Tichys Einblick
Krisen-Fibel

Satire: Die zehn ehrlichsten Tipps für den Blackout

Es ist ein neues journalistisches Genre entstanden: Tipps für den Blackout. Diese sind aber meist so lebensfremd und beschönigend, dass sie in der Praxis nur wenig helfen. Die zehn ehrlichsten Tipps hat TE zusammengestellt. Den ersten erhält Katrin Göring-Eckardt: Das hier, das ist Satire.

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Noch funktioniert Google. Es lohnt sich, einen Blick reinzuwerfen. Dort finden sich Beiträge, warum „Prepper“ Staatsgefährder seien. Dass sie Lebensmittel horteten, würde die Handlungsfähigkeit des Staates anzweifeln und so dessen Autorität untergraben. Nun braucht es Prepper dafür nicht mehr. Ein bisschen raus aus dem Atom und aus der Kohle. Ein wenig, da wird schon nichts passieren, da in der Ukraine. Und ganz viel: Wir brauchen keine Alternative zu russischem Gas, das steht uns ja zur Verfügung. Und schwupps. ARD und Co warnen nicht mehr vor Prepper, sondern raten selbst dazu, Lebensmittel vorrätig zu halten.

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Gut, da wäre man jetzt vielleicht noch ohne Journalisten draufgekommen. Doch der Blackout wird uns in Situationen versetzen, die wir noch nicht kennen. Da gilt es, anders zu denken. So wie den ehrlichen TE-Blackout-Tipp auf Platz

10. Verkaufe Impfstoff. Sag den Leuten, dass Impfstoffe helfen, den Blackout zu überleben. Karl Lauterbach behauptet auch noch, sie schützten vor Infektionen. Das sollte klappen. Du brauchst nur ein paar motivierte ARD- und Spiegel-Redakteure, die dir helfen, das zu behaupten. Die dürften im Blackout mehr als genug zeitliche Kapazitäten haben. Und wenn der Blackout lange genug dauert, freuen sich die Menschen über jede Flüssigkeit, die sie zu sich nehmen können.

9. Sei Han Solo. Im Blackout braucht es starke Nerven. Geh nicht als Erster auf die Straße. Mach es wie Han Solo. Der hat sich der Schlacht um den Todesstern erstmal nicht angeschlossen. Als die anderen sich müde und tot gekämpft hatten, räumte er von hinten ab und wurde danach als Held gefeiert. Sei Han Solo. Geh im Blackout nicht als Erster auf die Straße. Wenn einer erstmal mehrere Kämpfe um Kartoffelvorräte hinter sich hat, besitzt er davon genug, dass es sich für dich lohnt, und ist obendrein so geschwächt, dass du den Han Solo machen kannst.

8. Entwickle Gruppen-Strategien. Petrus war ein Verräter. Bei der ersten Gelegenheit fiel er seinem Chef ins Kreuz. Und? Hat es ihm geschadet? Er bekam das Amt des ersten Papstes, und gilt heute noch als „Fels“. Also sei wie Petrus, sei flexibel. Wenn du in einer Gruppe sitzt, der die Ressourcen ausgehen, sei zu Opfern bereit. Also bereit, andere zu opfern. Die Gruppe muss einen unnützen Esser aussortieren? Schrei laut: „Der ist Grüner und hält den Klimaschutz für wichtiger als Stromversorgung.“ Dabei zeige auf den Blassesten in der Runde. Damit steht fest, wer rausgewählt wird.

7. Zielgerichtete Medizin. Offene Wunden haben einen schlechten Ruf. Zu Unrecht. Sie machen dich zum Unberührbaren. Das kann im Blackout ein unschlagbarer Vorteil sein. Zwei Leute haben die Mülltüte mit den Resten in den Konservendosen entdeckt. Hechte dorthin. Jetzt ist so eine offene Wunde ein guter Weg, den Konkurrenten aus dem Feld zu schlagen. Wenn er ein Lauterbach-Jünger ist, wird er eine Infektion für schlimmer halten, als zu verhungern. Also pflege deine Wunden, heile sie nicht.

