In Leipzig ist am Freitagabend eine Spontandemo im linksalternativen Stadtteil Connewitz eskaliert. „Es gab einen massiven Steinbewurf auf unsere Einsatzkräfte und Fahrzeuge“, berichtete eine Polizeisprecherin. Der Spiegel nennt das „Spontandemo“, also die Steigerung von „Partyszene“. Tatsächlich handelt es sich um eine nicht-angemeldete Demonstration. Die Hamburger Kollegen versuchen damit, die Krawalle semantisch mit „Demonstrationen“ gleichzusetzen, also mit einem Grundrecht.
Laut Polizei schleuderten Vermummte Pflaster- und Ziegelsteine auf einen Polizeiposten und eintreffende Einsatzkräfte, Mülltonnen wurden angezündet und brennende Barrikaden auf die Schienen der Straßenbahn gelegt. Ein Hubschrauber der Polizei soll in Einsatz gewesen sein. Er wurde nicht beschossen. Die nicht-angemeldete Demonstration konnte auch nicht aufgelöst werden, weil die Ordnungshüter in die Flucht geschlagen wurde. Das Ordnungsamt der Stadt Leipzig erklärt dazu:
„Da zeitgleich die Kollegen der Stadt Leipzig mit Glasflaschen beworfen wurden, wurde der Einsatzort in der Folge mangels entsprechender Schutzmontur zum Selbstschutz verlassen. In der Folge riss der Kontakt zur Polizei zunächst ab, ohne deren Technik eine Auflösung nicht möglich gewesen wäre und die gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 3 SächsVersG ebenfalls für die Auflösung von Versammlungen und Aufzügen sachlich zuständig ist…“
Das nennt man einen rechtsfreien Raum oder die Herrschaft des Mobs. Aber nur, wenn man Dinge beim Namen nennt.
Besetzung von Häusern
Ersten Erkenntnissen zufolge wurden acht Beamte leicht verletzt. Festnahmen gab es keine. Die Polizei setzte Reizgas gegen die Demonstranten ein.
Anlass waren Hausbesetzungen. Während der Woche war die Besetzung eines leerstehenden Hauses im Leipziger Osten durch die Polizei beendet worden, ein weiteres Haus sollte offensichtlich besetzt werden – mit Erfolg. Am Freitagnachmittag meldeten Aktivisten über Twitter eine weitere Besetzung im Stadtteil Connewitz. Auch dort war die Polizei am Nachmittag im Einsatz. Bereits am Donnerstag hatte es eine Demo gegeben, aus der heraus Polizisten attackiert wurden.
Die FAZ berichtet über Auseinandersetzungen im „linksalternativen Stadtteil“. Nun stellt sich die Frage, wie ein Stadtteil, also Beton, Ziegel usw., ein politisches Bewusstsein haben kann. Vermutlich versucht die FAZ zu signalisieren, dass es sich eigentlich um ein Vergehen der Polizei handelt, wenn sie in eine für sie ausgewiesene No-Go-Area eindringt.
Was wir leider nicht melden können
Allgemeine Verurteilungen der brutalen Auseinandersetzungen fehlen, etwa eine Politikererklärung, die vor einem „Sturm auf Leipzig“ warnt. Ebenso fehlen Schlagzeilen über jene „Heldenpolizisten“, die weitere Zerstörungen durch ihren persönlichen Einsatz verhindern konnten.
Bis zur Stunde liegt auch keine Einladung für die Polizisten aus dem Bundespräsidialamt vor. Eine Belastung der Polizisten mit solchen Ehren wurde also vermieden.
Es ist einfach nur eine ganz „normale”, mittlerweile alltägliche Gewaltaktion von Linksextremen. Die Polizei versucht Schlimmeres zu verhindern; festgenommen wird niemand. Auch auf das Verlangen der Einhaltung von Abstandsregelungen und das Tragen von Gesichtsmasken hat die Polizei diesmal verzichtet; allerdings waren ein Teil der Demonstranten von sich aus bis auf einen schmalen Augenschlitz mit aparten schwarzen Masken verhüllt. Dass dabei polizeifeindliche Parolen gerufen wurden, wollen wir nur am Rande vermerken. Zu den Hintergründen bemerkte ein Autor der ZEIT: „Extremisten sind nie gut und es gibt auch linke Verfassungsfeinde, aber die Antifa ist keine Schlägertruppe.“
Stimmt, es ist „nie gut“ Polizisten mit Pflastersteinen zu bewerfen. Vermutlich liegt ein Irrtum der Polizei vor; die Täter mit Antifa-Symbolen wollten eigentlich nur spielen. Nur der „gewaltätige” Einsatz der Polizei hat die Lage zur Eskalation gebracht. Ohne diesen Einsatz wären Hausbesitzer und Mieter aus den von der Antifa beanspruchten Häusern völlig friedlich vertrieben worden und hätte vermutlich sogar in einer Tasche die notwendigsten persönlichen Unterlagen mitnehmen dürfen.
Die Polizisten werden gebeten, Rufe wie „All Cops are Bastards“ nicht persönlich zu nehmen. Es handelt sich um notwendige Systemkritik, nicht um persönliche Herabsetzung, erklärt uns Kevins Kühnerts Stellvertreterin als Juso-Vorsitzende, Hannah Reichhardt.
Über Twitter hat sie klargestellt, dass ACAB (Abkürzung für „All cops are bastards“, sinngemäß: „Alle Bullen sind Schweine“) nicht wirklich ALLE Polizisten meine, ebenso wie „Men are trash“ („Männer sind Müll“) nicht ALLE Männer meine. Man dürfe solche Slogans nicht individuell verstehen.
Vielmehr sei ACAB eine „Ablehnung und Kritik an Polizei als Institution und Organisation“, keine individuelle Beleidigung einzelner Beamten. Dann ist ja alles gut in Leipzig. Und sonst?
Wir wenden uns wichtigeren Dingen zu, etwa der politischen Nachbearbeitung des „Sturms” auf die Reichstagstreppe. Mit aller Entschiedenheit und rhetorischen Flammenwerfern. Von Dushan Wegner stammt die Erkenntnis, die für Sie überlebenswichtig sein könnte, falls Sie in eine Spontan-Demo gelangen: »Ob eine Demo in Deutschland von Linken ist oder von normalen Leuten, erkennst du daran, ob die Demonstranten auf die Polizei einschlagen oder andersrum.«
Wenn Sie das merken, könnte es allerdings schon zu spät sein.