Eine alte Weisheit der Dakota-Indianer besagt: „Wenn Du merkst, dass Du ein totes Pferd reitest, dann steig ab.“ Darüber wurde kürzlich ganztägig im Deutschen Bundestag debattiert. Die Bundeskanzlerin hob in einer Regierungserklärung hervor, eigentlich sei kein Pferd so sehr tot, dass man es gar nicht mehr reiten könne. Alternativlos seien vielmehr Maßnahmen zur Motivation und Zertifizierung toter Pferde. Angela Merkel weiter: „Wir schaffen das.“ Der SPD-Vorsitzende forderte aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit eine Entschärfung der Kriterien, ab wann ein Pferd als tot zu gelten habe. Im Sinne übergreifender Solidarität könne man auch mehrere tote Pferde nebeneinander anspannen, um die durchschnittliche Gesamtleistung zu erhöhen und eventuelle Einzelschwächen sozialverträglich auszugleichen.
Claudia Roth bekundete für die Grünen ihre tiefe menschliche Betroffenheit darüber, dass Pferde überhaupt sterben können. Moralisch geboten sei jetzt die unverzügliche Verabschiedung von Gesetzen zur vorbeugenden sozialen Integration. Gregor Gysi führte den Exitus das Pferdes auf die globale Ungleichheit der Lebens- und Arbeitsbedingungen für Reit- und Zugtiere zurück. Hier zeige der Kapitalismus wieder einmal sein wahres Gesicht. Der bayerische Ministerpräsident empfahl den Einsatz längerer Peitschen zur effektiveren Nutzung toter Pferde.
Und Bundestagspräsident Norbert Lammert rief zur überparteilichen Reflexion auf. Gut sei, dass man darüber debattiert habe. Das beweise erneut die immanenten Stärken des Parlamentarismus. Darüber hinaus regte er die Bildung eines Untersuchungsausschusses an, der prüfen solle, wie in anderen Ländern tote Pferde geritten werden. Denkbar sei, diese Praxis im Rahmen einer EU-Initiative zum Normalzustand zu erklären. Anschließend unterzeichnete Lammert einen entsprechenden öffentlichen Appell mit seinem neuen Montblanc-Füllfederhalter. Außerparlamentarische Wortmeldungen wurden postwendend nachgereicht. Der FDP-Vorsitzende erklärte, es sei ein Gebot der Leistungsorientierung, nur noch qualifiziertes Fachpersonal mit „Seepferdchen“-Nachweis für den Beritt toter Pferde zuzulassen. Für die AfD erfolgten gleich zwei Statements der beiden Vorsitzenden. Frauke Petry forderte ein überzeugendes nationales Konzept, das nicht durch die Mitwirkung von EU-Bürokraten und Schuldenländern verwässert werden dürfe. Und Jörg Meuthen kündigte an, nach einem Wahlsieg dafür sorgen zu wollen, dass Migranten das Reiten toter Pferde erst nach fünfjähriger Bewährungsfrist erlaubt werde.
Dietrich W. Thielenhaus ist Geschäftsführer von Thielenhaus & Partner.