Tichys Einblick
Wenn die Regie nicht klappt

Bei Anne Will: Diesel-Fahrverbote – Mumpitz aus politischem Kalkül

Alle Dieselfahrer warteten auf Dieter Köhler, auf dass er ihnen die Absolution erteile. Gastgeberin Anne Will versuchte einiges, um ihn zu diskreditieren. Und dann zanken sich die Ärzte, die Grüne redet dazwischen.

Screenprint: ARD/Anne Will

In letzter Zeit zeigt der rot-grün-ökonomische Komplex einige Schwächen. Wie konnte es zum Beispiel passieren, dass inmitten der Enteignungsprozesse deutscher Dieselfahrer Lungenärzte an die Öffentlichkeit treten konnten mit der eindeutigen Aussage: Kein einziger Dieseltoter ist zu beklagen, die Grenzwerte sind Mumpitz mit politischem Kalkül. Diplom-Journalistin Anne Will bemühte sich nun nach Kräften die Reihen wieder zu schließen. Zwar hatte sie den Rädelsführer der Pneumologen, Dieter Köhler, eingeladen, aber ihn entsprechend eingehegt. Soweit die Regie. Aber bekanntlich kommt es im Leben anders, wenn die Menschen nicht so wollen wie die göttliche Regie einer öffentlich-rechtlichen Talkmasterin.

Lungenärzte gegen Diesel-Hysterie
Wir sind weder Arzt noch Ingenieur, weder Fachmann noch Dieselfahrer, also wäre es in unseren Augen ratsam, zunächst die Experten zu Wort kommen zu lassen. Sprich Annalena Baerbock. Die Politologin ist Fachfrau für grüne Außen- und Sicherheitspolitik, im Völkerrecht zu Haus und Expertin für Verbote aller Art. Die Grenzwerte seien geltendes Recht, die Konzerne sollen umrüsten, außerdem habe sie Gesinnungsgenossen in der EU und bei der WHO und die haben alle gesagt Hau weg den Diesel. Außerdem geht es ihr nur um die Menschen, die Alten, die Schwangeren, die Kleinkinder und die Asthmatiker.

Überraschung aus der Hauptstadt der Irrationalität

Steffen Bilger, Staatssekretär im Verkehrsministerium, hat uns überrascht. Wir hatten die CDU schon weitestgehend aufgegeben und als Merkel-Applausverein der SPD in den Abgrund folgend gesehen, aber der junge Herr Bilger ließ sich auch vom leicht ins Keifende fallenden Annalena-Ton nicht beeindrucken, erklärte der Grünen so geduldig wie vergebens, dass die Luft so sauber ist wie seit Jahrzehnten nicht, dass inzwischen 98% der Betrugsfälle nachgerüstet seien und Nicht-Betrugsfälle vom Rechtstaat kaum geahndet werden können. Mal sehen, wie sich der junge Herr Bilger in Zukunft schlägt, denn Verbote sind für Grüne offensichtlich das, was für Raubkatzen ein schönes Stück Fleisch ist, und davon lassen beide kaum durch Argumente ab.

Politik gegen die Menschen
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Während alle Dieselfahrer auf Dieter Köhler warteten, dass er ihnen die Absolution erteile, hatte Anne Will zu dessen Diskreditierung zunächst dem Epidemiologen Heinz-Erich Wichmann das Wort erteilt. Der sah sich genötigt, die Wichtigkeit der Epidemiologie zu erklären, weil es da wohl einige Zweifel gibt. Denn im Grunde sind die Epidimos Statistiker, und das ist ja eher ein Schimpfwort im 13. Merkeljahr, was selbst Heinz-Erich klar geworden sein muss. Jedenfalls haben wir gelernt, dass 55 Experten aus „allen möglichen Ländern“, „Leute, die was vom Messen verstehen“, „Lungenärzte und andere“, Literatur zusammengetragen und analysiert haben und daraufhin WHO-Richtwerte angegeben haben, die von der EU zu politischen Grenzwerten umformuliert und nach Deutschland durchgereicht wurden, wo sie vom Bundesumweltministerium (da agiert eine Frau Schulze in etwa so wie Greta Thunberg, das Ökomädel aus Schweden) ganz eng verbündet mit dem Klage- und Abmahnverein Deutsche Umwelthilfe, genutzt werden, um die Dieselfahrer zu drangsalieren.

Zahlensalat, bitte selber mischen

So deutlich erklärte der ein wenig selbstgefällige Heinz Wichmann die Sache natürlich nicht. Nur eines wurde unmissverständlich klar. Der Mann bezieht sich auf Zahlensalat, den man jederzeit auf Wunsch auch völlig anders mischen kann. Unterhaltsam war er allein durch seinen Rochus auf den Diesel-Gott Dieter Köhler, der ihm schon im Vorfeld mächtig die Schau gestohlen hatte.

Nun gut, Dieter Köhler hat Heinz-Erich aber auch ordentlich zugesetzt. Den Tätigkeitsbereich seines Kontrahenten beschrieb er dem Publikum in etwa so: Wenn in einer Gegend viele Kinder geboren werden, und es zugleich viele Störche gibt, dann schließt die Epidemiologie darauf, dass die Gegenwart von Störchen auf Kinderreichtum deuten könne.

Denkwürdige Selbstdarstellung
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Natürlich ist auch Köhler nicht frei von Eitelkeit, und er wies nur allzu gern darauf hin, sich über die Frage NO2 und Feinstaub schon 1986 habilitiert zu haben, flocht den einen oder anderen Forschungspreis ein, gestand der WHO zu, am Anfang ernsthaft bemüht gewesen zu sein, aber seit seit 2005 sehr viele Forschungsgelder in den Bereich geflossen seien, habe man die Ergebnisse immer mehr politisch angepasst. Wäre Heinz-Erich ein Rapper, wäre er Dieter ins Gesicht gesprungen. Für die Dieselfahrer aber gilt: Diedericus te absolvat! Dein Auto ist h.a.r.m.l.o.s.

