Tichys Einblick
GroKoGrü reicht für Regierung und Opposition

Bei Anne Will bleibt Trump das ultimative Böse und jede Erkenntnis bleibt aus

„Was Donald Trump gemacht hat war die feindliche Übernahme der republikanischen Partei, sagt Norbert Röttgen. Wie würde er nennen, was Angela Merkel mit der CDU gemacht hat? Und dann verspricht er noch schnell die Gebührenerhöhung. Damit ihn ARD/ZDF weiter lieb haben?

Screenprint ARD: Anne Will

Guter Journalismus lebt auch von Netzwerken. Wer gut vernetzt ist, kann sich dieser Tage kaum retten vor mitunter auch obskuren Websiten-Empfehlungen, vor Links und Texten, die alle mehr oder weniger von einem gigantischem Wahlbetrug in den USA zu Ungunsten von Donald Trump sprechen. Einspruch im Sinne von Joe Biden wird pauschal abgetan damit, dass man zuviel MSM gelesen hätte.

Unnötig hier eingangs zu erwähnen, dass Anne Will mal wieder ohne Opposition ins Rennen geht und die Wendungen rund um die Präsidentenwahl alleine mit der Großen Koalition bespricht. Mit schlechtem Gewissen? Kennt die Moderatorin schon lange nicht mehr. Diese öffentlich-rechtlichen Fernsehfrauen (Illner, Maischberger, Will) nebst Frank Plasberg werden selbst am besten wissen, was sie aufgegeben haben, seit sie dereinst als Journalisten angetreten sind.

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Am Nikolaustag will Anne Will also über Donald Trumps Wahlniederlage sprechen, die ist aber in einigen Köpfen als solche noch gar nicht angekommen. Der Präsident hat diese Zweifel noch befeuert in einer Dreiviertelstunden andauernden Rede, die er selbst für die wichtigste seiner Laufbahn hält – ebenso bei einer Veranstaltung in Georgia.

Da alles besprechen soll der ehemalige Außenminister Sigmar Gabriel wohl in seiner Funktion als Vorsitzender der Atlantik-Brücke gemeinsam mit dem Vieltalker Norbert Röttgen, der Vorsitzender des Auswärtigen Auschusses und Vorstandsmitglied der Atlantik-Brücke ist und CDU-Chef werden will.

Die beiden Brücken-Kumpel aus dem Dunstkreis der GroKo werden eingerahmt von Samira El Ouassil und Angelika Kausche. El Ouassil ist Kolumnisten und Kausche demokratische Abgeordnete im Repräsentantenhaus in Georgia. Ebenfalls noch mit dabei ist der Republikaner Peter Rough, seines Zeichens US-Politik-Berater, der zuletzt am selben Ort zugeschaltet wurde, als es ebenfalls um Donald Trump und sein Nachwahlverhalten ging. Er und Kausche kommen aus den USA via Bildschirm ins Studio, beide sprechen hervorragend deutsch, Wurzeln in Wuppertal und im österreichischen Kärnten.

Also los gehts:
Anne Will startet ganz schwach gegen Donald Trump, der hätte für einen Besuch in Georgia „sein Golfspiel unterbrochen“. Zu so etwas muss man als Journalist erst einmal runtersteigen. Will spricht weiter davon, das Trump wieder ohne Belege behauptet hätte, die Wahl gewonnen zu haben. Da muss man Anne Will schon mal gratulieren, dass sie den Haufen an Material, den Trumps Team hingeworfen hat, so schnell als kompletten Windbeutel entlarvt hat. Das muss viel Arbeit gewesen sein, dieses Dickicht zu durchdringen hin zu so einer klaren Positionierung.

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Für Norbert Röttgen missachtet Trump die Grundregeln der Demokratie, „nämlich Wahlen.“ Nun wissen Anne Will wie Röttgen auch, dass es zur Demokratie gehören sollte, Wahlen korrekt ablaufen zu lassen und vor allen Dingen, auch Widerspruch gegen Wahlergebnisse zum demokratischen Prozess dazuzuzählen. Ist den beiden vollkommen wurscht. Ebenso, wie die Tatsache, dass Donald Trump nach wie vor Präsident ist und alles andere macht, als sich im Weißen Haus zu verschanzen. Er darf dort noch sein, er ist noch im Amt. Was für ein gespenstischer Talkshowbeginn. Röttgen geht noch weiter, spricht von einer „narzisstischen Legende des Unbesiegbaren“. Küchenpsychologie, Verachtung und die Fortführung einer jahrelangen Kampagne gegen Trump, anstatt endlich einmal im Detail gegen seine Politik zu argumentieren.

