Vielleicht haben Sie von dem Fall von Gabrielle Lebreton gehört, einer in Berlin lebenden Fränzösin, deren Brüste störender sind, als die Polizei erlaubt – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn aus dem, was eigentlich ein ruhiger Familienausfug an einer Plansche im Plänterwald werden sollte, wurde für sie ein Polizeieinsatz. Sie hat es nämlich gewagt, sich oberkörperfrei in die Sonne zu legen. Zuerst kamen deswegen zwei Parkaufseher zu ihr, die sie noch vergleichsweise freundlich dazu aufforderten, sich einen BH anzuziehen, „Sie haben Brüste, das ist störend.“ Nachdem sie sich weigerte, kamen die Parkaufseher wenig später mit Polizeiverstärkung zurück. Die Polizisten ließen nicht mit sich reden und Gabrielle Lebreton musste schließlich ihre Sachen packen und gehen. Jetzt plant sie, juristisch gegen diese Diskriminierung vorzugehen.
Nennen Sie mich feministisch, aber für mich hat das etwas besitzergreifendes. Da finden die Männer Gefallen an der weiblichen Brust und jetzt darf sie niemand anders mehr haben. Jedenfalls kann ich mir nicht anders erklären, warum die Brust im privat sexuellen Kontext erstrebenswert ist, aber wenn sie einfach nur da – im Berliner Fall – oder für andere Zwecke im Einsatz – wie beim Stillen – plötzlich ekelhaft oder anstößig wird. Oder vielleicht, können diese Männer einfach ihre vier cm nicht in der Hose behalten und wollen das aber hinter Moralapostelei verstecken. In diesem Fall muss ich an eine Bibelstelle denken, die Frauenrechtlerinnen in den USA gerne heranziehen, wenn Männer verlangen, dass Frauen sich verdecken sollen. In Matthäus 16:9 sagt Jesus nämlich: „Und wenn dich dein Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus und wirf es weg!“ Eins vergessen die Christen, die sich immer nur die Rosienen rauspicken, nämlich gerne, aber die Bibel weist die Menschen an, den Fehler bei sich selbst statt bei anderen zu suchen. Ich glaube nur leider nicht, dass ich eine ähnliche Stelle im Koran finden kann. Wenn es sie aber doch gibt, sagen Sie mir gerne Bescheid, dann bin ich gewappnet, wenn ich das nächste Mal meinen Minirock durch Neukölln spazieren trage.
Wer diese Buchstaben aus Versehen doch ausgesprochen hat, galt als verpönt. Als nächstes die ganzen Leute, die furchtbar stolz betonen müssen, dass sie die Grünen wählen. Das fängt bei Sebastian Vettel an und endet bei meiner Nachbarin. Ich bezweifle, dass die alle ein Herz für das Klima haben, denn sowohl Vettel als auch meine Nachbarin fahren sehr viel Auto und sie werden auch so schnell nicht damit aufhören. Vielmehr gehört es sich heute so. Wer weiß, ob sie ihr Kreuzchen am Ende tatsächlich dort machen, aber sie versprechen sich Prestige von dieser Kundgebung. Die Ökos und Hippies sind die feinen Leute von heute. Und sie wollen das gleiche, was die prüden Schnösel von damals wollten. Nur mit anderen Vorzeichen. Die Alt-Snobs meckern ihre Nachbarn an, weil sie den Garten nach 15:27 Uhr mähen: „Manche Leute versuchen hier zu schlafen“, die Neu-Snobs meckern, weil sie ihren Rasen überhaupt mähen: „Denken Sie doch an die ganzen Insekten“. Und ob sie Brüste nun anstößig finden, weil ihre verbitterte Frau sie an ihre nicht mehr ranlässt oder aus Respekt vor den neuen Zuwanderern, kommt dann auch auf das gleiche raus.