Tichys Einblick
Abschwung, Jobs und Klimarettung

Bei Illner: Habeck lässt die Katze aus dem Sack

Anders als beim Klimawandel liegen beim Illner-Thema „Abschwung, Jobs und Klimarettung – riskieren wir unseren Wohlstand?“ die Fakten auf dem Tisch. Auch hier hat Habeck ein Lösung: Kapitalismus à la Chinoise.

Screenprint: ZDF/maybrit illner

Da saßen heute womöglich eine Menge Bosch-Mitarbeiter aus Bamberg vor der Glotze bei Illner, um ihren Betriebsratschef Mario zu sehen. In der Hoffnung, dass der denen da oben mal ordentlich die Meinung geigt. Und der Genosse Gutmann tat das dann auch. „Alle, die da sitzen, sehen die Probleme nicht“, schimpfte Mario. Und dass ein Land notlos seine Schlüsselindustrien opfert, sei noch nie dagewesen. Das Klimapaket sei eine Mogelpackung mit Ablassbriefen. Zudem sei es denkbar falsch, alles auf die E-Technologie zu setzen. Der Verbrenner ist ideal bei CO2 und NOX. Von den Arbeitsplätzen gar nicht erst zu reden. Ein Diesel stehe für 10, ein Benziner für 3, ein Elektroauto gerade mal für einen Beschäftigten. Wenn er die Klimakinder auf den Straßen sehe, dann „weiß ich nicht, wo die alle arbeiten wollen“. Wahrscheinlich gar nicht. Aber, sagte er dann auch aus heiterem Himmel, und damit machte er alles Vorherige wieder kaputt, „ich bin da bei Herrn Habeck“.

Und schon sind wir am Kindertisch. Maybrit Illner hatte wieder ihre kleinen Freunde eingeladen, den Altmaier Peter und den Robert Habeck. Dazu Nina Treu von der Linkspartei, Carolin Roth, Finanzexpertin und „Journalistin mit Leidenschaft“, und Unternehmer Karl Haeusgen. Und während die am Tisch ihre Gaudi hatten, dürften den zuschauenden Bosch-Mitarbeiter, sofern sie nicht völlig verstrahlt sind, und all den anderen, die Altmaier mit den Worten beschrieb – „Einige spüren die Sorgen, jedenfalls dort, wo Beschäftigte abgebaut werden“ –, denen dürften die Tränen in den Augen gestanden haben – und es waren keine Freudentränen.

Anders als beim Klimawandel liegen nämlich beim Thema „Abschwung, Jobs und Klimarettung – riskieren wir unseren Wohlstand?“ die Fakten auf dem Tisch. Die Chemieindustrie sagt leise „Servus“, die Autoindustrie sagt‘s lauter, und bei den Banken rumpelt‘s richtig. Und das ist erst der Anfang, eine Rezession schleicht heran, und dass an allem nur The Donald und der Brexit schuld sind, daran glauben nur der Staatsfunk und andere denkfaule Medienschaffende. Bange machen gilt nicht, aber was einem wirklich den Schreck in die Glieder fahren lassen muss, sind die Kapitäne, die unseren alten Pott durch raue See steuern wollen, etwa der amtierende Wirtschaftsminister und ein, wenn’s ganz dumm läuft, designierter grüner Kanzler.

Am besten verdeutlicht das Elend allerdings Nina Treu, die laut ZDF (andere Quellen lagen uns so schnell nicht vor) Politikwissenschaftlerin und Ökonomin ist und trotzdem in der Linkspartei. Außerdem wirkt sie bei einer „Bewegung“ (Illner) namens „DeGrowth“ mit. Wir fassen die angebliche Ökonomin ökonomisch zusammen: Schluss mit Wachstum. Wohlstand für alle (auf der Welt). Das kapitalistische System kann die Probleme nicht lösen und ist außerdem undemokratisch. Da hören wir doch direkt die Sektion Sozialistische Volkswirtschaft der HFÖ, die leider historisch nicht mehr die Chance bekommen hatte, ihre Überlegenheit zu beweisen. Jetzt aber.