6. Sauf. Bleiben die Lichter aus, dann schieß dir auch deine weg. Schnaps, Whiskey, Gin, Spiritus … egal. Wie? Wieso saufen helfen soll, durch den Blackout zu kommen? Oh Mann, ein Anfänger. Es hilft jetzt nicht gerade in einer zukunftsorientierten Lesart. Aber es trägt dich durch den Moment. Wenn die Ampel dann das Land nach dem Blackout wieder aufgebaut hat, kannst du ja einen Entzug machen. Du glaubst nicht, dass die Ampel das Land wieder aufbaut und findest das auch nicht lustig? Du solltest dringend anfangen zu trinken.

5. Senke deine Ansprüche. Du hast Klopapier gehortet? Schon vor der Pandemie? Ja. Netter Versuch. Aber lies dir das vielleicht doch nochmal durch mit dem Prinzip Blackout. Kann sein, dass du es falsch verstanden hast. Die Wasserversorgung wird dann auch nicht mehr funktionieren. Du verstehst nicht, wie sich das auswirken könnte? Nix Klospülung. Papier bleibt oben, das andere Zeug auch. Mit Klopapier kannst du dir dann den Hintern … wobei, nein, eben nicht. Dauert der Blackout lange genug, fährst du besser deine Ansprüche runter und dann ist der Wald der Ort, an den selbst der Kaiser alleine hingeht. Such dir am besten eine moosbewachsene Stelle. Dann brauchst du auch kein Klopapier.

4. Werkzeug bereit halten. Die Axt im Haus erspart den Zimmermann. Das wussten die deutschen Klassiker und das werden die deutschen Blackouter auch bald wissen. Allerdings geht es nicht um Zimmermänner. Eher darum, deine Wertsachen zu verteidigen: Gold, Schmuck oder Ravioli-Dosen. Klassischerweise nimmt man dazu ein Gewehr. Aber das musst du dir erstmal besorgen und dann brauchst du auch Munition. Der Einkauf ist schwieriger, als es sich anhört. Selbst wenn du in Frankfurt oder Duisburg lebst. Denn auch der Markt wird sich im Blackout ändern – könnte sein, dass du dich Männern mit Waffen dann besser nicht näherst. Schon gar nicht mit Wertgegenständen zum Tauschen.

3. Such dir den passenden Job. Du hast 27 Semester Philosophie studiert und drei Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Grünen gearbeitet? Das ist gar nicht so schlecht, wie es sich anhört. Immerhin kennst du das Prinzip: durchkommen, ohne für andere etwas wert zu sein. Das musst du jetzt nur transformieren. Transformieren … Kennste? Nur bringt es nichts, weiter den Hofnarren spielen zu wollen. Zum einen drängen die ARD-Mitarbeiter auf den Markt, zum anderen ist die Ware im Blackout nur begrenzt begehrt. In der Wahl zwischen Essen und Lachen entscheiden sich erstaunlich viele für Essen. Und da liegt der Schlüssel: Kartoffelaufsammler, Obstpflücker und Kippenstummelvertreter werden im Blackout begehrt sein. A propos.

2. Kauf Kippen. Du hast zuhause die gesammelten Werke von Karl May, den Gebrüdern Grimm und Robert Habeck? Das ist toll – wird dir aber im Lockdown nichts bringen. Wenn das Chaos auf den Straßen herrscht, brauchst du Wertgegenstände, die immer und überall begehrt sind – die perfekte Krisen-Währung: Kippen. Wie im Knast. Behält die ARD-Internetseite Planet-Wissen.de recht, laufen nach ein paar Tagen Blackout die Knackis auf der Straße rum. Sie werden dir sagen, wie das mit dem Tauschen geht. Wenn du erst zahlst, bevor du den Gegenwert erhältst, ist das gut: Dann hast du es hinter dir.

1. Wander aus. Du suchst ein Land, das nicht aus allen Energieformen gleichzeitig ausgestiegen ist, seinen Internetempfang ausgebaut und seine Straßen nicht hat verfallen lassen? Das klingt erstmal utopisch. Aber nur für einen Deutschen. Wenn du eines der ein Dutzend Länder ausgesucht hast, das dich dann aber nicht reinlassen will, sag ihnen: Als Deutscher hättest du schließlich die Welt gerettet. Das sollte genügen. Obendrein kannst du vorab die wichtigsten Sätze in der neuen Landessprache lernen. Sag einfach an der Grenze in der neuen Sprache: „Wo gibt es Hartz IV? Ich will erstmal nicht arbeiten.“ Damit zeigst du einerseits Integrationswillen und andererseits, dass du die Vielfalt des neuen Landes durch deine heimatliche Kultur bereichern willst.

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