Wer sich in die Niederungen der Politik begibt, besonders der im TV vorgespielten, landet zwangsläufig im Trivialen. „Bauer sucht Frau“ wird im Öffentlich-Rechtlichen Polit-Talk zu „GroKo sucht Wähler“. (Leider schreiben unsere Polit-„Bauern“ ihre Texte selbst – welch ein unbeackertes Arbeitsfeld für die Gag-Autoren von RTL!)
Parteien suchen Wähler, Bauern Frauen, beide vergeblich
Aber erbarmungswürdige Hilflosigkeit und Heiterkeit erzeugende Dämlichkeit bei der verzweifelten Wählersuche ist durchaus vergleichbar mit dem Spottformat auf RTL. Diesen Sonntag war bei Anne Will der lustige Rheinländer Armin, der für Kanzlerin und CDU die „Laufkundschaft der Mitte“ erobern will, obwohl der Parteiladen längst meilenweit von jeder Fußgängerzone entfernt liegt. Noch weiter abseits vom Publikumsverkehr präsentiert der Laden von Spezialdemokratin Malu seine Auslagen und verteilt seine Handzettel in Nebengassen.
Laschet und Dreyer repräsentierten also CDU und SPD beim Thema „Die Krisen der Volkspartei – Wo führt das hin?“. Leser, die uns schon länger folgen, wissen, dass ein Talk-Thema Ähnlichkeit mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Autobahn hat, es ist ein freundlicher Hinweis, den man nicht allzu ernst nehmen muss, nur drohen hier keine Bußgelder.
So ging es zunächst hauptsächlich um die Bundespräsidentenwahl in Österreich, wo zur Sendezeit Norbert Hofer knapp in Führung lag. Das war nach langen Reden und kurzem Sinn für unser GroKo-Duo natürlich „erschreckend“. Was gedenken die beiden nun gegen die Marginalisierung ihrer Parteien bei uns zu tun?
„Wir in NRW“ von der CDU – war das nicht mal SPD?
Wer dermaßen im Trüben fischt, der braucht besonders starke Beschwörungstheorien. „Wir in Nordrhein-Westfalen…“ hob Armin Laschet stets an, als würde der alte Plakatspruch der SPD auch die alten Zeiten zurückholen, bloß diesmal für die CDU statt für das Original von der SPD. Aber das stärkste Pfund war für den Christdemokraten dann doch die Heilige Mutter Kirche. „In diesen Tagen sind uns die Kirchen so nah wie selten“, frohlockte er freudentrunken, als habe er von den rasant steigenden Kirchenaustritten der letzten Jahre keinerlei Kenntnis. Und als ob eine Frau Käßmann oder der merkwürdige Franziskus der Union eine nennenswerte Anzahl Stimmen bescheren könnte oder wollte.
Malu Dreyer ist anscheinend schon länger zum Voodoo konvertiert und hofft mit „Besprechungen“ das Elend ihrer Partei lindern zu können: „Die Ängste der Bürgerinnen und Bürger müssen besprochen werden.“
Als würde nicht seit Monaten ständig und auf allen verfügbaren Kanälen zum Bürger gesprochen: Dass nur Familien kämen, die vor dem Krieg in Syrien fliehen. Dass die armen Schutzbefohlenen Top-Fachkräfte seien, die nur noch schnell deutsch lernen müssten. Dass Gewalt ausschließlich von Rechten ausgehe, und dass man „Antanzen“ und respektlose Verachtung für Polizisten und Frauen jetzt aber ganz schnell in den Griff bekäme.
Wie zwei von den berühmten drei Affen sehen und hören Malu & Armin nichts von dem, was vorgeht im Land. Na denn „gute Reise“ auf all euren Wegen!
Eine lebendige Demokratie – allerdings nebenan
Ein wenig irritiert von den Hoffnungen und Wunschträumen seiner Koalitionäre, aber grundsätzlich entspannt, zeigte sich Hans-Peter Friedrich, immerhin der einzige Vertreter einer echten Volkspartei in der Runde. Zwischen 40 und 50 Prozent sieht der CSUler seine Partei in Bayern. Nicht einmal seine direkten Nachbarn in Österreich wollte er ermahnen, das sei schließlich eine „lebendige Demokratie“.
„Wir haben Ideen, wie man Sicherheit herstellen kann.“ Wenn das kein Original Merkel-Deutsch ist, dann weiß ich´s auch nicht!
Es wäre eine der üblichen Sendungen zur Erhöhung des Volks-Hochdrucks gewesen, hätte die Redaktion nicht Dirk Schümer eingeladen, den Europa-Korrespondenten der „Welt“. Für ihn war klar, „wer die Zukunft klarer sehen will, der schaue nach Österreich“. Denn auch für unsere Groß-Parteien gilt: „Der Gletscher schmilzt.“ In ganz Europa ist die Entwicklung gegen die einstigen Volksparteien längst zur Normalität geworden, eine historische Zäsur.
„Wie lange wollen Sie noch isolieren und ignorieren, Frau Dreyer“, fragte der Journalist, der selbst einst Mitglied der Jusos war.
Dass „alles toll“ sei, weil es „in der Vergangenheit mal toll“ war, ließ er der Genossin nicht durchgehen und erwähnte noch einmal den Auftritt der Putzfrau, die vor kurzem Gabriel blamierte. Im SPD-Vorstand habe man wohl lange keinen mehr gesehen, der mit seiner Hände Arbeit sein Geld verdiene. Die Parteiklientel der Genossen setze sich so heute zusammen: Rentner, öffentlicher Dienst, DGB-Funktionäre. Arbeiter und „kleine Leute“ wählen die AfD.
Als Menetekel möge seine Anspielung auf die Sozialisten in Frankreich verstanden werden: Wie viele Wähler von Hollande waren Arbeiter? Antwort: Null. Und Hollande helfen auch weder Voodoo noch Rosenkränze.