Anruf beim Lebenshilfe-Sender mit Direktdraht zu den Sternen. Anne, 50, aus Köln: „Mein Mann ist ein ganz schlimmer Finger. Er will sich jetzt in erster Linie um sich selber kümmern. ‘Ich zuerst‘ hat er gesagt. Alles, woran ich geglaubt habe, stellt er in Frage. Sogar mit dieser Wladimira tut er freundlich, dabei hasse ich die! Ich weiß jetzt gar nicht: Meint der das ernst? Ist der Kerl sogar gefährlich?“
Astrologin Uschi blättert kurz über Transitionen und Konjunktionen: „Du hast gesagt, dein Mann arbeitet in der Immobilienbranche. Da heißt ein Deal, ich gewinne, du verlierst! Das sieht also nicht gut aus für dich, Anne. Aber dein Mann hat auch recht mit seinen Forderungen, dass du zu wenig getan hast für euer Bündnis. Vielleicht solltest du mehr Verantwortung übernehmen, schon wegen deiner Vorgeschichte, die ich hier in den Sternen lese. Was meinst du Günter?“
Günter, der alte Kaffeesatzleser, spitzt das Mündchen, wiegt die Gedanken hin und her, und nuschelt: „Dein Mann meint, was er sagt. Da ist er bemerkenswert konstant. Ja, ich glaube, er ist gefährlich!“
Bleigießer Dieter ist noch pessimistischer. „Dein Mann hat das Zusammenwirtschaften überhaupt nicht verstanden. Seine Aktionen schaden ihm doch selber! Und damit auch dir.“
Ok, lassen wir den Quatsch an dieser Stelle, aber Niveau und Erkenntnisgewinnung bei Anne, 50, und ihrer Sendung „Trump im Amt – Verändert das die Weltordnung?“ war Astro-TV. Donald J. Trump war noch nicht einmal den ersten Tag im Büro, da soll er schon die Weltordnung verändert haben! Aber Anne lässt nicht ab! Sie will ihren Obama wieder haben, ihren Friedensprinzen, der nicht einen einzigen Tag ohne Krieg regiert hat. Oder wenigstens George W., der Bücher verkehrt herum liest, nach Alk-Exzessen zu Jesus fand und den Irak dem Erdboden gleichmachte. Herr hilf!
Die Diskutanten spielten nach außen hin das „O Gott, o Gott“-Spiel vom Ännchen mit, jeder bereicherte die Annekalypse mit ein paar schrecklichen Visionen. Einigen war das dann aber wohl doch zu platt, und plötzlich musste der Zuschauer erfahren, dass
- Trump brandgefährlich sei, vor allem und auf jeden Fall für die Islamisten. (Michael Wolffsohn)
- Trump ein kleines Wirtschaftswunder für die USA durchaus bewirken kann. Auch beim Handel kann er Vorteile für sein Land herausschlagen. (Günter Verheugen)
- Trump mag ein Strohfeuer entzünden, das aber am Ende auch den USA schade. (Dieter Kempf)
- Trump sich als Freihandelsgegner in feiner, weit „linker“ Gesellschaft auch in Deutschland befindet. (Wolffsohn)
- Trump aus US-Sicht Recht hat, was die NATO und was Putin angeht. Auch die deutsche Industrie scharre mit den Füßen, dass endlich die Sanktionen aufgehoben werden. (Wolffsohn)
Dieter Kempf, Chef beim Bundesverband der deutschen Industrie, verdächtigt Trump, nicht einmal zu wissen, dass General Motors und Ford amerikanische Unternehmen sind. Auf einen groben Trump gehört ein grober Kempf? Dahinter geht seine Analyse fast unter, dass Trump seiner heimischen Wirtschaft am stärksten schadete, wenn er den Handel mit Zöllen beschränkte. Trump „hat die globalisierte Wirtschaft nicht verstanden“, sagt Kempf – als Auftakt zu BDI-Gesprächen in Washington? Grundsätzlich finden wir, dass diplomatische Fehltritte die Domäne unseres Außenministers sind, da braucht der keine Unterstützung. So wird das wohl nichts mit „auf Augenhöhe verhandeln“, wie Kempf sich das so vorstellt.
Günter, den Meister des Einerseits & Andererseits, haben wir ja schon abgehakt, da müssen wir uns, auch wenn wir nicht wollen, mit Uns Uschi befassen, die zuletzt die Nation mit Sexkursen bei der Bundeswehr erheiterte. Die hatte alle Plattitüden über Trump „spitzenmäßig zusammengefasst“, wie Anne Will begeistert feststellte. Die wir alleine deshalb nicht wiedergeben, weil sie rauf und runter in Ihrer Tagespresse und Ihrer ARD und im ZDF geradezu zwanghaft durchgehechelt werden.
So hat sie (oder eines ihrer diversen McKinsey-Teams) Donald Trumps Taktiken durchschaut! Es gibt derer zwei: Er bricht permanent die Regeln, so dass man später schon froh ist, wenn‘s nicht ganz so schlimm kommt. Zweite Taktik: Er behauptet, dass alles ganz schlecht ist in den USA. Dabei weiß sie, Uschi, dass da alles total supi ist, bei ihren Freunden in Washington, New York oder L.A. Denn, wir zitieren wörtlich: „Die Verteidigungsministerin hat Erfahrung in vielen Ländern!“
Hier wollen wir kurz Ralph Freund, so eine Art Viertel-Trump-Versteher, einfügen, dem wir, und auch Uschi, wenn sie zugehört hat, die Erkenntnis verdanken, dass Trump 3.084 Landkreise gewonnen hat, Hillary nur unter hundert. Soll heißen, wenn in New York die Korken knallen, ist Pennsylvania noch lange nicht besoffen. (Das Bild stimmt auch nach davon abweichenden AP-Zahlen: Clinton 487, Trump 2.626.)
Zurück zu Uschi von der Leine, die wirklich von allem was versteht: „Globalisierung kann keiner stoppen!“ (Will auch keiner, Madame, nur die Regeln ändern, herrschen wir an dieser Stelle das TV-Gerät an, das prompt zu flackern beginnt.) Die Finanz- und Bankenkrise hätte sie und ihre Regierung auch viel besser gelöst als die Amis („mit Kurzarbeit“). Und dann spricht sie von jungen Menschen, die sich engagieren sollen, und da haben wir den Faden verloren, weil uns plötzlich klar wurde, dass sie das nur für die vielen handverlesenen Schüler von der Ursula-von-der-Leyen-Gesamtschule im Publikum gesagt hat.
Ja, die Uschi freut sich geradezu, dass sie und ihre Truppe jetzt das ganz große Weltpolizeirad drehen können, wo Donald nicht mehr will, „wegen unserer Vergangenheit“, und Wolffsohn, der bei der Bundeswehr als Historiker tätig war, bestärkt sie mit seinem Lob, dass sie mehr Kohle für „Verteidigung“ bei Schäuble locker gemacht habe.
Am Ende können wir denen von unseren Lesern, die durch eine solche Sendung völlig verunsichert sind, nur denselben Rat geben, wie die Lebensberater bei Astro-TV der Anruferin Anne, 50: Abwarten, Tee trinken. Schauen wir mal, dann sehen wir schon!