Können Sie sich noch an Palau erinnern? Die putzige ehemalige deutsche Kolonie in Mikronesien war einstmals Teil von Deutsch-Neuguinea. Die Kolonie hatte einen gewissen Ruf, vor allem, weil sie für die Verlotterung deutscher Moral bekannt war. Palau wurde im Ersten Weltkrieg kampflos an die Japaner übergeben, offenbar, weil sich die deutschen Soldaten recht gut an den Lebensstil der Südsee gewöhnt hatten – so geht die Mär.
Grüne und Klimabewegte haben bekanntlich nicht nur die Presse, sondern auch die Fakten auf ihrer Seite. Und wie immer muss in die dicke Schüssel Moralin noch ein Schuss persönlicher Dramatik hinein. Die Kreation sah in Vollendung so aus:
„Was mich dann wirklich zum Umdenken gebracht hat, war ein Zitat vom Präsidenten des Inselstaates Palau. Er hat gesagt: ‚Es gibt keine Würde in einem qualvollen und langsamen Tod. Ihr könntet unsere Insel genauso gut bombardieren.‘ Und das ist eine Insel, die einfach untergehen wird, Milliarden Menschen [Lanz unterbricht: „im Südpazifik“] sind schon gestorben dort … sind so viele Leben in Gefahr. Und wir sitzen hier und tun so, als würde uns das nicht betreffen.“
Team „alle Wissenschaftler” hat gesprochen. Hier sofort die Einschränkung: man kann durchaus zugunsten Rochels „sind so viele Leben in Gefahr“ als Einschub und Korrektur zu den „Milliarden Menschen“ interpretieren, die demnach nicht gestorben, sondern nur betroffen sind. Doch das macht es nicht besser. Palau kommt auf 19.000 Einwohner und auch der Rest Ozeaniens ist nicht als dicht besiedeltes Gebiet bekannt. Auf einer Fläche von rund 400.000 Quadratkilometern leben dort etwa 10 Millionen Menschen – weniger als in Baden-Württemberg.
Außer China und Indien existieren auch keine Milliardenstaaten auf dem Planeten. Zudem spricht Rochel explizit von „dort“ und wendet das Szenario nicht auf die gesamte Südhalbkugel an. Angstszenarien sind immer dann gut, wenn sie von der „richtigen” Seite kommen. Zudem verleihen solche Anekdoten den Nimbus persönlicher biografischer Einschnitte. Heiko Maas ist wegen des Holocausts in die Politik gegangen, Carla Rochel wegen der Milliarden Klimabedrohten in Mikronesien.
Wer nichts hat, für das es sich zu leben lohnt, opfert sich eben moralisch auf und verkauft Phrasen als Lebensleistung. Die Selbstbeweihräucherung benebelt auch Glaubensgenossen. Für die Außenstehenden bleibt wenigstens eine amüsante Geschichte jener Weltretter übrig, die es nicht so ganz mit Statistiken, Wissenschaft und Erdkunde haben. Und das sind nur die bekanntesten weißen Flecken, die man nicht mit Ideologie zukleistern kann. Da hilft auch der beste Kleber wenig.