Anne Will lädt ihre Gäste zum letzten Tag vor der Sommerpause. Die Gästeauswahl zeigt: Die A-Klasse ist schon im Urlaub. Also darf Familienministerin Lisa Paus mal in eine Talkshow. Und Johannes Vogel, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion, verteidigt stellvertretend den Finanzminister.
Jetzt mag man sich wundern: Warum versucht ein Parlamentarier, dessen Aufgabe die Kontrolle der Regierung ist, die Regierung vor Kritik aus der Regierung zu schützen? Aber das ist nur die Logik eines politischen Systems wie dem deutschen, bei dem Regierung und Parlament eigentlich dasselbe sind.
Sie unterscheiden sich nur darin, wie sie es machen wollen. Vogel zum Beispiel findet es schlecht, dass das Elterngeld von 1.800 Euro (monatlich, für 14 Monate), nicht an die Bedingung geknüpft wird, dass beide Elternteile gleich viel Elternzeit nehmen. Also, wenn Männer früher wieder arbeiten gehen, aber die Frau länger zuhause bleibt – oder anders herum – dann ist das schlecht und das Geld sollte dann nur verringert ausgezahlt werden.
Sparen macht Politiker unglücklich
Lisa Paus hingegen will das Elterngeld für Familien mit einem Einkommen von 130.000 Euro versteuerten Einkommen im Jahr streichen. Auch wenn sie das schade findet, der erzieherische Auftrag dieses Geldes ist ihr so wichtig, betont sie, aber es gibt ja auch andere Instrumente, mit denen Gleichstellung erreicht werden kann.
Seit 2021 stiegen die Kosten, die jährlich anfallen, um deutsche Schulden zu begleichen, von 4 Milliarden auf 40 Milliarden Euro. Der Bund muss sparen, er kann nicht anders, will er nicht erdrückt werden. Also die Diskussion um das Elterngeld. Eine verlogene Diskussion von Vogels Seite. Seine Partei fordert ständig – und zu recht – das die Bürger weniger belastet werden sollen. Doch das bedeutet auch, dass weniger Geld ausgegeben wird. Und folglich müssen Leistungen für die, die das Geld nicht dringend brauchen, gestrichen werden. Aber das wäre ja eine wirtschaftsliberale Position.
Subvention zum Wohlstand?
Diesen Gedanken spricht in der Runde einzig die Journalistin Julia Friedrichs an. Die politisch linksstehende Reporterin beschäftigt sich vor allem mit dem Thema Kinderarmut. Eines ihrer Lieblingsthemen ist auch das fehlende Klassenbewusstsein der arbeitenden Armen. Wie große Teile der Linken hat auch sie die Idee „Aufstieg durch Arbeit“ schon lange aufgegeben für das Mantra „Aufstieg durch Subvention“, aber immerhin erkennt sie: Geld mit der Gießkanne auszuschütten ist schlecht, wenn es weniger Geld gibt. An dieser Stelle möchte man ihr gratulieren: Die Erkenntnis, dass die Mittel einer Gesellschaft begrenzt sind, ist der erste Schritt, die Grenzen des staatlich machbaren zu erkennen. Hatte sie eine Adam Smithsche Eingebung? Wohl eher nicht, aber man kann hoffen.
Und Kai Wagener, nein Wegener, nein Wegner, ist auch in der Runde dabei. Er sprach kaum und sagte noch weniger und wenn man ihn nicht kennt, ist das halb so wild. Anne Will jedenfalls scheint ihn immer wieder vergessen zu haben, aber er ist ja auch nur regierender Bürgermeister eines Städtchens bei Potsdam. Mit sparen hat man es in diesem Ort inmitten der brandenburgischen Wildnis letztens auch versucht, dass endete in einem Eklat, weil an den Schulen des Stadtteil Neuköllns in Zukunft vielleicht das Wachpersonal wegfällt.