Tichys Einblick
Habeck ersetzt Ricarda Lang im Studio

Anne Will: Heizungstausch toll, nur Kommunikation schlecht

An diesem Abend hat Anne Will zum Einzelgespräch geladen. Theoretisch sind auch zwei andere Gäste dabei – aber wer glaubt, dass sich Habeck inhaltlicher Kritik ausgesetzt sieht, der hat vergessen, dass Anne Will bei der ARD ausgestrahlt wird.

Screenprint ARD

Im Interview mit Bundesklimaschutzminister Robert Habeck fängt Anne Will mit harten Bandagen an: „Sie haben ein Gesetz vorgelegt, das weder handwerklich noch kommunikativ so richtig gut gemacht ist.“ Eine harte Frage nach den Standards der ARD – hat Will die Frage ja noch nicht einmal mit einem gehauchten „Klima ist mir ja auch wichtig, aber …“ begonnen. Das hat sie hier nur mitgedacht.

Der Vorwurf: Seine Politik habe der Akzeptanz von Klimapolitik sowie dem Ansehen von Regierung und Partei geschadet. Der Tenor ist klar: Das Gesetz ist inhaltlich nicht zu kritisieren, natürlich ist es eine super Idee, in den Heizungen der Bürger rumzupfuschen. Nur, wie das Gesetz an den Bürger gebracht wurde, ist ein bisschen ein Problem – und vielleicht gibt es im Gesetz ein paar inhaltliche Fehler. Aber was soll man von einem Ministerium mit 2.187 Mitarbeitern schon erwarten?

Anne Will möchte vor allem eines wissen: Was ist schiefgelaufen, dass die Bürger die Ideen der Bundesregierung so vehement ablehnen? Warum hat Habeck einfach nicht das Gespür zu merken, dass das eine schlechte Idee war?

Gasheizungsverbot wegen Gasmangel?

Habeck hat keine Antwort auf diese Fragen. Wie auch, müsste er doch dafür die ideologischen Scheuklappen ablegen. Dass er von der Lebensrealität der Bürger entfremdet sein könnte? Unmöglich. Er meint: Er musste Deutschland durch den Gasmangel bringen, und dafür wurden viele Dinge verboten. Zum Beispiel das Heizen öffentlicher Gebäude über 19 Grad. Und deswegen wurde sein Wärmepumpengesetz abgelehnt, denn: „Mein Fehler war, dass wir weitergemacht haben wie 2021“, und: „Ich gebe Ihnen recht, dass das Gesetz nicht als Beitrag zur Krisenbewältigung empfangen wurde.“

Mit der „Krise“ ist übrigens der anhaltende Gasmangel gemeint, von dem Habeck wohl glaubt, ihn mit einem Verbot des Einbaus von Gasheizungen bekämpfen zu können. Es zeigt sich: Er rechnet nicht damit, dass in den kommenden Jahren wieder energetsiche Normalität einkehrt. Trotz aller Widerstände: Das Gesetz kommt jetzt. Vielleicht nicht so, wie die Grünen es sich gewünscht haben, aber etwas später.

„Wie fühlt sich das an?“

Offensichtlich schwer angeschlagen ist Robert Habeck immer noch davon, seinen vertrauten Patrick Graichen schassen zu müssen. Der Minister bestreitet es, aber es ist klar: Graichen musste gehen, nicht weil er untragbares Verhalten an den Tag legte, sondern weil der Druck auf Habeck zu groß wurde. Dass die „Agora Energiewende“ und die mit ihr vernetzten Lobbys noch immer die Politik aus der zweiten Reihe steuern, darüber wird in der Sendung kein Wort verloren.

Nach ein bisschen Habeck-Grillen, ist auch wieder Habeck-Streicheln dran. Anders kann man diese Aussagen Wills nicht verstehen: „Man kriegt nicht den Eindruck, dass die [FDP-Leute] den Ernst der Lage [Klimakrise] so ernst nehmen wie Sie.“ Und: „Fehlt Ihnen im Vergleich die Rücksichtslosigkeit, die Abgebrühtheit eines Christian Lindner?“

Es geht natürlich um die Spitzen des Finanzministers, dass er in seinem eigenen Haus bereits eine Wärmepumpe installiert hätte, die Grünen in ihrer Parteizentrale aber noch nicht. Auch möchte die Moderatorin wissen: War Habeck durch die Angriffe auf Graichen verletzt? Wie fühlte er sich? Das war ja alles sehr schlimm.

Im letzten Viertel werden noch zwei weitere Gäste in die Sendung geladen, vorgeblich um mit Habeck zu diskutieren. Inhaltlich sind sie aber dünn: Wirklich streiten wollen sie sich nicht mit dem Wirtschaftsminister. Man kann nur das Gefühl haben, sie seien Beiwerk, damit der Minister auch mal einen Punkt machen kann. Da ist Wolfgang Merkel, emiritierter Professor für Politikwissenschaften und im Übrigen auch Mitglied in der Grundwertekommission der SPD. An den Grünen kritisiert er: Weil sie davon überzeugt seien, eine moralisch richtige Politik zu verfolgen, wirke ihr Handeln oft „von oben herab“. Das sollte die Partei lassen, findet er. Also, dass ihre Politik von oben herab gemacht scheint. Alles andere ist gut, so seine Einschätzung.

Beratungsgremien: Unabhängig auf dem Papier

Und dann ist da noch Veronika Grimm. Sie ist in die Tiefen der Regierungspolitik verstrickt als eine der Wirtschaftsweisen. Das ist der vorgeblich neutrale Rat, der der Regierung immer wieder ihr Handeln bestätigt. Vorgeblich neutral, denn drei der fünf Plätze werden von der Regierung besetzt, die anderen zwei durch regierungsnahe Verbände der Arbeitgeber und der Gewerkschaften. Erst im Februar 2022 wurde Grimm erneut für fünf Jahre in den Rat berufen – auf Vorschlag von Robert Habeck.

An ihr fällt auch anderswo auf: Sie widerspricht Habeck schon mal, aber immer nur in den Details seiner Planungen. Atomkraftwerke sollen weiterlaufen wegen der Krise, ordnungspolitische Maßnahmen sollten durch Anreizsysteme oder „Klimageld“ ersetzt werden. Grimm findet es zum Beispiel wichtig und richtig, dass die Regierung den Gaspreis – auch für die Industrie – in die Höhe treibt. Auch war sie öffentlich dagegen, die Mineralölsteuer vorübergehend zu senken, denn davon würden die Besserverdiener profitieren.

Habecks Ideen findet sie insofern falsch, dass sie Verbote nicht gut findet. Stattdessen soll der Bürger über immer höhere CO2-Preise von der Gasheizung weggetrieben werden. Gut, so drückt sie das nicht aus. Aber vor allem soll der Staat in das Leben der Bürger intervenieren, damit sie so heizen wie von der Politik gewünscht.

Die Kritik an Habeck lautet also: Die Mittel sind nicht die, die Wills Gäste anwenden wollen. Über die Sinnhaftigkeit der Ziele will aber keiner diskutieren.

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