Republikaner Peter Rough erinnert daran, dass die Wahlbetrugsvorwürfe von Donald Trump mittlerweile seine Anhänger zu Spenden in Höhe von vielen hundert Millionen Dollar bewegt hätten, und Donald Trump im Übrigen auch schon durchsickern ließ, dass er in vier Jahren wieder kandidieren wird. Sicher ist Rough kein Anhänger von Trump, aber die werden auch unter den Republikanern weniger, seit auch dort für viele die Wahl für Trump mit der Stimmenauszählung verloren ist. Peter Rough erinnert daran, dass fast alle der einflussreichen Republikaner im Land die Wahl „als gegessen ansehen“ würden. Rough ist sich sicher, dass die USA am 20. Januar eine Machtübergabe erleben werden.

Samira El Ouassil erzählt irgendwas von einem Antiinstitutionalismus von Trump, versucht sich also auch nahtlos anknüpfend an den Blick der Medien auf Trump in Küchenpsychologie, was dann auch leider nur begrenzt unterhaltsam ist. „Er hat fast kultische Anhänger“ sagt sie noch. Was immer das bedeuten soll. Schweres Durchatmen auch bei El Ouassil selbst, als sie fertig ist und nun auch Sigmar Gabriel seinen Kübel über Trump auskippen darf.

War es wirklich so schwer, jemanden zu finden, der ein paar Brocken deutsch kann und irgendetwas von dem meint zu verstehen und auch noch zu unterstützen, was Trump gerade macht? Also mindestens in der AfD fallen dem Rezensenten hier gleich ein Paar ein, die entsprechende Emails/WhatsApp geschickt haben. Aber der deutsche Oppositionsführer muss draußen bleiben, der Bundeswahlkampf in Deutschland hat längst begonnen.

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Lustiger Satz von Anne Will bei der Anmoderation von Gabriel. Der würde sich ja als ehemaliger Außenminister auch mit der großen Weltpolitik auskennen. Wieviele Monate lang nochmal hat er das Amt bekleidet? Das muss man sich vorstellen, so etwas würde man einmal über den amtierenden Außenminister sagen müssen, wenn der mal keiner mehr ist, also spätestens Herbst 2021. Also Heiko Maas nachgereicht schon des dann gewesenen Amtes wegen Kompetenz zubiligen?

Gabriel sagt im Prinzip nichts anderes als seine Vorredner, verweist aber noch auf so etwas wie eine Konkurrenz zwischen jenen, die bei den Republikanern den politischen Wettbewerb befürworten würden, und anderen, die im Gegenüber nur den Feind sehen, der „den Untergang des Abendlandes“ mit sich brächte. Das allerdings erinnert nun wieder stark an die Verhaltensweisen des deutschen politischen Establishments, die nahtlos die Formel der Pegida-Bewegung übernommen haben, ohne dass es jemand besonders aufgefallen wäre, indem sie eben das der AfD unterstellen: Den Untergang des Abendlandes voranzutrieben, alo die Demokratie zu gefährden und das Wertesystem zu zerstören. Alles also nur eine Frage des Blickwinkels. In dieser argumentativen Synchronschwimmerrunde im öffentlich-rechtlichen Zwangsgebührenfernsehen allerdings noch einmal eine Peinlichkeitsumdrehung höher geschaltet.

Ja, das klingt schon richtig gehend lächerlich von Gabriel, Trump nach vier Jahren Amtszeit ernsthaft vorzuwerfen, der Präsident bräuchte für sein politisches Konzept „Feindschaft“. Wenn sich einer am Besten auskennt, wie sich die ungehemmte und offen vorgetragene Feindschaft der anderen anfühlt, dann doch wohl Trump.

