Nach drei Wochen ist Anne Will zurück. Mit einem interessanten Spektrum an Gästen, für das man Anne Will gar nicht kennt. In einem Interview kommt Margot Friedländer zu Wort. Sie ist Holocaust-Überlebende und -Zeitzeugin und nicht erstaunt über den Krieg in Israel: „Der Antisemitismus sitzt in den Menschen fest.“ Trotzdem hätte sie nicht erwartet, dass solch ein Krieg nochmal ausbricht. Sie wünschte sich, dass Menschen nicht hassen würden: Weder Juden, noch Moslems, noch Deutsche – „Wir sind alle Menschen“. Der Stand-Up-Comedian und Poetry-Slammer Abdul Chahin stimmt Friedländer zu: Judentum und Islam sind sich von den Prinzipien und Hintergründen eigentlich sehr nah, meint er. Daher versuche er, als Moslem, schon seit langem Brücken zwischen den beiden Religionen zu bauen: Die Kluft und Feindschaft zwischen ihnen ist laut Chahin „gigantisch“, aber die Vorurteile ließen sich leicht aushebeln: Viele, die voreingenommen sind, seien keine Extremisten. Friedländer und Chahin sind sich darin einig: „Es könnte so einfach sein, Mensch zu sein.“
Die von Hamas aber seien keine Menschen, sondern laut Chahin „Geister“: Die Hamas-Leuter seien für die Israelische Armee schwer zu finden, da sie sich in ihren Tunneln versteckten, wodurch verhältnismäßig wenig von ihnen stürben. Die Kollateralschäden hingegen seien sehr groß. Das schüre seiner Meinung nach Hass unter den Palästinensern, den Nährboden für eine neue Generation an Extremisten in der Zukunft, warnt er. Er verstehe den Instinkt Israels, sich zu verteidigen aber er würde sich mehr Diplomatie und eine Waffenruhe wünschen, um die „Gewaltspirale“ zu beruhigen.
Auch der ehemalige Ministerpräsident und Außenpolitiker Schwedens, Carl Bildt, denkt, dass die Hamas eine „längere Feuerpause“, die die USA von Israel fordert, für ihren Vorteil nutzen würden. Aber damit eben Geiseln freikommen, brauche es einen „Balance-Akt“.
Generell fehlt es laut Bildt in Nahost an „Balance“: Israel habe das Recht und die Pflicht sich zu verteidigen und der Hamas „wehzutun“ aber möglichst ohne dadurch neue Probleme für die Zukunft zu schaffen. Abgesehen von der „Taktik des Tages“ muss Israel sich seiner Meinung nach auch auf eine „langfristige Lösung“ konzentrieren. Ansonsten werde die Situation zwischen Gaza und Israel immer wieder eskalieren. Er hält eine Zwei-Staaten-Lösung für die einzig sinnvolle. Gegen diese Lösung gebe es aber große Opposition auf beiden Seiten.
„Langfristig“ kann Havemann noch gar nicht denken – auch wenn sie die Diplomatie nachvollziehen kann: „Israel kämpft um seine Existenz, um sein Leben“. Sie selbst lebt nördlich von Tel Aviv und erzählt, wie die Lebensumstände dort derzeit sind. Viele seien von dem Massaker und den Bildern traumatisiert. Die Ereignisse seien nicht mehr aus den Köpfen zu bekommen. Sie berichtet, wie im israelischen Radio ständig Interviews mit Überlebenden und Augenzeugen der Massaker zu hören sind, die von den Gräueltaten der Hamas berichten.
Eine Frage, ob diese Enthaltung von Annalena Baerbock (Grüne) bei der Abstimmung der Vereinten Nationen ein „Zeichen des Alleinlassens“ war, lässt den Grünen-Bundesvorsitzenden Omid Nouripour unsicher erscheinen: Er schweift in seinen Rechtfertigungen und Erklärungen so weit ab, dass die Gesprächsteilnehmer schon verständnislos ihre Stirn runzeln, bis Anne Will sein Geschwafel mit den Worten: „Verstehe ich nicht“ abbricht.
Das war aber nicht die einzige Schwurbelei von Nouripour an diesem Abend: Er meint erst, Krieg sei nicht hilfreich, um eine Terrororganisation zu zerstören. Dann widerspricht ihm Steinberg. Nouiripour berichtigt daraufhin schnell: „Man braucht natürlich die militärischen Mittel und die Härte“. Wie er das dann nennt, wenn nicht Krieg, sagt er nicht. Neben mehreren spannenden Gästen konnte es Will offenbar trotzdem nicht lassen, einen Grünen mit seinen irritierenden Bemerkungen in ihre Gesprächsrunde einzuladen.