Wir haben Platz – aber nicht in Ägypten. Öffentlich-rechtlichen Journalisten fällt es dabei leicht, dem Zuschauer zu erklären, warum das Land seine Grenze zum Gaza-Streifen schließt. ARD-Korrespondent Simon Riesche weiß dazu aus Kairo zu berichten:
„Was die ägyptische Regierung auf keinen Fall will (…), ist, dass jetzt Massen von Menschen unkontrolliert nach Ägypten einreisen. Da geht es, so sagt es auch der ägyptische Präsident, um eine ‚Frage der Nationalen Sicherheit‘. Man will also verhindern, dass zehntausende, möglicherweise auch hunderttausende Palästinenser längerfristig nach Ägypten einreisen …“
Danach muss Riesche stocken. Vielleicht, weil dieses Szenario nicht unbekannt vorkommt. Vielleicht, weil er überlegt, wie diese gar nicht so humanitäre Haltung dem deutschen Fernsehzuschauer zu verkaufen ist, ohne genau diese Assoziationen zu wecken, die er gerade selbst hat. Dann kommt er zum Schluss: „Man will sich deren Probleme – so muss man es interpretieren – vom Leib halten. Man will nicht, dass Terroristen ins Land kommen, dass die Terrorgefahr in Ägypten steigt.“ Die Behörden versuchten demnach, dass in dieser „unübersichtlichen Lage“ von den Palästinensern „Tatsachen geschaffen“ würden.
Es bleibt nicht bei dieser bemerkenswerten Einschätzung zum Thema des Grenzschutzes und dessen Motive im Angesicht eines neuen Flüchtlingsstroms. Auch die ZDF-Kollegin bei „Volle Kanne“ erklärt die nachvollziehbaren Gründe, warum Ägypten so rigide gegenüber seinen direkten Nachbarn reagiert. Das Land sei in seiner Position „ganz klar“, man wolle „auf gar keinen Fall“ palästinensische Flüchtlinge aus dem Gaza-Streifen aufnehmen. Weiter:
„Sie (die Ägypter) fürchten, dass die (Palästinenser) der ohnehin bröckelnden Wirtschaft weiter zur Last fallen; und sie fürchten Verhältnisse wie im Libanon und Jordanien, wo sich seit Jahrzehnten Palästinenser festgesetzt haben. Dazu kommt ein kollektives Trauma, denn Ägypten hat so seine Erfahrungen mit unkontrollierten Flüchtlingsströmen aus Gaza: 2008 stürmten Terroristen der Hamas die Grenzanlagen. Es kamen Zehntausende ins Land und es haben sich Terroristen und Dschihadisten auf den Sinai verschanzt (…).“
Da sag noch einer, dass der ÖRR nicht umfassend über Missstände informiert und aufklärt. Bleibt nur die Frage übrig, ob das negativ konnotierte Bild palästinensischer Migranten in ein paar Wochen noch dasselbe sein wird, wenn sich die Frage nach anderen Aufnahmeländern stellt.