Tichys Einblick
Glosse

Oster-Skandal im ZDF: Der Goldhasen-Alarm

Was erlauben Lindt!? Der Schweizer Schokoladenhersteller wagt es doch tatsächlich, uns zu Ostern eine nicht nur Corona-Panik-freie, sondern auch noch ungegenderte Goldhasen-Idylle vorzusetzen – und das sogar vor der "heute"-Sendung! Wo waren Sprachpolizei und Corona-Stasi?

Goldhase von Lindt

IMAGO / Chris Emil Janßen

Um in der Chronik des Irrsinns bloß kein Kapitel zu verpassen, habe ich mir die zu einem Hauch von „Aktuelle Kamera“ mutierte ZDF-„heute“-Variante reingezogen. Die ist sogar leicht bekömmlich, weil sie zusätzlich zum regierungsamtlichen Gänsehaut-Horror auch noch eine Prise privater Ideologie bietet. Wo hat man das schon in einer per Haushaltsabgabe (in dem Fall nicht nur höchstens zwei Haushalte zugleich, nein, Millionen müssen es sein) finanzierten Nachrichten-Sendung, dass man gleichzeitig noch einen Zwangs-Gender-Kurs sozusagen als Erheiterung der Oster-Ruhe serviert bekommt: das Gerster-Gender-Gewöhnungs-Glucksen, dieses Bekömmlichkeits-Baby-Bäuerchen inmitten der ohnehin so belasteten Berufe wie Ärzt….Innen oder Politiker…Innen oder Virolog…Innen und wie diese Innens so alle heißen.

Selbst hier im Schweizer Wallis, wo ich die meiste Zeit seit Weihnachten in totaler Freiheit und unbelastet von Mutanten und anderen (zum Beispiel senffarbenen) Tanten existieren darf, konnte ich nach der Zwanzig-Minuten-Erleuchtung feststellen: Alles im Lot. Alles auf Kurs. Nicht einen Millimeter Verstörungs-Journalismus, nur Haltung und Qualität im Blick auf Linientreue: Dass AstraZeneca-Impfungen gerade mal wieder (für wieviel Stunden?) ausgesetzt wurden und das alte Stolpe- und Honecker-Land Brandenburg einen Sonderweg der Aussperrungen geht, so what. Das kann man doch nun wirklich vernachlässigen.

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Im Lichte der senffarbenen Verzeih-Mir-Mutante ist das ja ein bloßer Hauch von Osterruhe. Regierungs-Lautsprecher Lauterbach durfte noch drauf hinweisen, dass es schließlich darum ginge, unter 100.000 Toten zu bleiben (das heißt: Lockdown bis 2039, bis dahin wird man schon 99.998 haben). Zuvor hatte mein einstiger „Heute“-Moderator-Kollege (als „heute“ noch „heute“ war) und heutiger Regierungssprecher noch seinen Senf dazu gegeben und drastisch bekundet: „Wir haben eine andere, eine neue Pandemie.“ Horrorbilder aus Brasilien (einem unmittelbaren Nachbarland Deutschlands) dürfen genausowenig fehlen wie ein eher ernüchternder Ausblick auf das Wetter des Auferstehungsfestes der ausgangsgesperrten Eingesperrten. Dann also Senf nur zu harten Eiern, im Bunker gesucht …

Doch dann kam der Knaller. Und man fragt sich: Wo waren Sprachpolizei und Corona-Stasi? Hatte die „Allerhöchste in Senf“ etwa schon abgeschaltet, ihre Vasall….Innnen, ihre alles Kontrollierend….Innen etwa auch? Haben sie das denn nicht mitgekriegt, diese exakt 31 Sekunden querdenkende Corona-Leugnung in Potenz, verharmlosend in „Abstand!“-fordernde niedliche Mainzelmännchen versteckt?! Diese verstörende halbe Minute mit der zartesten Versuchung, seit es Schokolade gibt. Diese unerhörte Auflehnung gegen ein Regime, das selbst bei rodelnden oder ballspielenden Kindern keine Gnade kennt …

Und jetzt das: 31 Sekunden Werbung der Schweizer (sic!) Firma Lindt. Sozusagen der Lindtsche Antilockdown. Mein wunderbarer Banker, dem ich mein Vermögen anvertraute, vermag sich nicht zu beruhigen, er mailte sofort: „Ich komme (senffarben?) ins Wallis und bitte um Verzeihung: Ich hatte für Sie nämlich Lindt-Aktien gekauft …..“ Das ist ja jetzt schlimmer als Notierungen der Waffenindustrie. Ist das nicht unverzeihlich? Rückgängig machen, aber sofort.

Da wird in dem Corona-kontaminierten Mini-Spot zunächst der Hase aus feinster Schokolade gegossen und dem zuschauenden Jungen (warum ein Junge? Warum selbst bei zarter Verführung immer diese Rollenklischees?) nach dem Anbringen des Goldhasen-Glöckchens mit geheimnisvoller Stimme durch einen großväter(!)lichen Chocolatier suggeriert: wenn Du dieses Glöckchen klingelst, dann passiert etwas Besonderes …

Der Umschnitt in den familiären Garten bietet tatsächlich etwas völlig Besonderes, geradezu Absurdes, Surreales, Science-Fiction-mäßiges, Unerhörtes, Unerwartetes, Empörendes, ja zutiefst Verstörendes: eine normale Familie, im hiesigen Walliser Stil von jeder Maskerade befreit, sitzt glücklich am Frühstückstisch, als gäbe es weder Osterruhe noch Senf-Mutante. Der Junge sucht und findet jenen zu bewerbenden Goldhasen, läutet das Glöckchen. Und da geschieht das Besondere, ja das einzigartige Wunder, sozusagen das Anti-Corona-Ein- und Aussperrungswunder: Oma ist da, hinter einem Baum versteckt (etwa aus Angst vor dem Ordnungsamt?) wie die gute Fee, die gütige Mutti aller Mutanten. Müsste sie nicht frisch geimpft und seit 13 Monaten im Heim eingesperrt sein? Was erlauben Lindt?!

