Tichys Einblick
Keine Lösungen in Sachen „Flüchtlingskrise”

Bei Anne Will hagelt es Kritik: Gesprächsteilnehmer ist am Ende „fassungslos“

Harte Kritik bei Anne Will: Der Bürgermeister einer mit „Flüchtlingen” überfüllten Gemeinde ist „fassungslos“ über den Inhalt der Diskussion. Statt Lösungen für die „Flüchtlingskrise” zu finden, wird um den heißen Brei geredet. Die Politiker in der Talkshow sind also vor allem mit ihrem Wahlkampf und gegenseitigem Beschimpfen beschäftigt.

Screenprint ARD / Anne Will

Harte Worte bei Anne Will: Am Ende der Gesprächsrunde kann Frank Romney nur sagen: Er ist „fassungslos“. Romney (parteilos) ist Bürgermeister der Gemeinde Niederzier in Nordrhein-Westfahlen, die „faktisch voll“ ist mit „Flüchtlingen”. Von der Diskussion bei Anne Will habe er sich eigentlich Lösungen erhofft aber: nichts da. „Maximal Ansätze“ habe er gehört. Das Gespräch sei „ernüchternd“ gewesen. Anne Will dazu: „Wir bleiben dran.“

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Dranbleiben. Das klingt so schön; so als würde man sich wirklich kümmern und etwas ändern. Aber auch so, als hätte man keine Überlastung. Romney allerdings meint: Die Kommunen würden ihr Limit bereits überschritten haben. Er lässt die Fakten für sich und seine Gemeinde aus 15.000 Einwohnern sprechen: Seit 2015 wurden seiner Gemeinde 847 Flüchtlinge zugewiesen; davon sind 144 Ukrainer und 89 geduldete Migranten. Mittlerweile sei keine Integration mehr möglich: Laut Romney sind sowohl Kitas als auch Schulen in seiner Ortschaft voll und die medizinische Versorgung überlastet. Stattdessen ginge es bloß noch darum, Obdachlosigkeit zu vermeiden. Selbst dabei wisse Romney nicht mehr weiter, denn sämtliche Gebäude, in denen er Flüchtlinge unterbringen könnte, seien entweder voll oder noch nicht fertig gebaut. Er betont: Er würde gerne helfen, aber ihm seien die Hände gebunden.”

Entsprechend bräuchten Romney und seine Gemeinde „bereits vorgestern“ eine Lösung der „Flüchtlingskrise”: „Wer soll die Arbeit vor Ort leisten, wer soll sie finanzieren?“ Konkrete Fragen, die er gerne beantwortet bekommen hätte. Aber die anderen Gesprächsteilnehmer reden mal wieder um den heißen Brei herum: Nancy Faeser (SPD) nutzt die Gunst der Stunde, um sämtliche ihrer „Bemühungen“ und „Erfolge“ der letzten Wochen und Monate aufzulisten. Sie meint, sie habe viel mehr geschafft als ihre Vorgänger. Und sie finde es „unfassbar“, was diese Vorgänger alles versäumt haben: Beispielsweise die Digitalisierung.

Unfassbar finde Markus Söder (CSU) wiederum, wie Faeser, die Ministerin des Innern und der Heimat, die momentane Situation „schönredet“. Er findet, Faeser nutze Ausreden, die zu einfach seien, um dem Ernst des Themas gerecht zu werden. Außerdem erinnert er sie mehrmals daran, dass es nicht nur um Migranten aus der Ukraine ginge: Söder schüttelt seinen Kopf des Öfteren, wenn Faeser von einer Ausnahmesituation wegen des „Krieges in Europa“ spricht.

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Aber Söder schüttelt seinen Kopf nicht nur bei Faesers Argumenten: Ebenso wirkt er fassungslos, wenn Victoria Rietig davon spricht, dass „Flüchtlingspolitik” aus vielen „Puzzleteilen“ bestünde, die man richtig zusammenfügen müsse. Sie ist Leiterin des Migrationsprogramms der „Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik“ und versucht in der Talkshow vor allem „Fehlinformationen gerade zu rücken“. Das bedeutet für sie offenbar, alle Lösungsvorschläge zu zerschlagen. Das merkt sogar Anne Will und fasst ihre Argumentation zusammen: „Also können wir nichts machen?“ Doch Rietig möchte etwas machen: die Abschiebungen „reformieren“. Die sollen, ihrer Meinung nach, zentralisiert ablaufen.

Für solch ein „Bundesausreisezentrum“ plädiert auch Söder. Außerdem dafür, dass es eine Integrationsgrenze gibt, Straftäter ihre zweite Staatsbürgerschaft verlieren, das Bundesministerium unter Faeser mehr Sachbearbeiter einstellt, das Auswärtige Amt Verträge mit anderen Ländern wie der Türkei abschließt und dass sich Deutschland etwas von Österreichs und Dänemarks Migrationspolitik abschaut. „Wahlkampf“ wird ihm vorgeworfen; „Wahlkampf“ wirft er Faeser vor.

Die Politiker in der Talkshow sind also vor allem mit ihrem Wahlkampf und gegenseitigem Beschimpfen beschäftigt. Rietig sowie die Journalistin und Moderatorin Isabel Schayani scheinen wiederum damit beschäftigt, jegliche Hoffnung auf Besserung der „angespannten Lage“ zu zerschlagen. Romney als Vertreter der überfüllten Gemeinden bekommt hingegen vergleichsweise wenig Sprechzeit, seine Probleme werden kaum angehört, seine Fragen nicht geklärt. Die anderen in der Runde würden ihm keine Lösungen liefern, sondern nur ernüchtern. Da könne er nur „fassungslos“ sein, auch wenn das ein hartes Wort sei.

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