Hubertus Heil, von der SPD in das wichtige Amt gehobener Bundesminister des Sozialen, plant derzeit ein Gesetz zur Entschädigung von Opfern des institutionalisierten Staatsversagens, wie sie sich beispielsweise in Folge des islamisch motivierten Anschlags auf dem Berliner Breitscheidplatz finden. Es geht also darum, den überlebenden Opfer ebenso wie den Hinterbliebenen von Anschlägen jener Personenkreise, vor denen der Staat Bundesrepublik Deutschland seine Bürger nicht zu schützen in der Lage ist, eine Art Wiedergutmachung für dieses Staatsversagen zukommen zu lassen.
Eine Entschädigung kann keinen Verlust ersetzen
Einmal abgesehen davon, dass dieses Entschädigungsgesetz weder den Schaden der unmittelbar Betroffenen noch den Schmerz der Hinterbliebenen über den Verlust eines aus dem Leben gerissenen Angehörigen heilen kann, ist ein solches Vorhaben insofern zu begrüßen, weil „der Staat“ – also jene, die in diesem Land die politische Verantwortung tragen – damit zumindest sein Grundversagen einräumt und dieses Versagen mit ein wenig Steuergeld zu mildern versucht.
Unterstellen wir also, dass die Absicht des 1972 als Sohn einer Studienrätin in Hildesheim geborene Heil einen im Grundsatz heilsamen Ansatz verfolgt.
Heil, der immer einen flotten Spruch auf den Lippen hat, wenn es um Welterklärung geht, muss liefern. Und so heilt er, der mit 16 Jahren in die SPD eintrat, seit seinem 23. Lebensjahr hauptberuflich Politik macht und elf Jahre brauchte, um einen akademischen Abschluss zu erlangen, nun die Versäumnisse von Bundeskanzleramt und Innenministerium. Dazu plant der Mann, der sich selbst seit 1998 im Deutschen Bundestag für das Volk aufopfert, gegenwärtig eben jenes Opferentschädigungsgesetz, welches als eigenes „Buch“ in die Sozialgesetzgebung Einzug halten soll.
Das aber bereitet dem Hubertus ein Problem, welches ihm seine Vorgänger gleichsam als Erbe hinterlassen haben. Denn mittlerweile gibt es bereits zwölf Sozialgesetzbücher – und gemäß der mathematischen Logik des Adam Riese wäre nun folglich das dreizehnte zu schaffen.
13!?!?!
Das bereitet dem Hubertus Bauchschmerzen. Denn es ist hinlänglich bekannt, dass in unserer modernen, aufgeklärten Postdemokratie immer noch ein paar archaisch-mittelalterliche Restbestände in der Bevölkerung existieren, die mit dieser Primzahl einige grundsätzliche Probleme haben. Weshalb beispielsweise in manchen Hotels es keine Zimmernummern mit dieser ominösen 13 gibt – und in dem einen oder anderen Hochhaus sogar auf das 13. Stockwerk verzichtet wird.
Dem Aberglauben gerecht werden
Um dem mittelalterlichen Aberglauben gerecht zu werden, hat der pfiffige Hubertus nun beschlossen, dass es in der deutschen Gesetzgebung ein 13. Sozialgesetzbuch nicht geben wird. Denn das Entschädigungsgesetz soll unmittelbar zum 14. werden. Damit, so eine Sprecherin seines Ministeriums, werde nach einem Prozess der „sorgsamen Abwägung“ den Bedenken einiger Betroffenenverbände entsprochen, welche die Verknüpfung der besagten „13“ mit willkürlichen Opfern des Staatsversagens als unglücklich empfunden hätten.
Da ist selbstverständlich dem Hubertus nicht zu widersprechen. Denn diese dumme 13 ist nun einmal mystisch vorbelastet. Aus irgendwelchen, heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen gilt die geschmähte 13 als Unglückszahl – wofür sie selbst überhaupt nichts kann. Aber als bürgernaher Politiker ist der Hubertus selbstverständlich geneigt, dem Aberglauben Vorrang vor der vernunftbedingten Logik und den Fundamenten der Mathematik zu geben.
Der Rückfall in die Welt der Vorwissenschaftlichkeit
Zu kritisieren ist das nicht. Schließlich ist der Rückfall in die vorwissenschaftliche Welterklärung längst offizielle Bundespolitik. Wir erinnern uns in diesem Zusammenhang mit Begeisterung an die Frau Bundeskanzler, die in alternativloser Überzeugung erklärt hatte, dass „wir“ – also die Menschen mit Hauptwohnsitz Bundesrepublik Deutschland – uns längst im „postfaktischen Zeitalter“ befinden. Was nichts anderes heißt, als dass jenes seit Immanuel Kant das Denken der Westeuropäer prägende „sapere aude“, welches als „Habe den Mut, Deinen Verstand zu benutzen“ übersetzt wird, endlich überwunden ist.
