Für uns sieht die Sache so aus: Armin Laschet, Ministerpräsident vom Homeland NRW, sieht seine Felle als Kanzlerkandidat der Union schwinden, seit er sich zur Corona-Bekämpfung erst nach Karneval aufraffen konnte, während Schwesterparteifreund Söder Gebot auf Gebot erließ, dem die meisten Bundesländer schnell folgten und Armin Laschet nun wie ein Jeck dastehen lassen.
Als dann auch noch Franz Josef Wagner in BILD schrieb „Mein Held ist heute schon Markus Söder“, lief Laschet hilfesuchend zu Merkel, als deren Lieblingsnachfolger er sich sieht, damit sie ihm gegen den auftrumpfenden Bayern beistehe. Woraufhin Merkel nun mit allen Ministerpräsidenten gemeinsame Regeln formulierte, so dass es in Zukunft nicht mehr heißt: Söder befiehl, wir folgen dir, sondern: die Kanzlerin schreitet uns voran (und als erster in der Reihe wieder der Armin). Denkste Puppe. Denn Söder lässt sich nicht die Butter vom Brot nehmen, sondern bleibt in Bayern bei seinen Verordnungen. Basta.
Wieder lag es bei Anne Will, der solo-selbstständigen Merkel-Sprecherin, die neue Agenda zu verkünden und den bayerischen Ministerpräsidenten öffentlich für seine Eigenmächtigkeiten zu rügen. Der zeigte ihr allerdings von Anfang an, wer Koch und wer Kellner ist, er saß nämlich nicht in personam in der Runde, sondern zugeschaltet aus München. Schließlich habe er Wichtigeres (Gespräche mit Krankenhauschefs, etc.) zu tun. Die Merkelschen Regeln erläuterte Söder so: „Im Wesentlichen“ sei entschieden worden, was „wir vorgegeben haben“ (also er in Bayern), es sei eine „ziemlich einheitliche Regelung“ herausgekommen, und zerstritten sei man überhaupt nicht, die Entscheidungen liegen halt bei den Ländern, und er habe einen Amtseid geschworen.
Söder verkündete dann, dass in Bayern nun Besuche im Krankenhaus nur noch bei Palliativ-Fällen, kranken Kindern und Geburten erlaubt seien. Den denkwürdigen Satz „Jens Spahn opfert sich auf, dass wir Material bekommen“ können wir nur als Retourkutsche interpretieren, denn Spahn hatte versucht, die Länder zugunsten des Bundes in Gesundheitsfragen zu entmachten.
Zudem gibt uns Spahns Selbst-Aufopferung Gelegenheit Bernadett Erdmann, Klinik-Chefärztin aus Wolfsburg, in die Show einzuführen. In ihrer Klinik fehlt es an allen Enden. Personal ist knapp, Schutzkleidung und Masken reichen noch für eine Woche. Die Entscheidungen der Regierung kämen zu spät (Söder sieht entspannt aus), Frau Erdmann fürchtet in wenigen Wochen den Kollaps des Systems.
Wir waren froh, dass selbst die Klinikleiterin nun nicht genau weiß, was Merkel da eigentlich verordnet hat: Empfehlungen, Regeln, oder einen Beschluss. Zudem befürchtet Erdmann bei allzu langer Ausgangssperre (wie immer man die nun nennt) einen Anstieg der häuslichen Gewalt.
Was uns zu Sebastian Fiedler vom Bund Deutscher Kriminalbeamter bringt. Der klagte zunächst, auch die Polizeibeamten (aller Geschlechter) seien nicht mit Schutzmaterial ausgestattet, fühlte sich außerdem berufen festzustellen, Bayerns „Vorpreschen“ habe „zu Verunsicherung der Bevölkerung geführt“. In Frankreich sei das besser gelaufen. Nun ist das doppelter Blödsinn, denn Frankreich ist ein zentralistischer Staat, kein föderaler, und warum sollten die Bewohner im Homeland NRW – Fiedler kommt aus Laschet-Land – durch Maßnahmen in Bayern verunsichert sein?
Minister Braun versprach den Kliniken alles zu zahlen, was sie bräuchten, beim Material finge die Verteilung jetzt an (was wir auch schon in der letzten Corona-Talkshow gehört hatten). Warum auch er noch mal betonte, Jens Spahn sei „unermüdlich dabei“? Vielleicht glaubt‘s sonst keiner. Auch Tobias Hans, als Ersatzmann für Söder auf dem beigeschalteten Schirm (wie gesagt, Söder hat Wichtigeres zu tun), betonte, „da ist der Jens jetzt dran“. Ansonsten predigte der Ministerpräsident des Saarlands, der wie ein dem Priesterseminar entflohener Novize wirkt, von Europa, das zusammenstehen müsse, und dass er erkrankte Freundinnen und Freunde aus Frankreich nun auch auf saarländische Intensivstationen verteile. Nein, nein, das sei kein Problem, die Kapazitäten seien da, gut, das Material sei knapp, aber: „Da ist der Jens ja dran.“
Wie lange gelten nun die Regelungen? Erst mal für 2 Wochen. Dann schaun mer mal. Wir haben ein wenig ein schlechtes Gewissen, nicht näher auf die nett anzusehende Virologin Melanie Brinkmann aus Braunschweig eingehen zu können, aber Neues wusste sie auch nicht zu berichten.
Stattdessen wollen wir den zugeschalteten Taxifahrer aus Berlin kurz erwähnen mit seiner Frage: Wann kann icke denn jetzt mit Hilfe rechnen? Da muss er bei seiner rotrotgrünen Regierung nachfragen. Ländersache. Eine Verdi-Vertreterin forderte statt 60% Kurzarbeitergeld 100%, wurde aber von Minister Braun abschlägig beschieden. Dass SPD-Ministerkollege Scholz mit 600.000.000.000 Euro (in Worten sechshundert Milliarden) Großunternehmen in Schieflage verstaatlichen will (Banken gehen extra) wurde nicht weiter besprochen. Braun hatte noch ein diffuses Rechenmodell für die Kleinen dabei. Wer eine Firma mit fünf Angestellten habe, erhielte für drei Monate 9.000 Euro. O Mann!
Anne Will kennt solche Sorgen nicht, der Staatsfunk ist ein medienkriegswichtiger Betrieb, da wird weiter üppig gezahlt. Ach, und Frau Dr. Merkel arbeitet übrigens die nächsten zwei Wochen wegen Corona ab sofort von zuhause aus. Gute Nacht.
Lesen Sie Stephan Paetow auch auf