Eine Woche vor den entscheidenden Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg steht die Bundesregierungen schwer in der Kritik, die CDU ist demoskopisch im Sinkflug. Zuletzt wurde selbst schon in Öffentlich-Rechtlichen Talkshows Merkel-Kritik geübt. Das hat die Redaktion erkannt und schnell reagiert. Das Thema lautet diesmal: „Wie radikal soll Wohnungspolitik sein?“ Aufhänger sind die viel diskutierten Äußerungen der Grünen über Einfamilienhäuser.
Ihre Hauptgegnerin wird Mohamed Ali in Aygül Özkan finden. Özkan ist Geschäftsführerin des Zentralverbands der Immobilienwirtschaft Deutschlands und bietet der Linken-Politikerin immer wieder ordentlich Paroli. Statt „Spekulanten, Spekulanten, Spekulanten“ spricht die ehemalige CDU-Politikerin von „Bauen, Bauen, Bauen“.
Getrennt werden die beiden Frauen vom SüZ-Journalisten Gerhard Matzig. Der erklärt zwar – Überraschung – dass er den Grünen nahestehe, lehnt jedoch die Bevormundungsimpulse der Partei ab. Aber er findet schon „dass man das Einfamilienhaus unter ökologischen Gesichtspunkten auch problematisieren kann“. Er wohnt selbst auch in einem schicken, innovativen Einfamilienhaus in einer der zum Wohnen teuersten Städte der Republik. Kein Scherz: Allein die Frau vom bösen, kapitalistischen Haifisch-Immobilienverband wohnt auf Etage. Da kann man die Debatte gleich viel ernster nehmen.
Neben Matzig sitzt der CDU-Bundestagsabgeordnete Kai Wegner. Der Berliner Parteichef erklärt, er sei „dagegen, den Menschen vorzuschreiben, wie sie zu wohnen haben“. Doch seine Vorschläge, Wohnungen stattdessen lieber auf dem Dach eines Supermarktes zu bauen, dürften eher wenige überzeugen.
Die Grünen selbst werden in der Runde durch die Bonner Oberbürgermeisterin vertreten. Katja Dörner bemüht sich nach Kräften, als moderate Realo-Stimme aufzutreten. Sie erkennt tatsächlich auch an, dass die Mieten nicht nur wegen des bösen Kapitalismus, sondern tatsächlich auch und vor allem durch staatliche Gebühren ansteigen. Somit muss Mohamed Ali alleine gegen das Großkapital ankämpfen – ein richtiger Thrilla in Manila wurde es aber leider auch nicht wirklich.
Dann ist man dem Kern auf einmal ganz nah und doch so fern
Doch der wahren Antwort auf die Frage, warum wir Wohnungsnot in Städten haben, wird keiner auf den Grund gehen – jeder erfindet sich seine eigene Erklärung. Özkan sagt, die deutsche Regulierungswut habe schuld. Mohamed Ali beschuldigt, natürlich, Kapitalismus und Spekulanten. Als zum Schluss der Sendung ein Wohnkomplex voller leerstehender Wohnungen im Frankfurter Europaviertel gezeigt wird, kommt man der Wurzel des Übels plötzlich gefährlich nahe – nur wenige Straßen weiter residiert nämlich die Europäische Zentralbank. Über den massiven Einfluss ihrer verheerenden Inflationspolitik auf den Wohnungsmarkt verliert aber niemand ein Wort. Am Ende verlangt sonst noch einer von Politikern, das Problem auch an der identifizierten Wurzel zu packen. So verbleibt die Debatte bei Symptombekämpfung mittels Placebos – dafür trommeln die Schamanen aber tanzend im Takt ums Lagerfeuer.