Olaf Scholz ist nicht auf den Kopf gefallen. Das heißt: eigentlich schon. Aber darum geht es hier nicht. Sondern vielmehr um das sprichwörtliche kein Dummer sein. Und der Kanzler ist schon ein Schlauer. Ein ganz Schlauer. Im Hochwassergebiet haben sie ihn ausgebuht, weil er keine Hilfe geboten hat und nur angeflogen kam, um eine PR-Show abzuziehen. Das hat der Kanzler jetzt abgestellt.
Das mit der Hilfe? Bietet er die jetzt? Nein, natürlich nicht. Wo waren Sie die letzten zwei Jahre? Aber Scholz kam wieder ins Hochwassergebiet und überließ diesmal nichts dem Zufall: Die Abpackstation für Sandsäcke wurde demnach für zwei Stunden stillgelegt, die freiwilligen Helfer gegen Feuerwehrleute ausgetauscht und zum stimmigen Hintergrund noch völlig sinnfrei ein Martinshorn eingeschaltet.
Es braucht viel Aufwand, um Olaf Scholz gut aussehen zu lassen. Das dürfen des Kanzlers PR-Mitarbeiter in Bundeskanzleramt und Staatsfernsehen auch in Zukunft nicht dem Zufall überlassen. Etwa indem Bürger die Inszenierung dadurch sprengen, dass sie dem Politiker mit Nebensächlichkeiten wie echten Sorgen und Problemen kommen. Solch ein Popanz darf in der Tagesschau nur noch unter der Rubrik „Hass und Hetze“ einen Platz haben.
Für die Deutschen bedeutet Scholz’ PR-Wende eine Hoffnung auf das Wirtschaftswunder, das ihnen ihr Kanzler versprochen hat. Das Land kann vielleicht Ärzte und Pfleger nicht mehr ausreichend bezahlen. Es wird bald keine Ingenieure oder Architekten mehr brauchen, wenn noch weniger gebaut wird. Aber den öffentlichen Dienst aufblähen, das kann Deutschland unter der Ampel. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis die Bundesregierung sich professionelle Jubelbürger hält.
Das Anforderungsprofil ist einfach: Du musst nur immer alles gut finden, was SPD, Grüne oder FDP machen. Außerdem musst du jederzeit bereit sein, sie mit dümmlichen Parolen abzufeiern. Also im Prinzip das gleiche Anforderungsprofil wie bei Bundestagsabgeordneten. Oder ihren „wissenschaftlichen Mitarbeitern“. Oder Mitarbeitern von ARD, ZDF und den regierungstragenden Zeitungen.
Zu den Tätigkeiten gehört das Hochhalten selbst gemalter Schilder mit Parolen. Hübsch und passend für die Ampel wären: „Klima statt Essen“, „Wohnen wird überbewertet“ oder beim Besuch erfolgreicher ausländischer Staatsgäste: „Ihr habt Wirtschaft / Wir haben einen Plan“. Außerdem müssen sie Parolen skandieren. Wenn die Stasi in der DDR Jubelbürger einsetzte waren „Eins, zwei, drei, Modrow komm’ herbei“ oder „Erich, Erich, Erich“ beliebt. Allerdings müsste dabei ein Transfer geleistet und der Name ausgetauscht werden. Eine Aufgabe, mit der ein durchschnittlicher sozialdemokratischer Jubelbürger maßlos überfordert wäre.
Deshalb ist es Zeit für neue Schöpfungen. Olafs Jubelbürger könnten rufen: „Olaf, wir sind von Dir besessen / Keiner kann so gut wie du vergessen“ oder „Gerade auslaufen macht keinen Sinn / fällt man doch nur bei hin“. Auch hübsch: „Im Schuldenmachen macht uns keiner etwas vor“. Wichtig ist dabei, das „Schuldenmachen“ etwas zu trällern, damit es besser in den Sprech-Rhythmus passt.
Den Verantwortlichen der DDR hat Bert Brecht einst vorgeschlagen, sie seien zurecht enttäuscht vom Volk und dürften sich daher nun ein anderes suchen. Olaf Scholz ist da einen Schritt weiter und hat sich für seinen zweiten Besuch im Hochwassergebiet bereits sein Volk ausgewählt. Solange er es dafür gut genug bezahlt, wird es bereit sein, selbst ihm zuzujubeln.