Tichys Einblick
Ergebnisse der EU-Wahl bei Miosga

Die Ampel ist out – konservative, rechte und kleine Parteien sind im Trend

Caren Miosga spricht mit ihren Gästen über den Denkzettel, den die Ampel-Parteien bei der EU-Wahl einstecken müssen. Die Deutschen wollen die Ampel nicht mehr – vor allem nicht die Grünen. Aber die wollen sich trotzdem in Brüssel einmischen.

Screenprint: ARD / Caren Miosga

Bei Caren Miosga geht es am Tag der EU-Wahl um den Denkzettel, den die Ampelregierung durch das Wahlergebnis bekommen hat: Zusammen kommen SPD, Grüne und FDP nicht einmal auf ein Drittel der Stimmen. Sieger der EU-Wahl in Deutschland sind mit Abstand die CDU und CSU mit zusammen knapp 30 Prozent. Die AfD folgt mit hochgerechnet 16 Prozent. Das Bündnis Sahra Wagenknecht konnte aus dem Stand 6 Prozent der Stimmen für sich ergattern. Das Fazit der Wahl ist also: Liberale und Grüne verlieren, während Rechte und Konservative gewinnen.

Und das nicht nur in Deutschland: In vielen anderen europäischen Ländern haben die rechten Parteien sogar noch mehr Stimmen bekommen. In Österreich hat die rechte FPÖ die EU-Wahl gewonnen und in Frankreich das „Rassemblement National“ unter Marine Le Pen – mit doppelt so vielen Stimmen wie die Partei „Renaissance & Demokraten“. Der französische Präsident Emmanuel Macron will angesichts dieses Ergebnisses das Parlament auflösen und hat Neuwahlen angekündigt, berichtet Miosga.

Olaf Scholz und die Europawahl
Die Niederlage des Kanzlers
In Deutschland ist so eine Reaktion der Ampel auf den Denkzettel kaum denkbar, wie Jens Spahn (CDU) andeutet: Immerhin sei dieses Wahlergebnis nach den Wahlen in Berlin, Hessen und Bayern die „vierte Klatsche in Folge“ für die Ampel gewesen. Aber nach jeder Klatsche mache die Bundesregierung einfach so weiter wie zuvor. Spahns „einzige Bitte“ an die Ampel lautet daher: „Nehmt die Ergebnisse ernst und macht eine andere Politik.“ Er betont, dass die Deutschen die Ampel-Politik nicht wollen.

Die Deutschen wollen vor allem nicht den Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): Das Ergebnis der SPD ist das schlechteste, das eine Kanzlerpartei je in einer EU-Wahl geholt hat. Nach den Hochrechnungen in der Sendung kommt die SPD nur noch auf 13,9 Prozent. Passend zu diesem traurigen Ergebnis ist der SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert in Trauerstimmung und trägt Trauerkleidung: Ganz in schwarz sitzt er neben Miosga, ohne ein einziges Mal zu lächeln. Er mache sich nichts vor: Seine Partei habe ordentlich was aufzuarbeiten und müsse sich viele Fragen stellen. Spahn findet, die SPD müsse vor allem ihre Wahlkampf-Strategie in Frage stellen: Immerhin haben die Sozialdemokraten mit Scholz geworben – und das hat offenbar nicht gut geklappt. „Der Kanzler hat die Verbindung zu den Menschen verloren – und die kommt auch nicht wieder“, lautet Spahns Fazit.

Die stellvertretende Chefredakteurin vom Spiegel, Melanie Amann, nennt den Grund dafür, dass viele Deutschen das Vertrauen in den Bundeskanzler verloren haben: Er fahre eine „Doppelstrategie“ in Sachen Ukraine-Konflikt, die die Menschen nicht verstünden. Er stelle die SPD als „Friedenspartei“ und sich selbst als „Friedenskanzler“ dar, liefere aber gleichzeitig Waffen an die Ukraine. Dieser „Spagat“ sei nicht möglich, sagt Amann. Zumal Scholz es ja nicht einmal hinbekomme, Frieden in der eigenen Regierung herzustellen.

