Wohl nicht nur alte weiße Männer kennen aus ihrer Jugend das Sprichwort: „Aus Schaden wird man klug“. In der Regel ist das wohl auch so. In Deutschland aber mit einer besorgniserregenden Ausnahme – der für die Bekämpfung der Corona-Pandemie zuständigen Teile der Bundesregierung. Völlig ungerührt und ohne jeden Selbstzweifel setzt sie die Serie „Pleiten, Pech und Pannen“ fort: vom Maskendesaster zu Beginn der Pandemie – mit all seinen unappetitlichen Begleitumständen, über den Flop mit der App, über die Lachnummer mit dem „Impfstoff gleich zum Jahresbeginn“ bis hin zum massenhaften Betrug und wundersamen Ergebnissen bei der jüngsten Test-Großoffensive.
Lindners Verständnis ging sogar so weit, die schnelle Vorgehensweise Spahns’ beim Testen zu loben, und dieses mit dem unbürokratischen Handeln in der Privatwirtschaft zu vergleichen. Wörtlich fügte er noch hinzu: „Da kommt es eben vor, dass man nicht alles und jeden Punkt vorhersehen könne.“ Wirklich ernst gemeint haben kann das der Cheffreidemokrat wohl nicht. Jedenfalls dürften sich viele Manager und Facharbeiter unserer noch starken Exportindustrie an den Kopf gefasst haben. Man stelle sich vor, Deutschlands Automobilhersteller Nr. 1 der Luxusklasse, Mercedes-Benz, würde bekanntgeben: „Alle Fahrzeuge wurden pünktlich ausgeliefert, nur haben wir vergessen, das Getriebe einzubauen – holen das aber, und das ist die gute Nachricht, in den nächsten Wochen nach.“ Lindners eigentümliches Verhalten dürfte nicht, wie Will vertraut mutmaßte, in der Freundschaft der Herren begründet sein, sondern vielmehr in der Vorstellung, sich in wenigen Wochen nach der Bundestagswahl in Koalitionsverhandlungen gegenüber zu sitzen. Niemand kann heute den Ausgang des Wählervotums vorhersagen. Dass es aber zu verschieden denkbaren Konstellationen kommt, ist anzunehmen. Wer will da gerade zwischen FDP und CDU schon jetzt zu viel Porzellan zerbrechen?
Die Fortsetzung der Misere deutet sich übrigens schon an. Da gibt es also Teststellen, die bei 25.000 Proben kein einziges positives Ergebnis erzielten. Ist es angesichts dessen auszuschließen, dass mittlerweile ein Handel mit negativen Tests gegen ein kleines Handgeld über die Bühne geht? Aber wie sagten Spahn und Lindner wie aus einem Munde, wenn man schnell handelt, kann man beim besten Willen nicht an alles denken.