Tichys Einblick
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Übernahme von ProSiebenSat1: Silvio, zur Rettung!

Hilfe, die Italiener kommen! Deutsche Medien, Politiker und Gewerkschaften machen mobil und hoffen auf einen Varusschlachtmoment. Offenbar lautet die Devise: noch eine Niederlage wie gegen Musk, und wir sind verloren!

IMAGO / Italy Photo Press

Kaum hat ein faschistisches Regime die Macht in Rom ergriffen, schon äußert es seine Expansionsgelüste. Die Rückeroberung der verlorenen germanischen Provinzen soll dabei zuerst propagandistisch erfolgen. Niemand geringeres als der betagte Medienmogul Silvio Berlusconi wird in den Ring geschickt – ist das also seine wahre Bestimmung unter der Meloni-Diktatur? Kein Amt, sondern mediale Eroberung und Knechtung?

Medienpolitischer Kracher
Silvio Berlusconi will ProSiebenSat.1 kaufen
Genau das könnte man denken, hörte man auf die Schreckensrufe nördlich der Alpen. Bereits die Twitter-Übernahme von Elon Musk hat der Wokeria einen harten Schlag versetzt. Nun soll das kleine Widerstandsdorf von „Joko und Klaas“ also als nächstes dran glauben. Man braucht das nicht in eigenen Worten zusammenzufassen. Eine Mitteilung des Gewerkschaftsbundes ver.di reicht aus. Zitat:

„Bei der drohenden Übernahme von ProSiebenSat1 durch einen hochrangigen Regierungs- und Parteipolitiker, den italienischen Senator Silvio Berlusconi, müssen alle Alarmglocken schrillen. Bereits die Übernahme von Twitter durch einen egomanischen Milliardär zeigt die zersetzende Kraft für das Mediensystem und nicht zuletzt den Schaden für das Unternehmen selbst, das seine Attraktivität als Werbeplattform massiv eingebüßt hat.“

Wer mit Musk den neuen Gottseibeiuns in den Ring zieht, der zieht das letzte Register. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat sich schon im Oktober für einen kommenden Varus-Schlacht-Moment in Stellung gebracht. ProSiebenSat.1 dürfe keine „Abspielstation“ für Formate italienischer Berlusconi-Sender werden. Ob das schon Hermann-Allüren oder noch fränkische Limes-Ängste sind, bleibt dahingestellt.

Dabei müssten sich die Deutschen eigentlich über die italienischen Avancen freuen. Wer die Ruinen der einstigen Kirch-Gruppe beobachtet, muss zum Schluss kommen: schlechter kann es eigentlich nicht mehr werden.

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Das letzte Mal, als der Autor dieser Zeilen ProSieben geschaut hat, muss etwa 2010 gewesen sein. Damals liefen dieselben drei US-Comedy-Serien plus Simpsons im Programm. Gerüchten zufolge soll sich daran nicht viel geändert haben – mit der Ausnahme, dass die wenigen verbliebenen Eigenproduktionen mit ihrem woken Zeitgeist auch die letzten Zuschauer vertreiben, die in dem Sender etwas mehr erkennen könnten als eine Lizenzverwurstungsmaschine mit Werbeunterbrechungen.

Recht uncharmant hatte der Finanzchef von MFE, Marco Giordani, bereits bei der Veröffentlichung der letzten Quartalszahlen festgestellt: „Wir haben nicht wirklich gesehen, dass ProSieben sich den großen Herausforderungen stellt, vor denen die Branche steht: dem Rückgang der Zuschauerzahlen, der digitalen Transformation … und der Notwendigkeit der Skalierung, um mit den digitalen Giganten konkurrieren zu können.“ Heißt: Setzen, Sechs. ProSieben und Sat1 haben ihre Hausaufgaben nicht gemacht und ziehen niemanden mehr vor den Bildschirm.

Insofern sollten Berlusconis Übernahmeversuche ein Segen sein. Das hieße dann aber auch: Silvio, mach bitte deinen Job! Statt gendergerechter Berieselung mehr Bikinis. Wirf den woken Joko raus und hol uns mehr Mädels mit Glitzerkleidern rein. Oder steck den Joko in ein Glitzerkleid. Vielleicht kommen dann auch noch die Linken auf den Geschmack.

Zuletzt mischte sich sogar der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) ins Getümmel. „Eine faktische Übernahme von ProSiebenSat.1 durch Silvio Berlusconi würde die publizistische Ausrichtung der Sendergruppe nachhaltig stören“, sagt DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall. Und: „Das brauchen wir in Deutschland nicht. Die Staatsferne ist ein wichtiges Gebot, das auch weiterhin gelten muss.“

Die Staatsferne, ein wichtiges Gebot in Deutschland – eine so gute Schlusspointe könnte selbst diese an Hyperbeln reiche Glosse nicht liefern.

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