Die Diplom-Journalistin Will fühlte die Dämme brechen und wollte die Thesen des Professors der Pneumologie diskriminieren mit dem rot-grünen Argument, „Sie arbeiten ja mit einem Mann von Daimler zusammen“. „Einem anerkannten Fraunhofer-Experten“ fügte Köhler hinzu. Wozu auch Fachleute, wenn wir Grüne haben in allen diesen Kommissionen?

Krawall der Fachärzte

Und dann war es ein wenig wie bei der Lehrerkonferenz in der Feuerzangenbohle. Der „Weltverband der Lungenärzte mit 70.000 Mitgliedern aus Afrika und Asien“ steht nicht hinter Ihnen, Herr Kollege“, schimpfte Wichmann. „Wie ich in meinem Buche beschrieben habe“ dozierte Köhler. „Ich habe die Daten in meinem Computer“, drohte der eine, „ich habe sie dabei!“ der andere.

Jedenfalls sind die Grenzwerte am Arbeitsplatz 200 x höher, die Amerikaner lassen 100 mg zu, selbst die strengen Kalifornier fette 52. Wer es genau wissen will, dem seien die Artikel von Holger Douglas hier bei TE ans Herz gelegt. Was bleibt ist: Die wissenschaftliche Basis der Grenzwerte ist zumindest fragwürdig. Auf Mumpitz kann keine sinnenhafte Politik bauen.

Einen Einspieler kündigte Will mit den verlogenen Worten an, „NDR-Kollegen hätten recherchiert, was bei den Messstationen veränderbar wäre.“ Richtig müsste es heißen, wie wir betrogen werden. Denn was hier läuft „trägt Zeichen von Comedy“, sagte ein Mann vom Fraunhofer Institut. TE-Leser wissen: Die Meßcontainer werden so aufgestellt, dass sie den gewünschten Zahlensalat mischen. Ein halbes Jahr später hat es jetzt auch der NDR gemerkt, wir gratulieren.

Schadstoffe überall
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Und wenn, sagte Steffen von der CDU, müssen die Grenzwerte überall in Europa eingehalten werden. Nur in anderen EU-Staaten wird anders gemessen, dann passt das schon. Annalena Baerbock behauptete auf Grünen-Art, die EU habe alle Messstellen in Deutschland überprüft, was natürlich der reine Nonsense ist. Und immer wieder „alle Menschen“, „chronisch Kranke müssen auch an der Autobahn (ok, an stark befahrenen Straßen hat sie gesagt) leben können“, „verantwortungsvolle Politik“, und schließlich ging es ihr um „saubere LUST“, was natürlich ein freudscher Versprecher war, aber zeigt, welche Felder noch grüner Regulierung harren.

Judith Skudelny (FDP) war wie Steffen Bilger von klarem Verstand (der Grund, warum ihr so wenig Redezeit zuteil geworden ist?), forderte ein Moratorium und Aufschub der Fahrverbote, verdeutlichte, die EU habe gefordert Messstationen neutral, weg von Kreuzungen, aufzustellen, wir versuchen hingegen alles um Höchstwerte hinzubekommen. Das könne man besonders klar gerade in Stuttgart sehen. Dort demonstrierten am Sonntag wieder ein paar Aufgebrachte mehr, und Dutzende Demonstrationen sind bereits angemeldet. Ein Volksaufstand auf „Reichsbürger-Niveau“, wie ein Grünen-Abgeordneter behauptet hat? 

Ja, aber die Anwohner, Schwangeren, Klein … jammert Baerbock. Da sind nur Bürogebäude, tröstet Skudelny. Das gelte für die meisten Messstationen: „Da wo die Geräte stehen, laufen keine Schwangeren daher.“ Deshalb: Die Leute haben die Autos rechtmäßig gekauft und dürfen nicht enteignet werden.

Beifall. Überhaupt war das Publikum verwirrt, und am Ende können wir feststellen, das Applaus-o-Meter schlug eindeutig heftiger auf der Seite der Vernunft aus. So geht das, wenn die Regie nicht klappt weil die Menschen nicht mehr so mögen, wie sie sollen.

 

In einer großen Leseraktion im März und April 2018 haben TE-Leser uns Bilder der Messstationen in ihren Städten geschickt.
Hier noch einmal die Übersicht und zu den einzelnen Artikeln:

Teil 1: Messtationen in Stuttgart, Leipzig, Fulda, Magdeburg, Rostock, Marburg und Tübingen

Teil 2: Messstationen in Ludwigsburg, Hannover, München und Siegen:

Teil 3: Messstationen in Hamburg, Wiesbaden, Cottbus, Dortmund und München

Teil 4: Messstationen in Berlin, Hannover, Halle an der Saale, Wuppertal und Göttingen

Teil 5: Messstationen in Darmstadt, Leonberg, Kiel und Gelsenkirchen

Teil 6: Messstationen in München, Plauen/Vogtland, Osnabrück und Norderstedt

Teil 7: Messstationen in Oldenburg, Köln, Leipzig, Nürnberg, Kassel und Essen

Teil 8: Messstationen in Potsdam, Berlin, Duisburg und Stralsund

Teil 9: Messstationen in Reutlingen. Ludwigshafen, Dortmund, Dresden, Würzburg, München,



Der etwas andere Jahresrückblick: 
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