Tichys Einblick
Unesco-Ehren für Merkel

Noch ein Preis für Merkel – und ein vergifteter Vorschlag eines Botschafters

Der ukrainische Noch-Botschafter bringt Merkel als Vermittlerin bei Putin ins Spiel. So könne sie einen „fatalen Fehler korrigieren“. Danach wird der Ex-Kanzlerin wohl kaum der Sinn stehen. Da kommt ihr der Friedenspreis der Unesco für ihre Tat von 2015 wohl eher zupass.

Angela Merkel bei einer Ordensverleihung im Schloss Bellevue, 3.5.2022

IMAGO / Future Image

Lange nichts gehört von Andrij Melnyk, dem prominentesten und undiplomatischsten Botschafter in Deutschland! Und noch länger nicht von Angela Merkel! Doch jetzt bringt der ukrainische Botschafter letztere auf famose Weise wieder ins bundesdeutsche Rampenlicht – und damit auch sich selbst nach der Ankündigung seiner Abberufung. 

Melnyk hält eine Vermittlerrolle Merkels im Ukraine-Krieg für sinnvoll. „Ich glaube, Frau Merkel könnte, wenn sie nur wollte, an einem bestimmten Punkt des Krieges – noch nicht jetzt – irgendwann eine bestimmte Rolle spielen“, sagte er dem „Spiegel“. Er habe den Eindruck, dass Wladimir Putin sie noch immer respektiere. „Deshalb könnte Frau Merkel durchaus ihren Beitrag leisten in dem Augenblick, wo Putin nach einer Exitstrategie sucht.“ 

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Ob Merkel das genauso sieht, weiß man bislang nicht. Wahrscheinlicher ist, dass sie es vorzieht, nicht daran erinnert zu werden, dass sie mit ihrem Doppelausstieg aus Kern- und Kohlekraft und dem Nord-Stream-2-Projekt wesentlich dazu beigetragen hat, dass Deutschland von russischen Gas-Lieferungen abhängig ist und auch deswegen ihr Nachfolger (und Ex-Vertreter am Kabinettstisch) sich nun so unaussprechlich schwer tut, der angegriffenen Ukraine mit mehr als freundlichen Worten gegen Russlands Aggression beizustehen. 

Melnyks Vorschlag war womöglich auch eher eine Spitze als ein Kompliment, indem er nämlich hinzufügte, es wäre für Merkel eine „neue Chance, ihre fatalen Fehler im Umgang mit Russland zu korrigieren und so in die Geschichte einzugehen“.

Fehler? Korrektur? So was liegt der Ex-Kanzlerin nun ganz und gar nicht. 

Viel angenehmer als an die Verantwortung für Fehler erinnert zu werden, ist es doch, die Freuden des Ex-Kanzlerinnendaseins ungebrochen zu genießen und noch mehr davon zu kassieren, was sie schon reichlich hat: Ehrungen. Zum Beispiel wurde sie erst gestern von der Welt-Kultur-Organisation Unesco mit deren Friedenspreis geehrt. „Die gesamte Jury war von ihrer mutigen Entscheidung aus dem Jahr 2015 berührt, mehr als 1,2 Millionen Flüchtlinge insbesondere aus Syrien, dem Irak, Afghanistan und Eritrea aufzunehmen“, erklärte der Präsident der Jury und Friedensnobelpreisträger 2018, Denis Mukwege, am Dienstag in Paris. „Es ist eine Lektion, die sie der Geschichte hinterlässt.“

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Nun ja, dass ihre Entscheidung von historischer Bedeutung bleibt, ist wohl zweifellos richtig. Dass die Aufnahme von Migranten, die bei Ankunft in Deutschland schon mehrere friedliche, demokratische Staaten mit Asylantragsmöglichkeit hinter sich gelassen hatten, den Frieden in Syrien, Irak, Afghanistan, Eritrea oder sonstwo förderten, ist aber wohl kaum nachweisbar. Unesco-Generaldirektorin Audrey Azoulay jedenfalls behauptete es einfach mal: „Frieden schaffen besteht auch aus dem Öffnen von Türen für die, die leiden“, erklärte sie.

Für zahlreiche deutsche Medien war die Nachricht jedenfalls ein Anlass, die von ihnen zu Ikonen erhobenen Selfies des Jahres 2015 noch einmal zu zeigen. 


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