Heil reiht sich voller Inbrunst vorbehaltlos in jene Kreise ein, die in der Infantilisierung der Gesellschaft das Nonplusultra der postdemokratischen Zukunftsgesellschaft sehen. Vorreiterin in diesem Kampf um die auch dem Naivbürger zu ermöglichende Nachvollziehbarkeit staatlicher Gesetzgebung ist jene auf Grund einer Kehlkopfmuskelschwäche immer so piepsig klingende Berufspolitikerin Franziska Giffey. Das ist jene Dame, welche uns Dummbürger als Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – dereinst vom SPD-Obermacho Gerd Schröder als „Getöns“ herabgewürdigt – mittlerweile ganz kuschelig mit einem „Gute-Kita-Gesetz“ beglückt hat. Das nächste Gedöns-Gesetz, welches sie im politischen Sandkästchen gemeinsam mit dem Hubertus entwickelt hat, befindet sich als „Starke-Eltern-Gesetz“ ebenfalls kurz vor der Voillendung. Kein Wunder also, dass Krabbelgruppen-Oberchefin Andrea Nahles, die die ihr innewohnende Infantilität dereinst im Deutschen Bundestag mit ihren Pippi-Langstrumpf-Gesangskünsten so erfrischend unter Beweis gestellt hatte, voll des Lobes ist.
Weg mit der Sachlichkeit!
Dem Hubertus sei deshalb dringend empfohlen, auch sein unerträglich bürokratie-trockenes Entschädigungsgesetz im allgemeinen Trend der Infantilisierung mit einer Bezeichnung auf gut verständlichem Kindergartenniveau zu versehen. Wie wäre es beispielsweise mit einem „Mit-Staatsknete-Staatsversagen-Ausbügel-Gesetz“. Und wenn der Hubertus nun ganz im Sinne der postfaktischen Richtlinienkompetenz der alternativlosen Alternativlosigkeit seine Gesetzgebung ohnehin schon ganz gefühlig unter die Kuratel des Aberglaubens stellt, empfehlen wir darüber hinaus, künftig schwarze Katzen, die von links oder etwa gar als schwarzbraune von rechts den Weg queren, mittels Gesetzgebung zur gefälligen Vernichtung durch angewandten Exorzismus freizugeben. Da könnte es sogar wieder Sinn machen, dass wie einst im nonfaktischen Mittelalter Fledermäuse, Spinnen und sonstiges, das Tageslicht scheuende Getier hochministeriell zu wunderwirksamen Hubertus-Heil-Tränken zu verkochen sind.
Konsequent in die Infantilisierung
Im Rückblick auf die nonfaktische Phantasielosigkeit jenes unerwartet zum Bundesoberreisenden avancierten Sozialdemokraten Heiko Maas, seine antidemokratische Gesetzgebung im Trend der neuen Zeit kuschelig-nett zu verpacken, wäre darüber hinaus zu empfehlen, nicht nur jenes Wortmonster eines „Netzwerkdurchsetzungsgesetzes“ in ein „Sei-lieb-im-Internet-Gesetz“ umzubenennen. Das hätte, wäre der Maas dem Infantilisierungstrend gefolgt, sicherlich manchem böswilligen Widerstand gegen diese Form der Meinungsfreiheitseinschränkung den Wind aus den Segeln nehmen können. Weg mit diesen unverständlichen Bezeichnungen! Statt Bürgerlichem Gesetzbuch empfehlen wir ein „Wie-ihr-Euch-vertragen-sollt-Gesetz“, statt Strafgesetzbuch bietet sich ein „Was-Ihr-Nicht-machen-dürft-Gesetz“ an.
Wenn dann demnächst ein Gesetz zum Verbot von Diesel- und Benzin-betriebenen Kraftfahrzeugen auf der Agenda steht, führt an einem „Böse-Luftverschmutzer-Wegmach-Gesetz“ kaum ein umweltfreundlicher Weg vorbei. Und die vom Hubertus längst in die Spur gebrachte Überwindung der doofen Hartz-IV-Gesetzgebung könnte als „Mehr-Knete-für-Nixtun-Gesetz“ seinen Weg in den Bundesanzeiger finden. All das würde endlich sicherstellen, dass die jeweiligen Zielgruppen nicht mehr mit irgendwelchen Sozialgesetzbüchern und anderen unverständlich-bürokratischen Wortmonstern drangsaliert werden.
In diesem Sinne bleibt dann dem staunenden Resterwachsenen nur noch die Hoffnung auf ein „Dämliche-Politiker-Verhinderungs-Gesetz“ – ahnend, dass solche Träume angesichts der Infantilisierung der Gesetzgebung durch Politiker, die ihre Bürger offensichtlich für sprachbehinderte Dummdeppen halten, keine Erfüllung finden werden.