überparteiliche Konsens für die Impfpflicht – mit „Oppositionsclown“

Die Ampel und die CDU streiten sich darum, wer zu lange wie und wo bei den Corona-Maßnahmen gezögert hat. Dass nur der Vorschlaghammer der richtige Weg sei, finden aber alle. Robert Habeck nennt Norbert Röttgen einen "Oppositionsclown".

Screenshot ZDF: Maybrit Illner

Es ist wieder soweit, eine Woche ist schon wieder rum. Irgendwie vergeht die Corona-Zeit gleichzeitig wie im Fluge und im Schneckentempo. Vier Sendungen lang hat Illner es sich zur Aufgabe gemacht, eine Impfpflicht für Pfleger herbeizureden – jetzt wurden ihre Gebete erhört. Jetzt haben wir die Impfpflicht für einen ganzen Sektor – etwas, was es angeblich nie geben sollte, was nur eine Verschwörungstheorie der Querdenker war. Jetzt ist man fest entschlossen, so richtig hart durchzugreifen. 3G, 2G, Lockdown für Ungeimpfte, Impfpflicht, 2G+, Lockdown für alle – alles hat noch Steigerungspotenzial.

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Ich muss aber zugeben, dass ich da nicht mehr hinterher komme. Einerseits beklagt Volker Wissing, Generalsekretär der FDP: „Mit der Impfung können wir die gegenwärtige Situation nicht lösen“, meint dann aber im gleichen Atemzug: „Über die Impfpflicht kann man diskutieren.“ Sie bringt nix, aber schaden kann sie ja auch nicht, oder was ist hier das Motto? Wissing erklärt den plötzlichen Sinneswandel der FDP damit, dass man sich auf die Aussagen von Jens Spahn von Oktober verlassen habe. Dieser Spahn ist an vielem Schuld, aber jetzt geht’s selbst mir zu weit.

Robert Habeck lässt auf sich warten, er hat einen schlechten Tag erwischt. Er redet wie ein angetrunkener Hanseat, der konzentriert versucht, Honecker zu imitieren. Aber er muss sehr langsam sprechen, denn sobald er in einem normalen Tempo redet, verlassen seine Beiträge den Boden jeder deutschen Grammatik. Und sobald man ihm widerspricht, rastet er plötzlich völlig aus. Es gibt einen Unterschied zwischen einer energischen Wutrede und einem Wutausbruch. Robert Habeck neigt zu Letzterem – ein großer Fehler, denn er macht sich dabei extrem unsympathisch. Vor allem wenn sein Gesprächspartner, im gestrigen Falle Norbert Röttgen, dabei völlig ruhig bleibt. Und ich meine nicht nur bei mir – auch bei den Oberstudienrätinnen, die ihn gewählt haben, wird ihn das Sympathien kosten, wenn er so weitermacht. Die fühlen sich dann an ihren cholerischen (Ex-)Mann erinnert, der den ganzen Tag auf dem Sofa sitzt und sie andauernd anbrüllt, weil er sich von jedem Satz persönlich angegriffen fühlt. Jedes Verhalten, das den Wählerinnen das Gefühl gibt, sich gleich vor fliegenden Bierflaschen wegducken zu müssen, sollte man als männlicher Politiker lieber sein lassen. Vor allem, wenn die Wählerinnen so überaus empfindsam und sentimental sind wie bei den Grünen.

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In einem hat Habeck aber schon recht. Irgendwann wirft er Norbert Röttgen völlig entgeistert entgegen, er mache hier auf „Oppositionsclown“. Röttgen widerspricht Habeck und Wissing zwar ständig, aber ohne irgendein inhaltliches Argument vorzubringen. Er ist natürlich genauso für die Impfpflicht, aber trotzdem total gegen die Ampel. Die Impfpflicht ist ja schließlich zu spät und zu früh und zu mittel oder so.

Aber apropos die Wähler von Habeck. Wie es ausschaut, gehören da nicht nur die Oberstudienrätinnen dazu, sondern auch die Spiegel-Autorinnen. Ich weiß, ich weiß, im Westen nichts Neues, aber Christiane Hoffmann hat es zum ersten Mal so richtig ausgesprochen. „Wir haben Sie deswegen gewählt“, sagte sie völlig enttäuscht, als Habeck von der inneren Trägheit den Menschen philosophierte und diese auch bei den Politikern diagnostizierte. Tja, sie hat den gleichen Fehler gemacht, wie die vorhin genannten Grünen-Wählerinnen: Da denkt man, man hätte sich ’nen schneidigen Typen geangelt – nicht sehr helle, aber dafür bemüht -, doch am Ende hält er nur pseudo-philosophische Vorträge, als ob es darum ginge, den Müll runterzubringen.

Frau Hoffmann zitiert die Sicht von Brasilien auf Deutschland aus dem Artikel einer Kollegin: „Die Idioten dort lassen sich nicht impfen“, als Erklärung, weshalb es in Deutschland so schlecht mit Corona läuft.

Dafür, dass sich hier die Spitze der neuen Regierung präsentiert und die CDU jetzt die Rolle als Oppositionspartei finden müsste, ist die Sendung alles in allem erschreckend ereignislos. Alle sind sich einig, das Ganze hat weniger mit inhaltlichem Streit und mehr mit Diskussionssimulation zu tun.

Und wieder beendete Illner die Sendung mit dem Spruch: „Passen Sie gut auf sich auf und auf ihren Nachbarn.“ Also hat sie bisher nicht nur nicht eingesehen, wie sehr das nach DDR klingt, nein, sie ist nach der letzten Sendung in sich gegangen und zu dem Schluss gekommen: Was für ein toller Spruch, den werde ich ab jetzt öfter benutzen.

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