Sie erscheint wie aus dem Nichts — ohne Mund-Nasen-Schutz, einfach nur Oma, wie wir sie vor Jahren noch kannten. Gütig, strahlend, voll stolzer Freude über den Goldhasen-Enkel. Und der Junge läuft ihr entgegen, man kann es kaum fassen. Ja, man glaubt als Fernsehzuschauer in der Nahsicht dieser Familienidylle das Paradies zu entdecken, das Unerreichbare und Entrückte, den uns von Mutant….Innen entrissenen Garten Eden: Oma breitet die Arme aus, der Junge schmiegt sich an sie, herzt sie sogar — und die beiden werden zum Frühstückstisch gebeamt, wo zu allem Überfluss neben den Eltern auch noch Opa wartet. Opa! Mörderisch! Tödlich! Anstiftung zum Großeltern-Mord. Was ist los bei Lindt?

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Halluziniere ich? Ist es der Walliser Cabernet Franc oder doch Schweizer Realität, im deutschen Staatsfernsehen der Zensur entronnen? Wo war da die Corona-Stasi? Wie kann ein Sender einen solchen Aufruf zum zivilen Ungehorsam nicht sofort per Schwarz(!)blende (darf dieses uralte Wort der Filmemacher überhaupt noch benutzt werden?) unterbrechen. Oma einfach rausschneiden aus dem Spot, so wie im verordneten Alltag der Isolationshaft. Sie der Depression statt gespielter Osteridylle zu überlassen. Oma zum Anfassen und Herzen, das war gestern. Jetzt herrscht eine alte weiße Frau über verstörte schon länger hier Lebende. Osterglück? Wie verstörend nach 20 Minuten Horror, von ein paar Baby-Rülpserchgen gendergerecht in wertschätzender Sprache unterbrochen. Schockierend! Da hätte ja nur noch ein Nena-Song als Werbemusik oder eine Oster-Piruette von Kati Witt gefehlt, diesen beiden corona-leugnenden Mutanten.

Und was nun? Was tun? Die GroKo, inzwischen zur MikroskoKo geschrumpft, ist ja als senffarbene „Israel-ist-Staatsräson“-Mutante schnell dabei, die moderne „Kauft nicht bei Juden“-Variante zu aktualisieren. Siehe UNO- und Bundestagsabstimmungen: keine Waren aus den „von Israel besetzten Gebieten.“

Jetzt also der große Goldhasen-Boykott gegen die Schweiz, zumindest die Solidarität der Ein- und Ausgesperrten gegen eine Firma, die leichtfertig Oma und Opa in den Tod schickt. Die es sogar wagt, so zu tun, als gäbe es doch tatsächlich so etwas wie Osterfreude, wie Familien-Frühstück, wie von Osterruhe ungestörtes Glöckchenklingel-Glück. Müsste man nicht – wie die „heute“ zuvor – den ewigen Karfreitag ausrufen, Ostern einfach aus dem Kalender streichen wie Restaurant-Besuche oder Urlaube?

Und was soll ich nun mit meinen Aktien machen? Mit meinen GEZ-Gebühren? Mit den Geschäften, die solche Hasen auch noch anpreisen und Kassen-nah anbieten? Was soll ich hier in einem Land, das solche Verführung auch noch produziert und Werbung dafür publiziert? Ja, das übertrifft schon fast die rassistischen Verbrechen à la Mohrenkopf oder Zigeunerschnitzel. Der Goldhase, ein Generalangriff auf alles, was uns derzeit heilig zu sein hat. Der Inbegriff des Corona-Leugners. Ein Nazi-Hase in verführerischem Gold. Brauner Kitsch im „Heidi und Peterle“-Gewand. Ja, Alpöhi und Öhi*_/in waren mir immer schon verdächtig. Eine unbereinigte Kindheitserinnerung wie Winnetou, der indo-indigene verfolgte Häuptling der Apachen und Apachinnen. Hat Karl May etwa das Lindtsche Drehbuch geschrieben, dieser alte Nazi aus Radebeul (klar: Sachsen) ?!

Aber: Ein Glöckchen-Goldhase klingelt uns in nur 31 Sekunden ein normales Leben herbei (wie ich es im Wallis täglich bei Schnee und Sonne erfahre). Danke, Lindt! Was Kirche in ihrem Obrigkeitswahn nicht schafft: Danke für eine halbe Minute Normalität in diesem Wahnsinn. Ich erhöhe meinen Aktienanteil und treffe mich morgen mit 189 anderen Haushalten bei Coop und kaufe mir einen. Im Goldhasen-Hotspot. Machen Sie’s auch, 267 Haushalte im Supermarkt – an der Kasse oder der Karfreitags-Fisch-Theke ist es dort sogar in Corona-ansteckender Kauffreude richtig kuschelig-mollig-eng. Ich schlachte mir einen Goldhasen und genieße die Verführung von Freiheit und Schokolade.

Aber da wären wir schon bei einem anderen Thema: die selbsternannten Tierschützer PETA (nach den Klima-Schulschwänzern sicher die neuen Lieblinge von „Ich bin der Markus“) wollen jegliche brutalen Tierbezüge aus der Sprache verbannen. Von wegen Schoko-Hasen schlachten … Verzeihen Sie mir bitte, dass ich das noch kurz erwähnte.


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