Beim NDR passieren nun Dinge, die noch vor weniger als zwei Monaten unvorstellbar waren: Politikchefin Julia Stein und Chefredakteur Norbert Lorentzen müssen vorerst ihre Aufgaben ruhen lassen. Darüber hat unter anderem das Fachportal „Übermedien“ berichtet. Es geht um den Vorwurf, kritische Berichte zum Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein Daniel Günther (CDU) verhindert zu haben. Die Pause gelte „bis auf weiteres“, wie Landesfunkhauschef Volker Thormählen mitteilte. Er handele auf Wunsch von Stein und Lorentzen.
Bisher beschäftigte sich der interne „Redaktionsausschuss“ mit den Vorwürfen. Doch dessen Protokolle kamen in Folge des RBB-Skandals an die Öffentlichkeit und setzten Stein und Lorentzen unter Druck. Wie das RND berichtet, hat nun der Landesrundfunkrat eine Prüfung eingeleitet. Der Rat ist eines von zwei externen Aufsichtsgremien über den NDR. So lange die Untersuchung dauere, übernehmen laut RND die Vize-Direktorin und Chefredaktionsmitglied Bettina Freitag sowie Redakteur Andreas Schmidt aus dem Bereich „Politik und Recherche“ die vakanten Posten.
So soll der BR-Kulturdirektor Reinhard Scolik 700.000 Euro erhalten haben, wie die Bild berichtete. Der scheidende Intendant Ulrich Wilhelm hat demnach Scoliks Vertrag verlängert. Seine Nachfolgerin Katja Wildermuth wollte den Kulturdirektor aber unbedingt loswerden und hat ihm die von Bild berichtete Abfindung angeboten. Sie entspricht knapp drei Jahresgehältern, die bei einem BR-Direktor bei 250.000 Euro liegen sollen. Bemerkenswert ist zum einen der lockere Umgang mit Geld aus Zwangsgebühren – aber zum anderen auch das Nachspiel.
Denn Wildermuth befindet sich nun in offenem Streit mit ihrem Rundfunkrat. Ratsmitglied Helmut Markwort beschwert sich in der Bild, dass das Gremium zu dem Vorgang keine „genauen Informationen“ von der Intendantin erhalte. Die Chefin des Rates, die CSU-Politikerin Ilse Aigner, verteidigt die Abfindung als „gängige Praxis und auch zulässig“, wolle aber künftig genauer bei Verträgen hinsehen, wie sie der Bild verspricht.
Was bisher in der ARD nicht als anrüchig galt, führt nun zu Rücktritten. So geht es auch Ines Hoge-Lorenz. Sie war seit vergangenem Jahr beim MDR Landesfunkhausdirektorin für Sachsen-Anhalt. Sie stolperte über ihren Mann. Der war demnach in die „Causa Foht“ verwickelt, einem MDR-internen Skandal um Betrug, Vorteilnahme und Bestechlichkeit. Darüber habe sie bei ihrem Amtsantritt nicht offen informiert, räumt Hoge-Lorenz heute ein. Sie fällt weich. Nach Angaben des Senders bleibt sie für die „Hauptredaktion Information und Innovation der Programmdirektion Leipzig“ des MDR tätig.
Über Hoge-Lorenz hat zuerst die FAZ berichtet. Die Verantwortlichen der ARD, unter anderem der kommissarische Vorsitzende Tom Buhrow, haben versprochen, dass ihre eigenen Redakteure sich an der journalistischen Aufklärung der Missstände beteiligen wollen. Das tun sie zwar. Aber erst, nachdem Private bereits darüber berichtet haben. Und auch kein Wort mehr, als die Privaten darüber berichtet haben. Es bleibt abzuwarten, ob öffentlich-rechtliche Qualitätsjournalisten auch in der Lage sind, eigene Geschichten zu den Missständen in der ARD zu recherchieren.