Europawahlen
Wahlergebnisse: AfD gewinnt, Ampel blamiert, Kleinstparteien gestärkt
Spahn fordert, dass Scholz die Vertrauensfrage an den Bundestag stellt. Das hat auch CDU-Chef Friedrich Merz in seiner Rede zum Wahlergebnis gefordert. Kühnert hingegen warnt die Union, nicht bloß aus der Stärke heraus die Forderung nach einem neuen Kanzler zu stellen: Miosga blendet eine Infratest-Umfrage ein, die zeigt, dass Scholz 23 Prozent Zustimmung der Deutschen erhält. Das sei schon nicht viel. Aber Merz steht mit 20 Prozent noch schlechter da. Kühnert glaube generell nicht, dass die Politik ohne Ampel – also mit einer regierenden Union – anders wäre. Viele Deutschen glauben das offenbar auch nicht. Laut der Infratest-Umfrage zur EU-Wahl glauben nur 39 Prozent der Wähler, dass die CDU eine bessere Politik machen würde als die Ampel. Somit bekommt die CDU als stärkste Oppositionspartei weniger Stimmen als sie eigentlich hätte holen können. Die Union möchten die Deutschen also auch nicht wirklich.

Stattdessen wählten 16 Prozent der Deutschen die AfD – vor allem in Ostdeutschland. In Sachsen waren es laut Miosga sogar 40 Prozent. An diesem Rechtsruck konnten die ganzen „Skandale“ und „Recherchen“ über AfD-Mitglieder, die die Medien in den letzten Wochen und Monaten verbreitet haben, nichts ändern. Oder, wie Amman es verzweifelt ausdrückt: Die Journalisten und die politische Mitte würden keine Chance mehr haben, zu den AfD-Anhängern durchzudringen.

Das Überraschende an dem Wahlergebnis ist allerdings nicht, dass die AfD auf Platz zwei steht: Sondern, dass die „anderen“ Parteien zusammen rund 20 Prozent geholt haben. Der Grund seien vor allem die jüngsten Wähler, heißt es bei Miosga: Von den 16- bis 24-jährigen Wählern hat mehr als jeder vierte sein Kreuz für kleinere Parteien wie ÖDP oder Volt gesetzt. Wo die Stimmen herkamen? Von den Grünen: Die mussten 23 Prozent der Stimmen ihrer jüngsten Wähler einbüßen und kommen demnach nur noch auf 11 Prozent in dieser Altersgruppe. Spahn meint: „Grün ist out.“

Absturz bei der Europawahl
Eine grüne Epoche ist zu Ende – und vielleicht auch mehr
Und nicht nur bei den Jüngsten sind die Grünen „out“. In ganz Deutschland kommen sie nach den Hochrechnungen der Sendung nur noch auf 11,9 Prozent. Das langjährige Aushängeschild der Grünen, Jürgen Trittin, sagt im zweiten Teil der Sendung: Die Situation sei „kompliziert“: Immerhin sorgen sich laut der Infratest-Umfrage noch immer zwei von drei Wählern, dass „der Klimawandel unsere Lebensgrundlagen zerstört“. Die Grüne schafft es also offenbar nicht einmal, sich diejenigen Stimmen zu sichern, die mehr „Klimaschutz“ wollen. So kommt die Partei Volt, die grüner als grün ist, auf 2,5 Prozent.

Während Kühnert im ersten Teil der Sendung so selbstkritisch war, dass die Zuschauer fast Mitleid bekommen haben, ist Trittin alles andere als selbstkritisch: „Ja, es ist eine Niederlage, aber die macht nicht mutlos“, sagt er zum Wahlergebnis. Aber er hat auch niemanden, gegen den er argumentieren muss. Die anderen Gäste sind nach der Pause weg und Miosga zählt nicht. Die meisten Kritikpunkte an den Grünen schiebt Trittin der CDU in die Schuhe: So ist seiner Meinung nach nicht die Grüne die „Verbotspartei“, sondern die Union, weil die in Bayern das Gendern verbieten. Dass Arbeitsplätze wegfielen, liege auch an der Union. Irgendwie. Robert Habeck (Grüne) und sein Heizungsgesetz fand Trittin „ganz spannend“, sagt er mit strahlendem Lächeln. Miosga muss ihn daran erinnern, dass Habeck selbst zugegeben hat, mit dem Heizhammer übertrieben zu haben. Die einzige Selbstkritik, die Miosga aus Trittins Grünem Munde herausbekommt, ist, dass die Grünen bisher die „Botschaft der Veränderung“ nicht mit Sicherheit verknüpft haben.

Aber dann lenkt Trittin schnell wieder ab: Entscheidend sei, wer die Europäische Kommission anführen wird. Die Bundesregierung wird Ursula von der Leyen laut Trittin nur vorschlagen, wenn sie sich politisch an die Vorstellungen der Ampel anpasst. Er fordert also, dass die EU-Kandidatin der Partei, die die Mehrheit der Deutschen gewählt hat, so regiert, wie jene Parteien es wollen, die gemeinsam nicht einmal auf ein Drittel der Stimmen kommen. Die Grünen wollen in Brüssel mitmischen – auch wenn die Mehrheit der Deutschen das nicht möchte.

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