Joe Biden wäre ohne diesen zelebrierten Trump-Hass aus vier langen Jahren nicht einmal in die Nähe von Washington gekommen. In einer Sache allerdings könnte Gabriel Fachmann sein, nicht als Außenminister, sondern als Verlierer. Oder sind seine Erfahrungen da noch zu schmerzhaft, als dass er offen darüber sprechen kann? Die Frankfurter titelte Anfang 2018: „Sigmar Gabriel: Der Verlierer.“

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Angelika Kausche, die Demokratin aus Georgia ist dran. Sie sagt von sich, sie wäre politisiert worden unmittelbar durch die Wahl von Donald Trump. Von da aus wurde sie die erste Deutschstämmige im Repräsentenhaus von Georgia, was immer das nun im Detail für eine Bedeutung hat. Diese Talkshow jedenfalls ist auf eine Weise bedeutungslos, dass die Finger zeitweilig rebellieren und auf der Tastatur einfach nicht weiter tippen wollen.

Ein wichtiger Moment in einer vollkommen unwichtigen Talkshow: Republikaner Peter Rough erinnert immerhin noch daran, das auch die Wahl von Trump über Monate massiv angezweifelt wurde, als man Trump beharrlich unterschieben wollte, er sei eine Marionette von Wladimir Putin. So gesehen jetzt also nur eine Retourkutsche eines Egomanen oder doch berechtigte Zweifel an einem undurchsichtigen Wahlsystem in den USA?

Sigmar Gabriel geht noch einen Schritt weiter, er spricht den Republikanern gar ihre politische Stringenz ab, diese hätten sich längst mehrheitlich radikalisiert. „Die republikanische Partei ist nicht die, die wir kennen“, befindet Gabriel. Wir werden ihn bei Gelegenheit mal fragen, was er von der CDU unter Merkel und der SPD unter ihrer Doppelspitze so hält. Haben sich die Republikaner in den USA mehr verändert als die CDU in Deutschland? Und kann man das überhaupt vergleichen?
Parteien dürften sich ja entwickeln, so Gabriel großzügig, aber man solle nicht so tun, als wäre das noch die selbe Partei. Was für eine sinnleere Ausage. Die Straße draußen ist bei Regen nass. Sie ist noch eine Straße, aber nicht mehr die selbst wie zuvor? Gaga-TV.

„Wenn das so bleibt“, so Gabriel zur Spaltung der Gesellschaft in den USA, „dann passiert doch Folgendes, dann sind die außenpolitischen Aktivitäten Amerikas oftmals Reflex innergesellschaftlicher Auseinandersetzungen.“ Wenigstens dafür müsste Gabriel mal ein Tee spendiert werden, aber leider kein Samowar in Sicht, nur ein Lächeln von Nofretete.

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Interessant wird es da, wo Gabriel feststellt, dass fehlende Zweidrittelmehrheiten in den USA Länder wie China stärken würden, dass also ganz normale demokratische Prozesse mit nicht ganz so ausgeprägten Mehrheiten am Ende Diktaturen stärken? Da braucht sich Gabriel, jedenfalls was Deutschland angeht, keine größeren Sorgen machen, wo Zweidrittelmehrheiten dank GroKoGrü, also großer Koalition plus Grüne überhaupt kein Probelm darstellen. Was für ein hemdsärmliger Blick eigentlich aus diesem harzigen Goslar hinüber auf die Welt. Angst vor der Demokratie am stärksten ausgeprägt beim alternden Establishment.

Samira El Ouassil wird als „Kolumnistin bei Spiegel und Übermedien“ untertitelt, was für eine enthemmte Kombination ist das nun wieder? Und was für eine enthemmte Psychologisierung, die El Ouassil da vorträgt, quasi als Unterbau der Diskussion, die ja gar keine ist, sondern eine Ansammlung von Beiträgen ein und der selben engmaschigen Haltung.

Norbert Röttgen pathologisiert gleich lustig weiter, spricht von einem Giftentzug, den die amerikanische Gesellschaft jetzt durchmachen müsste. „Was Donald Trump gemacht hat“, so Röttgen, „war die feindliche Überhnahme der republikanischen Partei.“ Auch wenn es nicht unmittelbar damit zu tun hat, bietet sich der Vergleich trotzdem an: Wie nennt man also, was Angela Merkel mit der CDU gemacht hat?

