ZDF und ARD haben zwei Probleme. Zwar sind sie Marktführer im analogen Fernsehen, doch erreichen sie mit den klassischen Programmen meist nur noch ältere Menschen. Ein großes Publikum finden sie in allen Altersklassen nur noch, wenn sie Sport oder erfolgreiche Unterhaltung zeigen. Das ist aber nicht das, was die Politik von ihnen verlangt. Die sichert wiederum den ungebremsten Einnahmefluss der Öffentlich-Rechtlichen durch Zwangsgebühren ab. Die Sender müssen also politische Botschaften senden, obwohl die Zuschauer in Massen abschalten, wenn ARD und ZDF politische Botschaften ausstrahlen. Etwa wenn Caren Miosga läuft, die wie ihre Vorgängerin Anne Will sonntags nach dem Tatort millionenfach Zuschauer vergrault.
ARD und ZDF seien frei von politischem Einfluss, heißt eine ihrer liebsten Erzählungen. Um dies zu untermauern, arbeitet die Rundfunkkommission der Länder derzeit an einem „Reformstaatsvertrag“, der den politischen Rahmen für den unpolitischen Rundfunk vorgibt. Leiterin der Kommission ist Heike Raab. Sozialdemokratin, Staatssekretärin in Rheinland-Pfalz und ein politisches Ziehkind von Malu Dreyer. Für Jesus galt, an den Taten sollt Ihr sie erkennen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk möchte nach dem bewertet werden, was er von sich behauptet – nicht nach dem, was er tut oder ist.
In einem Interview mit dem Branchenmedium DWDL hat Raab gefordert, ARD und ZDF sollten mehr Breitensport zeigen. Vorbild sind die Olympischen Spiele in Paris. Die waren eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen die öffentlich-rechtlichen Sender auch mal ein nennenswert großes Publikum aus unter 50-Jährigen erreicht haben. Handball, Basketball oder selbst Bogenschießen können – entsprechend augenfällig angeboten – ebenfalls ziehen. Ganz ohne die hohen Kosten für Rechte, die der Fußball abruft.
Der Sport dient dazu, Zuschauer für die anderen Angebote von ARD und ZDF anzulocken. Die Strategie hat der ehemalige ZDF-Intendant Thomas Bellut entwickelt und öffentlich vertreten. Doch die funktioniert nur teilweise. Zwar haben Europameisterschaft, Olympische Spiele und teilweise sogar Frauenfußball für die entsprechenden Quoten gesorgt. Doch die Zuschauer bleiben eben nicht vor dem Fernseher sitzen. Das Erste hat am Montag einen Sendeplatz, auf dem es oft Dokumentationen mit zwei Kernbotschaften zeigt: Die AfD ist böse, böööhhhseee, BÖÖÖHHHSEEE, und die Grünen sind super, weil sie das Weltklima retten. Laufen diese Dokumentationen, gehen die Quoten nach der Tagesschau runter und später zu den Tagesthemen wieder hoch. Wie es etwa dem manipulativen Format „Die 100“ erging, in dem sich ein Großteil der zufällig ausgewählten Bürger als Politiker der etablierten Parteien oder gleich als Schauspieler erwies.
Es gibt eine Relation zwischen Zuschauern der Öffentlich-Rechtlichen und den Wählern von SPD und CDU. Das hat die Wahl in Brandenburg gezeigt. Dort lag die AfD in allen Wählergruppen vor der SPD, nur die Menschen über 60 Jahren haben der Sozialdemokratie den Gesamtsieg beschert. Die Propaganda des Staatsfernsehens funktioniert also – erreicht aber nicht mehr alle Teile der Bevölkerung. Die Jungen wählen AfD.
Genau da wollen die Länder mit dem „Reformstaatsvertrag“ ran. Das meint Heike Raab, wenn sie gegenüber DWDL sagt, sie wolle „mehr Klasse statt Masse“. Deswegen sollen ARD und ZDF umgebaut werden. Sie sollen alte, analoge Sender einstellen, um so Geld für die Entwicklung im digitalen Bereich freizuschaufeln. Denn im Internet gibt es zwei Wahrheiten: Das ganze Jahr über veröffentlicht das Staatsfernsehen Erfolgszahlen, die seine Potenz in der digitalen Welt untermauern sollen. Doch ab und an halten ihre Vertreter Reden oder verfassen Denkschriften, in denen sie die mangelhafte Resonanz zugeben.
Auf den Sendern, die vermeintlich für junge Zuschauer da sind, laufen Wiederholungen von: „Um Himmels Willen“, „Mit Schirm, Charme und Melone“, „Sturm der Liebe“, „Rote Rosen“, „Bares für Rares“, „In aller Freundschaft“, „Der Landarzt“, „Zwei Nasen tanken Super“, „Duell der Gartenprofis“, „Father Brown“, „Morden im Norden“ oder „Familie Heinz Becker“. Es gibt Gründe, warum ARD und ZDF bei jungen Menschen nicht ankommen. One oder ZDF Neo wird kaum einer vermissen.
Wer es doch tut, braucht sich noch nicht allzu sehr zu sorgen. Raab räumt im DWDL-Interview selbst ein, wie zäh die ARD darin ist, Reformen umzusetzen. Der Staatsvertrag würde bis 2028 gelten und erst danach würden die Reformschritte allmählich greifen. Es besteht also noch lange die Möglichkeit, sich „Rote Rosen“ nicht nur im Hauptprogramm anzuschauen, sondern danach nochmal in der Wiederholung auf One. Das hört sich zwar trostlos an, aber es wird ja niemand zu einem Leben vor ARD und ZDF gezwungen. Noch nicht.