Habeck, dessen wirtschaftliche Kompetenz zuletzt bei der Pendlerpauschale missverstanden wurde, tänzelte nun erst ein wenig vorsichtig drumherum mit „Wir messen Wohlstand falsch“, „Wir brauchen eine „System-Umstellung, einen System-Wandel“. Aber im Prinzip wollte er sagen: Das, was sie sagte, sage ich auch.

Dass die Grünen nur lackierte Rote sind, dürfte eigentlich niemanden überraschen. Karl Haeusgen, Unternehmer, Vorsitzender des Aufsichtsrats der HAWE Hydraulik SE, München und Vizepräsident des VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V.) – Aufstellung mit Copy and Paste vom ZDF übernommen – zeigte aber dann, wie wenig die andere Seite den Weltveränderern entgegen zu setzen hat. Die Greta findet Haeusgen toll, das Klimapaket springe zu kurz, er fände 110 Euro CO2-Bepreisung besser als die 10 Euro der Regierung, Dafür müsse der Bürger dann beim Strompreis entlastet werden. Woran glaubt der Mann noch? Da müssen wir leider Peter Altmaier gratulieren, der das so zusammenfasste: Ferrari for Future habe die gleichen Intentionen wie Fridays for Future – die Straße frei!

Nein, Haeusgen war eindeutig zu harmoniesüchtig mit den Abschaffern der sozialen Marktwirtschaft, die schon zerbeult genug ist. Da täuscht auch sein gelegentliches Aufbäumen nicht drüber hinweg. DeGrowth wollte er erst einmal übersetzen, um zu zeigen, wohin der rote Hase läuft, aber da sprang ihm Treu gleich ins Gesicht, so dass seine weiteren Worte in der Kakophonie ertranken. Wenigstens traute er sich zu sagen, dass nicht die Autoindustrie den Diesel kaputt gemacht hat (Habeck), sondern politischer Theaterdonner. Und der Bosch-Zuschauer und die anderen Sorgenbürger mussten vernehmen: „Klimaschutz” hat seinen Preis, er wird Arbeitsplätze kosten.

Das ist nun, laut Treu, wohl verdient, denn der deutsche Wohlstand sei immer auf Kosten der anderen entstanden. (Meint sie die anderen, die jetzt alle auf der Welt Mercedes fahren, an Stelle der Deutschen nun Kühlschränke und TV-Geräte herstellen und Reis im Überfluss haben? Grotesk.) „Industrie können wir total gerne behalten“, konzedierte sie gnädigerweise, „aber anders.“ Und die neuen Arbeitslosen „können in die Solarbranche gehen oder in die Pflege.“ Wir zitieren das nur, weil sie sagte, was Robert Habeck dachte, der dann noch versprach „Wir schützen Freiheit und Gerechtigkeit.“ Ergebensten Dank.

Weil ja nun der Winter kommt, muss da nicht die Schwarze Null aufgegeben werden? Fragte Illner. Logo, sagte Habeck, er träumt von einer Verschuldung für einen Zukunftsfonds (den dann ja Anton Hofreiter leiten könnte, oder Annalena Baerbock?) und von gigantischen Investitionen in neue Technologien. „Wir geben für Künstliche Intelligenz gerade mal 500 Millionen aus, das investiert in China eine Stadt alleine!“ Da half es auch wenig, dass Altmaier ihm erklärte, in einer Marktwirtschaft investieren Unternehmen in die Zukunft, nicht der Staat. In Habecks Staat sieht das eben anders aus.

Aber einen Augenblick lang müssen wir den krausen Robert Habeck mal ganz ernst nehmen. Sein Argument für eine Neuverschuldung: „Die Schwarze Null macht keinen Sinn, wenn … (uninteressant)… und (jetzt kommt‘s:) möglicherweise der Euro kollabiert.“ Hallo? Weiß der mehr, als wir ahnen?

„Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“, weiß der leidgeprüfte Deutsche von seinem Hölderlin. Und heute nahte es in Gestalt von Peter Altmaier. Auch wenn es noch so schlimm kommt, er kennt Zufriedene auf der Welt, die nichts haben. Da nimmt er sich sogar selber ein Beispiel dran: „Mit einem Stück Käse und einem Baguette bin ich sehr zufrieden.“ Guten Appetit.

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