Angelika Kausche möchte, das die Republikaner endlich mal Farbe bekennen, ob sie überhaupt noch zur Demokratie stehen. Anne Will möchte von Peter Rough wissen, wann sich denn nun die Republikaner aus der Gefolgstreue gegenüber Trump lösen würden, bekommt vom Republikaner aber nur als Antwort, das die angerufenen Gerichte alle der Reihe nach für Joe Biden entscheiden hätten, der auch der nächste Präsident der Amerikaner werde.

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„Wir gehören hier in Deutschland zum Teil des politischen Establishments“, erwähnt Sigmar Gabriel mit einer einholenden Handbewegung, die jeden nebst Anne Will in der Runde mitnimmt. Sagen will er damit, dass Politik nur vom Establishment gemacht werden kann. Weil sonst Leute kämen, „die vom Job kein Ahnung haben.“

Was eine bessere Ahnung vom Job aber für einen Sinn macht, wenn die politischen Entscheidungen und ihre Folgen für das Land, die Nation und das Volk fatal sind, kann Gabriel nicht beantworten. Warum nicht? Weil niemand danach fragt. Gabriel hat ein bisschen Mitleid mit Joe Biden, er wüsste selbst, was es heißt, wenn die politische Linke Forderungen stellt. Joe Biden wäre daher ein Präsident des Übergangs. Weil Glaskugel-Gabriel schon den Sozialismus über die Welt kommen sieht und Biden nur als Weichensteller betrachtet?

Dieser Norbert Röttgen sitzt nun seit 26 Jahren im Deutschen Bundestag. Das ist eine sehr lange Zeit. Wir wollen hier kein weiteres Fass aufmachen, aber ist das im Sinne einer demokratischen Erneuerung überhaupt noch zeitgemäß? Muss so etwas im 21 Jahrhundert noch sein? Wa für ein Selbstverständnis entwickelt sich daraus? Es muss doch noch einen Unterschied geben, ob einer vierzig Jahre bei Volkswagen geschafft oder die gleiche Zeit im Bundestag gesessen hat und noch die Traute hat, von Demokratie zu sprechen.

Erstaunlich an diesem so einseitigen Zusammensein zur besten Sendezeit ist leider nur eines: Viele Fehler und Gefahren für die Demokratie diagnostiziert die Runde den USA. Gabriel und Röttgen wollen um die besten Lösungen für eine Befriedung der Gesellschaft in den USA wissen, entwickeln Ideen, den tiefen Graben wieder zu schließen. Wenn es aber darum geht, vor der eigenen Haustür zu kehren, fällt ihnen seit Jahren nichts anderes als Diffamierung, Diskreditierung und Ausgrenzung des politischen Gegners ein.

Und von Trump nach Hause – da geht es kurz vor Schluß noch darum, dass in Sachsen-Anhalt vielleicht die nächste Gebührenerhöhung für ARD und zdf gestoppt wird. „Darf die CDU mit der AfD gegen die Erhöhung stimmen?“, fragt Anne Will, ganz die treue Dienerin ihres Senders, und schaut mit geübtem Bambi-Blick auf Röttgen.

„Das tut sie keinesfalls!“, antwortet Röttgen. „Das kann ich klarstellen! Die CDU hat eine Position. Wer da sonst noch zustimmt oder dagegen stimmt, ist eine andere Frage.“ Das ist noch harmlos, klingt wie eine Politiker-Finte. Aber dann legt er sich fest: „Die CDU hat zu keiner Sekunde im sachsen-anhaltinischen Landtag gemeinsame Sache mit der AfD gemacht, wird es auch nicht tun, und das kann ich garantieren.“

Da sind wir aber darauf gespannt, ob die CDU in Sachsen-Anhalt und die Landtagsfraktion der CDU in Magdeburg auf diesen Pfiff aus dem TV-Studio des früheren DDR-Fernsehfunks reagieren. Denn aus diesem Bau sendet Anne Will.

Vor allem aber: Ohne Hilfe der AfD muss die CDU die Gebührenerhöhung in Höhe von 400 Millionen im Jahr passieren lassen. Das ist das Versprechen von Röttgen. Dafür werden sie ihn gerne wieder einladen in ihre Talk-Shows.

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