Irgendein Schlaumeier hat mal geschrieben, „dass alle Frauen kochen, und wenn sie Glück haben, sogar dafür bezahlt werden“. Dieses zweifelhafte Glück wird tatsächlich nur wenigen Frauen zuteil, zumindest in der sogenannten gehobenen Gastronomie sind Köchinnen eher selten anzutreffen.
Doch es gibt sie! Weltstars am Herd wie Tanja Grandits, Léa Linster, Clare Smyth, Pia León aus Peru, die Kolumbianerin Leonor Espinosa und die Französinnen Stéphanie Le Quellec und Anne-Sophie Pic. In Deutschland gehören zur weiblichen Koch-Elite Sigi Schelling mit ihrer französisch-österreichischen Küche in München, Douce Steiner, die im Restaurant Hirschen im badischen Sulzburg zwei Michelin-Sterne hält, und Erika Bergheim, eine der erfahrensten deutschen Spitzenköchinnen, um nur einige zu nennen.
Unvergessen Doris-Katharina Hessler, die 1979 als eine der ersten Köchinnen in Deutschland einen Michelin-Stern erhielt, den sie bis zu ihrem plötzlichen Tod 2004 jedes Jahr bestätigen konnte. Sie allen stehen in einer Reihe mit Köchinnen, die bereits im 19. Jahrhundert als Meisterinnen ihres Faches galten, und mit dem Aufkommen der Restaurant-Bewertungen in das Licht der Öffentlichkeit gerückt wurden.
So wie Anne Boutiaut, 1851 in Nevers geboren und bekannt für ihre Omelette-Kreationen, die als Köchin und Gastwirtin „Mère Poulard“ französische Gastro-Geschichte geschrieben hat. Oder Eugénie Brazier, Jahrgang 1895, die im Jahre 1933 als erste Frau mit drei Michelin-Sterne ausgezeichnet wurde. Ihre Kollegin Marie Boureois, geboren 1870, bekam für ihr Restaurant in Priay ebenfalls die höchsten Weihen des Guide Michelin. Die dritte im Frauen-Bunde war Marguerite Valentin Bise, geboren 1898 in Paris, die im Jahre 1951 mit ihren Kolleginnen sternemäßig gleichzog.
Dass der Lehrberuf des Kochs vor allem für Frauen wenig attraktiv erscheint, ruft in schöner Regelmäßigkeit sogenannte Experten auf den Plan, die als Erklärung immer wieder die gleichen Plattitüden herunterbeten: rauer Ton, Aggressivität und Sexismus in einer von Männern dominierten Küche, geringe Bezahlung, und vor allem Arbeitszeiten, die nicht nur Familienplanungen vor Herausforderungen stellen, sondern auch das Freizeitverhalten tangieren. Es scheint, als wären die Rahmenbedingungen des Kochberufes, der fest in Traditionen verhaftet ist, nicht mehr mit den gesellschaftlichen Anforderungen und Forderungen zu vereinbaren.
Die Frage, ob die Gesellschaft auf einem Holzweg ist, wird erst gar nicht gestellt. Zu eingefahren sind die Vorwürfe an die Protagonisten in der Küche und deren Umfeld. Es ist ein liebgewonnenes Ritual, die vermeintlichen Missstände anzuprangern, hinter denen natürlich Männer stecken. „Genderspezifischer Chauvinismus“ lautet der Vorwurf, dem viele Zeitgenossen kritiklos Beifall zollen, und die Probleme im Patriachart sehen, das es zu bekämpfen, und letztendlich zu überwinden gilt. Mit allen Mitteln – und sei es nur im Rahmen einer „Woche der Female Superheroes“, mit der Fernsehkoch Alexander Herrmann in seinem Zwei-Sterne-Posthotel im oberfränkischen Wirsberg vom 10. bis 13. April die „Sichtbarkeit“ von Frauen in der Spitzengastronomie erhöhen will.
Mit einer Frauenquote kommt man allerdings in der Küche nicht weiter. Denn anders als in der Politik zählen am Herd vor allem Können, Disziplin, Arbeitsmoral und Belastbarkeit. Nur nach diesen Kriterien wird entschieden, wer als Koch oder Köchin seinen Mann oder seine Frau steht. Dass damit, vor allem unter Zeitstress, ein rauer Ton einhergeht, ist unbestritten, aber sicher kein Alleinstellungsmerkmal einer Profiküche. Ebenso wenig wie Sexismus und sexuelle Übergriffe, die an keinem Arbeitsplatz zu dulden sind. Dennoch kommen solche Vergehen immer wieder vor. Das ist bedauerlich, gehört angezeigt und bestraft, ist aber niemals auszuschließen. Eine schwer zu verdauende Realität in einer Gesellschaft, die nicht mal mehr die rosarote Brille aufhat, sondern einfach die Augen zumacht. Eine Profiküche ist und wird kein Kuschelzoo, diesbezügliche Wünsche sind realitätsfern.
Die Arbeit in einer Profiküche ist für Frauen wie Männer gleichermaßen herausfordernd und belastend, ein eigener Kosmos mit eigenen Regeln, in den man freiwillig eintaucht. Daran wird auch das ewige Bashing der kochenden „Männerwelt“ nichts ändern. Ohne eine gewisse Hierarchie, die beide Geschlechter umfasst, werden auch die Küchen der Zukunft nicht auskommen. Respektvolle Augenhöhe inklusive. Die hängt aber immer an den Protagonisten und deren Charakter. Auf der einen, wie auf der anderen Seite. Fast wie im richtigen Leben!