Die SPD-Chefin Saskia Esken fordert mittlerweile über Bild, ihren Parteifreund Gerhard Schröder künftig nicht mehr als Altkanzler wahrzunehmen und ihn selbst sogar zum Parteiaustritt auf. Ganz so weit ist es mit Angela Merkel noch nicht. Aber auch sie ist nicht mehr so schaufenstertauglich wie bisher.
Etwa am Sonntag, 21.45 Uhr. Der wichtigste politische Sendeplatz in der ARD. Normal läuft da Anne Will: Karl Lauterbach referiert über neue Studien, grüne Journalistinnen talken mit grünen Politikerinnen und manchmal erscheint der Kanzler persönlich, um seine Politik zu erklären. Vor gut einem Jahr war noch Angela Merkel zu Gast, um sich von Will dafür anhimmeln zu lassen, dass sie eingestanden hatte, dass die „Osterruhe“ ein Fehler war. Welch menschliche Größe.
An diesem Sonntag war Will im Urlaub. Und der Termin sollte wieder Merkel gehören: „Angela Merkel – Im Lauf der Zeit“ heißt die Doku, die im Februar bereits auf Arte gelaufen ist. Weggefährten wie Barack Obama sprechen in dem Werk über eine „Politikerin, die einerseits beharrlich und beständig ihre Macht gemehrt und behauptet hat, und doch andererseits zugleich ein Mensch geblieben ist, der loslassen kann“.
Das Zitat stammt übrigens nicht vom „Angela Merkel Fanclub Uckermark Ost“, sondern von der Pressestelle der ARD. So bewundernd hat die ARD gerne von ihrer Kanzlerin berichtet. Zu bewundernd, wie sich jetzt zeigt. Denn „Angela Merkel – Im Lauf der Zeit“ ist aus der Zeit gefallen. 16 Jahre war sie an der Macht. Doch zwei Monate genügen, damit die zu liebedienerische Berichterstattung nicht mehr im Fernsehen vorzeigbar ist.
Grund sei die aktuelle Entwicklung um den Ukraine-Krieg: „Wir bemühen uns, eine erweiterte, der aktuellen Lage angepasste, Fassung zu einem späteren Zeitpunkt auszustrahlen“, antwortet die ARD auf Twitter auf die Frage eines TE-Autors. Ein Ersatztermin stehe noch nicht fest. Aber in der Videothek sei die Doku immer noch abrufbar.
Statt der Merkel-Doku lief die Wiederholung eines Regionalkrimis: „Steirerkreuz“ kam immerhin auf 2,1 Millionen Zuschauer und eine Quote von 11,7 Prozent. Auch der MDR musste umplanen. Der wollte der Kanzlerin einen Themenabend namens „Wir schaffen das!“ widmen. Doch das schafften sie nicht.