Tichys Einblick
Im Talk nach dem Tatort bleibt es beim Alten

Auftakt Caren Miosga: Schwammige Brandmauern und Merkels runder Geburtstag

Neue Moderatorin, neues Format, neues Studio: gestern hatte Caren Miosga Premiere mit ihrem ersten Talk. Im Gespräch mit Friedrich Merz zeigte sich, dass die Meinungsfärbung wie bei ihrer Vorgängerin Anne Will bleibt.

IMAGO/dts

Das Thema der ersten Sendung ist auf den Gast zugeschnitten: „Merz richtet die CDU neu aus – Wird Deutschlands Zukunft konservativ?“ Caren Miosga gibt in ihrer ersten Sendung alles, um den CDU-Chef auszuquetschen, ob er nun Kanzlerkandidat der Union wird oder nicht. Viermal versucht sie es mit allen Mitteln: Sie hat sogar eine originale Lampe aus Merz‘ Heimat, dem Hochsauerland, als kleine Gabe mitgebracht. Viermal antwortet er, dass die CDU ihren Kanzlerkandidaten erst im „Spätsommer 2024“ bekannt gebe, denn momentan wolle sie die anstehenden Landtags- und Europawahlen „nicht mit Personaldebatten überlagern“.

Dann gibt Caren Miosga auf und wechselt in diesem anfänglichen Einzelgespräch mit Merz zu den Fragen zur „Brandmauer gegen die AfD“: Sie möchte beispielsweise wissen, warum Merz an diesem Sonntag an keiner Demonstration teilgenommen habe. Merz kontert, dass er auf seinem Weg nach Berlin in Miosgas Studio war. Aber Markus Söder (CSU) sei in München mitgelaufen, betont er. Merz teile die Sorge vieler Bürger, dass die AfD an Zuspruch gewinne und halte die Demonstrationen der letzten Tage für ein „ermutigendes Zeichen für den Erhalt der Demokratie“. Dann fügt er hinzu, dass nicht alle Wähler der AfD Nazis seien und man sie nicht beschimpfen sollte. Viel eher sollte die politische Mitte sie mittels „konkreter Argumente“ als Wähler zurückgewinnen, so Merz. 2018 wollte er die AfD in der Wählerschaft halbieren. Auch Scholz wollte das, stattdessen halbierte sich die SPD seit der Bundestagswahl.

Für den zweiten Teil des Talks setzen sich die Journalistin Anne Hähnig (Die ZEIT) und der Soziologie-Professor Armin Nassehi mit an Miosgas Diskussionstisch. Miosga verfolgt ein anderes Konzept als ihre Vorgängerin Anne Will. Hähnig bilanziert, dass viele Bürger die AfD als politischen Akt wählen, da es derzeit in der Politik ein „Durchsetzungsproblem“ gebe. Die Wähler vertrauen ihrer Einschätzung nach nicht mehr darauf, dass die Parteien ihre Programme durchsetzen. Dass Merz als Oppositionsführer einige Probleme wie die Migration benenne, halte sie für richtig. Trotzdem fordert sie von Merz eine klare Antwort auf die „Abschottungsideen“ aus dem Ausland. Damit bezieht sie sich zum Beispiel auf den Brexit von Großbritannien und Donald Trumps Vorhaben, die Nato abzuschaffen. Von einer solchen „Abschottung“ ist Merz nach eigenen Aussagen „Lichtjahre entfernt“. Und darin unterscheide sich die CDU „fundamental“ von der AfD, meint er.

Außerdem kritisiert Anne Hähnig, dass die „Brandmauer“ der CDU gegenüber der AfD „schwammig“ sei. Auf Bundesebene gebe es von Merz zwar ein „klares Nein“ zur AfD, aber auf kommunaler Ebene fehle diese Klarheit. Miosga hat dazu einen Einspieler vorbereitet. Ihr Team ist nach Thüringen gefahren, um den Landtagskandidaten Christian Herrgott (CDU) zu begleiten. In Thüringen hat die CDU in Umfragewerten mit 20 Prozent die zweitmeisten Stimmen. Die AfD liegt mit 36 Prozent vorne und als drittstärkste Kraft gilt die Linke mit 13 Prozent. Nur dumm, dass die CDU bislang weder mit der Linken, noch mit der AfD zusammenarbeiten möchte. Miosga meint deswegen, dass die CDU eine Zusammenarbeit mit der Linken tolerieren müsse: „Um zu verhindern, dass Björn Höcke (AfD) Ministerpräsident wird“. Ihre politische Meinung scheint sich kaum von der ihrer Vorgängerin zu unterscheiden.

Nassehi bezeichnet die Situation in Thüringen als „Mehrheitsdilemma“. Dieses sorge dafür, dass Parteien, nicht aus „programmatischen Gründen“ eine Koalition gründeten, sondern aus „arithmetischen Gründen“, also weil sonst keine Mehrheit zustande komme. Nassehi hat aber auch eine Theorie, weshalb die AfD viele Wähler gewinnt. Die AfD rede mit den Bürgern und kümmere sich um deren Anliegen, während die Strukturen der anderen Parteien in den Kommunen wegbrächen.

Merz wird im Laufe des Abends gereizter: Die AfD sei nicht nur ein Problem für die CDU, sondern auch alle anderen Parteien, findet er. Trotzdem ist er der Meinung, dass eine Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene möglich sein muss. Auf dieser stellt die CDU laut seinen Aussagen beispielsweise Anträge für Zebrastreifen und Krankenhäuser und die AfD stimmt diesen Anträgen dann zu. Merz fragt provokant, ob die CDU die Anträge dann wieder zurückziehen solle, um bloß nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten. Aber auf diese Frage gehen weder Miosga, noch Hähnig oder Nassehi ein – dabei haben die Grünen damit auf kommunaler Ebene doch auch kein Problem.

Genauso wenig geht Olaf Scholz laut Merz auf Gesprächsangebote der CDU zum „Deutschlandpakt“ ein. Den hatte Scholz im September angekündigt, um eine Begrenzung der Migration auszuhandeln. Seither hielte er dazu jedoch die Füße still. Merz würde sich wünschen, dass der Kanzler ein gutes Verhältnis zu ihm als Oppositionsführer pflege – so wie es Helmut Kohl seinerzeit getan habe. Und er würde sich außerdem noch freuen, wenn Angela Merkel eine Einladung der Union annimmt, um im Juli ihren 70. Geburtstag im Konrad-Adenauer-Haus zu feiern, wo sie vor kurzem noch aus der Konrad-Adenauer-Stiftung ausgetreten ist: Die CDU feiere gerne runde Geburtstage, fügt Merz noch vergnügt hinzu.

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